Infektiöse Fahrt: Schon lautes Sprechen oder ein Huster genügen, um Milliarden Coronaviren in die Luft in eines Fahrstuhls zu bringen. Jetzt zeigt ein Test: Die infektiösen Aerosole können bis zu 30 Minuten lang in der Aufzugluft bleiben. Reduzieren ließe sich das jedoch, wenn die Aufzüge so umprogrammiert würden, dass ihre Türen bei Nichtbenutzung offen bleiben. Auch eine bessere Lüftung könnte das Risiko verringern.
Das Coronavirus SARS-CoV-2 wird vor allem durch die beim Atmen, Sprechen, Husten oder Niesen entstehenden Tröpfchen übertragen. Während die größeren Tröpfchen jedoch schnell zu Boden sinken, können Aerosole – winzige Schwebtröpfchen – im Extremfall über Stunden in der Luft bleiben. Der Aufenthalt in ungenügend gelüfteten Innenräumen kann daher schnell zum Risiko werden.
Aerosoltests im Lift
Doch wie ist es mit dem Aufzug? In den meist kleinen Kabinen gibt es nur wenig Luftaustausch, gleichzeitig werden die Fahrstühle im Laufe eines Tages von vielen Menschen genutzt. Gerade in Krankenhäusern oder Aufzügen von Arztpraxen ist zudem das Risiko besonders hoch, dass Covid-19-Patienten den Lift benutzen. Wie hoch das Ansteckungsrisiko über Aerosole dadurch ist, haben nun Cees van Rijn von der Universität Amsterdam und seine Kollegen untersucht.
Für ihre Studie simulierten sie in normalen Aufzugkabinen ein einmaliges Husten mittels einer Sprühdüse mit definiertem Aerosolausstoß. Durch Laserlicht machten sie die Aerosoltröpfchen sichtbar und konnten so ihre Menge und Schwebdauer verfolgen. Die Türen der Testaufzüge waren etwa zehn bis 20 Prozent der Zeit offen, ansonsten geschlossen – wie normalerweise üblich.
Tröpfchen halten sich bis zu 30 Minuten
Das Ergebnis: „Wir haben festgestellt, dass es bei normalem Betrieb zwölf bis 18 Minuten dauert, bevor die Zahl der Aerosolpartikel um den Faktor 100 absinkt“, berichtet Van Rijns Kollege Daniel Bonn. Wird der Aufzug nach dem Aerosolausstoß nicht benutzt und steht mit geschlossenen Türen in einer Etage, können sich die potenziell infektiösen Tröpfchen bis zu 30 Minuten in der Kabinenluft halten.
Selbst wenn ein akut mit SARS-CoV-2 infizierter Menschen den Aufzug schon verlassen hat, können demnach potenziell infektiöse Partikel zurückbeleiben. „Die Speicheltropfen eines leicht erkrankten Covid-19-Patienten können zwischen tausend und einer Milliarde RNA-Kopien des Coronavirus pro Milliliter Flüssigkeit enthalten“, erklären die Forscher. Lautes Sprechen kann bis zu einigen hunderttausend Tröpfchen pro Minuten ausstoßen, ein einziger Huster schon einige Millionen solcher Tropfen.
Was aber bedeutet dies konkret für das Infektionsrisiko? „Wenn man die Luft in einem zehn bis 15 Kubikmeter großen Aufzug einatmet, nachdem ein infizierter Patient dort gesprochen oder gehustet hat, dann kann man dabei zehn bis tausende RNA-Kopien des Coronavirus pro Minute aufnehmen – je nach Infektiosität des Patienten“, so van Rijn und sein Team. Bisher sei zudem nicht klar, wo die geringste noch infektiöse Dosis bei SARS-CoV-2 liegt.
Unbedingt Maske tragen und nicht sprechen
Nach Ansicht der Forscher besteht damit im Aufzug durchaus ein potenzielles Infektionsrisiko. Sie empfehlen deshalb, in öffentlichen Aufzügen eine gut sitzende und Aerosole filternde Maske zu tragen – beispielsweise eine FP2- oder FFP3-Maske. Außerdem sollte man generell das Sprechen und natürlich Husten im Aufzug vermeiden.
Aufzugbetreiber sollten zudem die automatische Türschließfunktion so umstellen, dass die Aufzugtüren sich in Ruhe nicht oder erst deutlich später als die meist üblichen ein bis zwei Minuten schließen. „Wenn die Aufzugtüren permanent offen bleiben, verringert sich die Aerosol-Haltbarkeit auf zwei bis vier Minuten“, berichten die Wissenschaftler.
Bei vielen Krankenhausaufzügen könnte zudem die Lüftung so eingestellt werden, dass der Ventilator Frischluft aus dem Schacht von der Kabinendecke zum Boden bläst – auch das senkt die Schwebzeit der Aerosole. (indoor Air, 2020; doi: 10.1111/ina.12744)
Quelle: Universiteit van Amsterdam (UVA)