Die Quantentechnologie gilt als überaus zukunftsträchtig: Quantencomputer sollen in einigen Jahren Datenbanksuchen, KI-Systeme und Simulationsrechnungen revolutionieren. Schon heute kann die Quantenkryptographie einen absolut abhörsicheren Datentransfer garantieren, wenn auch mit Einschränkungen. Von Vorteil ist dabei, wenn die neuen Technologien möglichst kompatibel mit der bisherigen, siliziumbasierten Elektronik sind. Genau hier ist jetzt ein bemerkenswerter Fortschritt gelungen: Forscher desHelmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) und der TU Dresden haben eine auf Silizium basierende Lichtquelle entworfen, die einzelne Photonen erzeugt, welche sich gut in Glasfasern ausbreiten können.
Die Quantentechnologie basiert darauf, das Verhalten von Quantenteilchen möglichst präzise zu kontrollieren, indem man zum Beispiel einzelne Atome in Magnetfallen einsperrt oder einzelne Lichtteilchen – sogenannte Photonen – durch Glasfasern schickt. Letzteres ist die Grundlage der Quantenkryptographie, einer prinzipiell abhörsicheren Art der Kommunikation: Fängt ein Datendieb die Photonen ab, zerstört er unweigerlich deren Quanteneigenschaften. Das aber bleibt den Sendern und Empfängern der Botschaft nicht verborgen – sie können die unsicher gewordene Übertragung rechtzeitig abbrechen.
Nötig sind dafür Lichtquellen, die einzelne Photonen liefern. Zwar gibt es solche Systeme schon, insbesondere auf Diamant-Basis. Allerdings besitzen sie ein Manko: „Diese Diamantquellen können nur Photonen mit Frequenzen erzeugen, die sich nicht für die Glasfaserübertragung eignen“, erklärt HZDR-Physiker Dr. Georgy Astakhov. „Das ist für den praktischen Einsatz eine deutliche Einschränkung.“ Also nahmen sich Astakhov und sein Team ein anderes Material vor – den bewährten Elektronik-Grundstoff Silizium.
100.000 Einzelphotonen pro Sekunde
Um das Material dazu zu bringen, die für die Glasfaserkommunikation benötigten Infrarot-Photonen zu erzeugen, unterzogen es die Fachleute einer Spezialbehandlung: Mit einem Beschleuniger des HZDR-Ionenstrahlzentrums feuerten sie gezielt Kohlenstoff ins Silizium. Dadurch entstanden im Material sogenannte G-Zentren – zwei benachbarte Kohlenstoffatome, die gemeinsam mit einem Siliziumatom eine Art künstliches Atom bilden.
Bestrahlt man dieses künstliche Atom mit rotem Laserlicht, sondert es die gewünschten Infrarot-Photonen mit einer Wellenlänge von 1,3 Mikrometern ab – einer für die Glasfaserübertragung überaus geeigneten Frequenz. „Unser Prototyp kann 100.000 Einzelphotonen pro Sekunde erzeugen“, berichtet Astakhov. „Und er läuft stabil, auch nach einigen Tagen Dauerbetrieb konnten wir keine Verschlechterung bemerken.“ Allerdings funktioniert das System nur bei extremer Kälte – die Physiker müssen es mit Flüssighelium auf Temperaturen von minus 268 Grad Celsius kühlen.
„Wir konnten erstmals zeigen, dass eine Einzelphotonen-Quelle auf der Basis von Silizium möglich ist“, freut sich Astakhovs Kollege Dr. Yonder Berencén. „Damit scheint es grundsätzlich machbar, solche Quellen mit anderen optischen Komponenten auf einem Chip zu integrieren.“ Unter anderem scheint es erstrebenswert, die neue Lichtquelle mit einem sogenannten Resonator zu koppeln. Dadurch ließe sich folgendes Problem meistern: Bislang kommen die Infrarot–Photonen noch weitgehend zufällig aus der Quelle. Für den Einsatz in der Quantenkommunikation aber wäre es nötig, Photonen gezielt auf Abruf erzeugen zu können.
Lichtquelle auf einem Chip
Diesen Resonator könnten die Forscher*innen so abstimmen, dass er genau die Wellenlänge der Lichtquelle trifft. Damit ließe sich die Anzahl der erzeugten Photonen so stark erhöhen, dass sie zu jedem nötigen Zeitpunkt verfügbar wären. „Dass man solche Resonatoren in Silizium bauen kann, ist bereits bewiesen“, berichtet Berencén. „Das Glied, was noch fehlte, war eine siliziumbasierte Quelle für einzelne Photonen. Und genau die konnten wir jetzt umsetzen.“
Doch bevor an eine praktische Anwendung zu denken ist, müssen die HZDR-Forscher*innen noch manches Problem lösen – etwa eine gezieltere Produktion der neuen Telekom-Einzelphotonenquellen. „Dazu wollen wir versuchen, den Kohlenstoff präziser als bisher in das Silizium zu implantieren“, erläutert Georgy Astakhov. „Um solche Ideen zu verwirklichen, verfügt das HZDR mit seinem Ionenstrahlzentrum über eine ideale Infrastruktur.“ (Optics Express, 2020; doi: 10.1364/OE.397377)
Quelle: Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf