Physik

Ein Förderband für gespeichertes Licht

Kontrollierter Transport von in Atomwolken gespeichertem Licht gelungen

Lichtspeicher
In dieser Apparatur wird das Licht in einer ultrakalten Atomwolke gespeichert und diese dann in einer Hohlfaser ein Stück weit transportiert. © Arbeitsgruppe Patrick Windpassinger

Mobiler Lichtspeicher: Physikern ist es gelungen, Licht vorübergehend in einer kalten Atomwolke zu speichern und dieses gespeicherte Licht dann wie auf einem Förderband zu transportieren. Nach diesem Transport konnte das Licht mit hoher Effizienz wiedergewonnnen und ausgelesen werden. Dies eröffne neue Möglichkeiten für Quantencomputer und den Transport von Quanteninformationen, so die Wissenschaftler.

Ob in der Glasfaserleitung, für optische Chips oder für die Quantenkommunikation: Licht spielt als Medium für die Übertragung und Verarbeitung von Daten eine immer größere Rolle. Doch dafür muss es eine Möglichkeit geben, die Lichtinformationen zu speichern und bei Bedarf abzurufen. Eine solche Lichtspeicherung lässt sich über spezielle Kristalle erreichen, die das Licht stark abbremsen oder sogar stoppen.

Eine andere Methode ist die Speicherung in ultrakalten Atomwolken. Der Lichteinfall führt zu einer kollektiven Anregung der Atome, durch den diese vorübergehend sogenannte Dark-State-Polaritonen (DSP) bilden – Quasiteilchen der Licht-Materie-Kopplung. Bringt man die Atome dann wieder in den Ausgangszustand zurück, geben sie Photonen ab und damit auch die ursprünglich hineingegebene Lichtinformation. Doch bisher waren diese lichtspeichernden Atomwolken weitgehend stationär.

„Licht in einen Koffer gesperrt“

Jetzt ist es einem Team um Patrick Windpassinger von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz gelungen, diese Lichtspeicher zu bewegen. Wie auf einer Art optischem Förderband transportieren sie die ultrakalten Atome samt des in ihnen gespeicherten Lichts kontrolliert über eine Entfernung hinweg, die größer ist als der Durchmesser der Atomwolke. Noch ist diese Strecke mit gerade einmal 1,2 Millimetern zwar sehr kurz, doch das Prinzip sei ausbaubar, so die Forscher.

„Wir haben Licht gespeichert, wenn Sie so wollen, in einen Koffer eingesperrt – nur dass der Koffer aus einer Wolke aus kalten Atomen besteht“, erklärt Windpassinger. „Diesen Koffer haben wir ein Stückchen weit transportiert und dann das Licht wieder rausgeholt.“ Wie das Team im Experiment feststellte, hat dieser Transportprozess nur minimale Effekte auf die Kohärenz des gespeicherten Lichts und die Effizienz des Speicherns.

Atomwolke, Laserfalle und eine photonische Hohlfaser

Konkret funktioniert das Licht-Förderband so: Als Speichermedium dienen ultrakalte Rubidium-87-Atome, die in einer optischen Falle aus gekreuzten Laserstrahlen gefangen gehalten werden. Durch gezielte Manipulation dieser „Fallenlaser“ bugsieren die Forscher die Atomwolke in eine dünne photonische Hohlfaser aus Kristall. Dann senden sie über einen Laserpuls die Lichtinformation in diese Wolke, die gespeichert werden soll. Die Rubidiumatome absorbieren die Lichtenergie und ändern ihren Quantenzustand zu einer kollektiven Anregung.

Nun folgt der entscheidende Schritt: Die Physiker manipulieren die Laser des optischen Gitters, indem sie nacheinander Frequenzunterschiede zwischen ihnen erzeugen. Dadurch wirken diese Laserstrahlen wie ein optisches Förderband, das die Atomwolke durch die Hohlfaser transportiert. „Wir haben Transportzeiten von bis zu drei Mikrosekunden genutzt, was einer Transportstrecke von 0,49 bis 1,46 Millimetern entspricht“, berichten die Wissenschaftler.

In einem ergänzenden Experiment luden Windpassinger und sein Team die Atomwolke auf ein konstant mit 0,498 Metern pro Sekunde laufendes optisches Förderband. Währenddessen speicherten sie wiederholt Lichtpulse in der Wolke und lasen diese optischen Information wieder aus.

Robust und effizient trotz des Transports

Es zeigte sich: Trotz dieses Transports konnten die Forscher das in der Atomwolke gespeicherte Licht mit vergleichsweise hoher Effizienz wiedergewinnen. Das Auslesen war kaum weniger effizient als bei einer unbewegten, stationären Atomwolke. „Insgesamt beobachten wir eine hohe Robustheit in Bezug auf die Speichereffizienz und Lebensdauer“, berichten die Wissenschaftler. Das Förderband erlaube es, relativ viele Atome mit großer Genauigkeit zu transportieren und zu positionieren, ohne dass diese erhitzt werden oder für den Speicherprozess verloren gehen.

Noch ist die Transportstrecke dieser Lichtspeicher zwar auf wenige Millimeter begrenzt. Aber durch eine größere Zahl von Atomen, die Veränderung der Laserwellenlängen und eine dünnere Hohlfaser könnten Speicherdauer und Transportstrecke erhöht werden, sagen die Physiker. Anwendungen für solche mobilen Lichtspeicher sehen sie vor allem bei Quantencomputern oder Quantenrepeatern in optischen Leitungen.

Für die Zukunft wäre es denkbar, auf Basis dieses Prinzips neuartige Quantengeräte zu entwickeln, wie etwa einen „Rennbahn“-Speicher für Licht mit verschiedenen Lese- und Schreibabschnitten. (Physical Review Letters, 2020; doi: 10.1103/PhysRevLett.125.150501)

Quelle: Johannes Gutenberg-Universität Mainz

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