Umwelt

Fracking erhöht radioaktive Belastung der Luft

Höhere partikuläre Radioaktivität im Umfeld von unkonventioneller Öl- und Gasförderung

Fracking
Fracking-Anlagen, wie hier in den USA, geben nicht nur schädliche Gase und Chemikalien ab, sie erhöhen auch die radioaktive Belastung der Luft. © sasacvetkovic33/ iStock.com

Unsichtbare Kontamination: Fracking-Anlagen setzen nicht nur schädliche Gase und Chemikalien frei, sie erhöhen auch die radioaktive Belastung der Luft. Denn bei der unkonventionellen Erdöl- und Erdgasförderung wird Radon frei, dessen radioaktive Zerfallsprodukte sich im Feinstaub anreichern. Leewärts der Anlagen ist die partikuläre Radioaktivität der Luft daher messbar erhöht, wie Forscher im Fachmagazin „Nature Communications“ berichten.

Die Förderung unkonventioneller Erdgas- und Erdölvorkommen durch hydraulic Fracturing – kurz Fracking – hat den USA in den letzten Jahren einen Boom billiger fossiler Brennstoffe beschert. Doch das günstige Öl und Gas hat einige Schattenseiten -vor allem für die Menschen, die im Umfeld der Förderanlagen leben küssen. Denn durch Lecks in Tanks und Leitungen treten gesundheitsschädliche Gase aus und auch die im Spülwasser eingesetzten Chemikalien sind teilweise giftig.

Jetzt kommt ein weiteres Risiko hinzu: radioaktive Schwebteilchen. Schon länger ist bekannt, dass in den öl- und gasreichen Gesteinsschichten mehr radioaktive Elemente wie Uran-238 und Radon angereichert sind. „Erhöhte Werte von Uran-238 und Radium-226 wurden kürzlich in den Wasserbecken, den Bohrresten, den hochgeförderten Sedimenten und in Gewässern nahe unkonventionellen Förderanlagen nachgewiesen“, berichten Longxiang Li von der Harvard T.H Chan School of Public Health in Boston und seine Kollegen.

Vom Radon zur partikulären Radioaktivität

Unklar war jedoch bislang, wie viel radioaktives Radon an den Fracking-Anlagen frei wird und in welchem Maße es zu radioaktiven Schwebsoffen der Luft beiträgt. Bekannt ist, dass Radon zunächst zu kurzlebigen Zwischenprodukten zerfällt, die mit Gasen und Wassertröpfchen der Luft reagieren. „Sie bilden ultrafeine Cluster und lagern sich an Feinstaubpartikel der Luft an“, erklären Li und sein Team. Im Feinstaub schwebend, zerfallen die Radon-Produkte in zwei langlebige Radionuklide – Blei-210 und Polonium-210, die den Hauptanteil der sogenannten partikulären Radioaktivität ausmachen.

Werden die radioaktiven Luftpartikel eingeatmet, können sie sich in den Bronchien anreichern und dort Alphastrahlung in Form geladener Heliumkerne sowie Betastrahlung in Form von Elektronen abgeben. Kurzfristig kann dies Entzündungen fördern, langfristig kann durch die radioaktive Dauerbelastung Krebs entstehen, wie die Forscher erklären.

Höhere Belastung im Umfeld der Fracking-Anlagen

Um herauszufinden, wie hoch die Belastung mit partikulärer Radioaktivität im Umfeld von Fracking-Anlagen ist, haben Li und seine Kollegen die von 2001 bis 2017 gesammelten Messwerte von 157 Stationen des USA-weiten RadNet-Messnetzes ausgewertet. Die Wissenschaftler untersuchten dabei, ob und wie stark die Radioaktivität der Luft im Umkreis von 20 oder 50 Kilometern leewärts von Fracking-Anlagen gegenüber dem landesweiten Durchschnitt erhöht ist.

Das Ergebnis: „Es gibt einen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen der partikulären Radioaktivität und der in Windrichtung liegenden unkonventionellen Förderaktivität“, berichten die Forscher. Je mehr Fracking-Anlagen es gab, desto höher war die radioaktive Belastung der Luft leewärts davon. „Die Präsenz von 100 zusätzlichen Fracking-Pumpen innerhalb von 20 Kilometern auf der Windseite ist mit einem Anstieg der partikulären Radioaktivität um 0,024 Millibecquerel pro Kubikmeter Luft verknüpft“, so Li und sein Team. Leewärts von konventionellen Förderanlagen stieg die Radioaktivität dagegen nur um 0,004 mBq/m3 Luft.

Beeinträchtigung der Gesundheit denkbar

„Unserer Ergebnisse zeigen einen signifikanten Einfluss von unkonventioneller Erdöl- und Erdgasförderung auf die partikuläre Radioaktivität der Luft“, konstatieren die Wissenschaftler. Zwar seien die Werte vergleichsweise niedrig. Doch die mit dem Feinstaub eingeatmeten radioaktiven Partikel können sich in den Atemwegen der Anwohner anreichern und dort langfristig Schäden verursachen.

Li und sein Team zitieren Studien, nach denen schon ein Anstieg der Betastrahlung um 0,12 mBq/m3 im Siebentages-Mittel Entzündungsmarker wie das C-reaktive Protein um mehrere Prozent erhöht. Eine Zunahme der Betastrahlung um 0,07 mBq/m3 im 28-Tages-Mittel kann den Blutdruck um drei bis vier Punkte in die Höhe treiben.

„Im Kontext dieser Daten deuten unsere Resultate daraufhin, dass der Anstieg der partikulären Radioaktivität durch intensives Fracking die Gesundheit der nahegelegenen Kommunen beeinträchtigen kann“, schließen Li und seine Kollegen. Weitere Studien dazu seien daher sinnvoll und notwendig. (Nature Communications, 2020; doi: 10.1038/s41467-020-18226-w)

Quelle: Nature

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