Mikrobiologie

Schmierinfektion: Coronavirus überdauert länger als gedacht

SARS-CoV-2 bleibt auf glatten Oberflächen bis zu 28 Tage infektiös

Türklinke
Das Coronavirus SARS-CoV-2 kann auf glatten Oberflächen bis zu 28 Tage lang infektiös bleiben.© Irina Shatilova/ iStock.com

Anhaltende Kontamination: Das Coronavirus SARS-CoV-2 kann auf glatten Oberflächen bis zu 28 Tage lang infektiös bleiben – das ist länger als bislang angenommen. In den Tests überdauerten die Viren auf Plastik, Glas und Metall damit deutlich länger als Influenzaviren. Auf raueren Oberfläche wie Baumwolle hielt sich SARS-CoV-2 immerhin zwischen fünf und neun Tage. Das sei eine wichtige Information für die Hygienekonzepte, so die Wissenschaftler.

Der Hauptübertragungsweg für SARS-CoV-2 sind die Tröpfchen und Aerosole, die beim Husten, Niesen oder Sprechen freigesetzt werden. Wenn diese virenhaltigen Partikel eingeatmet werden, kann das Virus über die Zellen der Nase und des Rachens in den Körper eindringen und uns infizieren. Schmierinfektionen über kontaminierte Oberflächen scheinen demgegenüber eine geringere Rolle im Infektionsgeschehen zu spielen, so zumindest die gängige Annahme.

Wie lange bleibt das Coronavirus auf Glas, Metall oder Geld lebensfähig?

Doch möglicherweise wurde die Bedeutung von Schmierinfektionen unterschätzt. Denn das Coronavirus bleibt auf Oberflächen länger infektiös als bislang angenommen, wie Forscher des Australian Centre for Disease Preparedness um Shane Riddell festgestellt haben. Bisherige Tests hatten die Viren noch nach vier bis fünf Tagen, im Extremfall auch neun Tagen nachgewiesen. Allerdings blieb dabei teilweise unklar, ob die Coronaviren dann noch infektiös waren.

Riddell und sein Team haben die Coronaviren für ihre Tests in einer Art künstlichem Atemwegsschleim gelöst und auf verschiedene Materialproben gesprüht – Edelstahl, Glas, Banknoten, Baumwollstoff und Plastik. Die Virendosis entsprach dabei derjenigen, die ein stark infektiöser Covid-19-Patient abgeben würde.

Alle Proben wurden bei 50 Prozent relativer Luftfeuchte und bei Temperaturen von 20, 30 oder 40 Grad im Dunkeln gelagert. Im Dunkeln deshalb, weil das Coronavirus sensibel auf UV-Licht und möglicherweise auch andere Strahlenanteile des Lichts reagiert und die Wissenschaftler diesen Störeffekt ausschließen wollten. In definierten Abständen entnahmen die Forscher dann Proben und testeten, ob diese Zellkulturen noch infizieren konnten.

Noch nach 28 Tagen infektiös

Das Ergebnis: „Bei 20 Grad ist das Virus extrem robust: Es überlebt 28 Tage lang auf glatte Oberflächen wie dem Glas von Handydisplays oder Banknoten aus Polymermaterial“, berichtet Riddell. Auch auf Edelstahl, Vinyl oder Papierbanknoten war das Coronavirus nach dieser Zeit noch nachweisbar. Die Virenkonzentration war allerdings deutlich gesunken, im Schnitt halbierte sich die Virenlast alle fünf bis neun Tage.

Damit allerdings überdauert das Coronavirus bei Raumtemperatur deutlich länger als bislang gedacht und auch länger als beispielsweise das Influenzavirus. „Ähnliche Experiment mit Influenza A ergaben, dass dieses Virus auf glatten Oberflächen etwa 17 Tage überlebt – das unterstreicht, wie resilient SARS-CoV-2 ist“, sagt Riddell. Nur auf der sehr porösen, rauen Baumwolloberfläche nahm die Konzentration der Coronaviren deutlich schneller ab, sie waren darauf nach sieben Tagen nicht mehr nachweisbar.

Händewaschen und lieber bargeldlos zahlen

Nach Ansicht der Forscher bestätigt ihre Studie die Notwendigkeit, potenziell kontaminierte Oberflächen regelmäßig zu desinfizieren. „Auch wenn die genaue Rolle der Oberflächenübertragung, die dafür nötige Virenmenge und Kontaktzeiten noch ungeklärt sind, ist es wichtig zu wissen, wie lange dieses Virus auf Oberflächen lebensfähig bleibt“, sagt Riddells Kollegin Debbie Eagles. „Die jetzt nachgewiesenen lange Haltbarkeit unterstreicht die Wichtigkeit regelmäßigen Händewaschens und der Reinigung von Oberflächen.“

Besonders relevant könnten für die neue Daten für die mögliche Ansteckungsgefahr durch Alltagsgegenstände wie Handys, Touchscreens oder Bankautomaten sein. Auch Banknoten seien eine potenzielle infektionsquelle: „Die Persistenz des Coronavirus auf Papier- und Polymerbanknoten ist von besonderer Bedeutung, wenn man die große Zirkulation und die Zahl der individuellen Kontakte berücksichtigt“, konstatieren die Forscher.

Allerdings: Die von ihnen ermittelten Werte beziehen sich auf die Überlebensfähigkeit von SARS-CoV-2 im Dunkeln. Während dies für Banknoten durchaus realistisch ist, bleiben die Viren auf dem Tageslicht ausgesetzten Oberflächen wahrscheinlich nicht die volle Zeit erhalten. Dennoch bestätigt dies, dass die AHA-Hygieneregeln durchaus sinnvoll sein könnten. (Virology Journal, 2020; doi: 10.1186/s12985-020-01418-7)

Quelle: CSIRO Australia

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