Forscher / Entdecker

Knapp daneben

Wenn die Fachrichtung nicht stimmt

Einige Wissenschaftler „verpassten“ den Nobelpreis, weil sie schlicht im falschen Fachgebiet tätig waren. Während heute die drei Preise für Physik, Chemie und Medizin auch an Vertreter eng verwandter Disziplinen vergeben werden, war dies jahrzehntelang nicht so. Als Folge gingen viele Astronomen, aber auch Biologen oder „zu mathematische“ Physiker leer aus.

Edwin Hubble
Edwin Hubble und die Andromedagalaxie © Giuseppe Donatiello/ gemeinfrei, historisch

Edwin Hubble und die Rotverschiebung

Ein berühmtes Beispiel ist der US-Astronom Edwin Hubble. Er erkannte als erster, dass der schon mit bloßem Auge am Himmel sichtbare Andromeda-Nebel kein Objekt unserer Milchstraße war, sondern eine andere, uns benachbarte Galaxie. 1929 dann stellte er anhand seiner Beobachtungen fest, dass das Licht kosmischer Objekte umso weiter in den roten Wellenbereich verschoben ist, je weiter sie entfernt sind. Ferne Objekte bewegen sich demnach schneller von uns weg als nahe. Rotverschiebung und Entfernung stehen dabei in einem linearen Zusammenhang.

Hubbles Beobachtungen führten wenig später zu der Entdeckung, dass sich das Universum ständig weiter ausdehnt – und bildeten damit die Basis für unzählige grundlegende Erkenntnisse zur Entwicklung des Kosmos. Auf seinen Berechnungen beruht die nach ihm benannte Hubble-Konstante – der Wert, der die Expansionsrate des Universums angibt.

Heute wären diese bahnbrechenden Erkenntnisse auf alle Fälle einen Nobelpreis wert. Doch zu Hubbles Lebzeiten sah das Komitee für den Physik-Nobelpreis ihr Fachgebiet sehr eng – die Astronomie gehörte für sie nicht dazu. Obwohl Hubbles Leistungen das kosmologische Weltbild prägten und damit auch die Physik, wurde er jahrzehntelang nicht einmal nominiert. Erst kurz vor seinem Tod im Jahr 1953 schlugen ihn drei Wissenschaftler für die Auszeichnung vor – doch da war es schon zu spät.

Carl Woese und die dritte Domäne des Lebens

Ein weiteres „Opfer“ der engen Fach-Definitionen ist der US-amerikanische Molekularbiologe Carl Woese. Ihm verdanken wir die Erkenntnis, dass der Stammbaum des Lebens nicht zwei, sondern drei Hauptäste besitzt. Neben Bakterien und den Eukaryoten bilden die Archaeen die dritte große Domäne der Lebensformen auf unserem Planeten. Weil diese einzelligen Organismen wie die Bakterien keinen Zellkern besitzen und ihnen sehr ähnlich sehen, hielt man sie zunächst für eine Bakterien-Untergruppe.

STammbaum
Die drei Domänen des Lebens © NASA

Carl Woese jedoch entdeckte entscheidende genetische Unterschiede in einer der ältesten Komponenten aller Zellen – den Ribosomen. Diese zellulären Proteinfabriken enthalten RNA-Moleküle, die sich artspezifisch unterscheiden. In den 1970er Jahren begann Woese damit, systematisch die ribosomale RNA verschiedener Bakterien und anderer Organismen zu vergleichen und identifizierte dabei die Archaeen als eigenen Zweig des Lebens.

Gleichzeitig erkannte der Forscher, dass sich die rRNA nicht nur zur Klassifikation von Mikroben eignet: Sie spiegelt die gesamte Evolution des Lebens wider. Woeses Erkenntnisse revolutionierten die Mikrobiologie und Evolutionsforschung gleichermaßen. Die vergleichende Analyse der ribosomalen RNA bildet bis heute die Basis für die molekulare Phylogenie. Trotzdem bekam Woese bis zu seinem Tod im Jahr 2012 keinen Nobelpreis. Weil seine Leistungen weder der Medizin oder Biomedizin noch der Chemie zuzuordnen waren, fiel er buchstäblich „durchs Rost“.

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Die Nobelpreis-Verlierer
Warum einige der berühmtesten Wissenschaftler leer ausgingen

Vom Vorschlag zum Preis
…und warum Mendelejew leer ausging

Ihrer Zeit voraus
Die verkannten Pioniere

Die Theoretiker
Warum Stephen Hawking keinen Nobelpreis bekam

Knapp daneben
Wenn die Fachrichtung nicht stimmt

Ferner liefen…
Die vergessenen "Mittäterinnen"

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