WG in der Umlaufbahn: Am 2. November 2000 haben die ersten Astronauten die Internationale Raumstation ISS bezogen – seither ist dieser Außenposten im Weltall ununterbrochen bewohnt. Die „Expedition 1“ markierte damit einen Meilenstein der Raumfahrtgeschichte, forderte den drei Astronauten aber auch einiges ab. Denn die Raumstation war damals noch lange nicht fertig. Die erste Besatzung ebnete jedoch den Weg für die bis heute aktive Forschungsstation im Orbit.
Schon der Bau der Internationalen Raumstation ISS war ein historischer Meilenstein. Denn erstmals arbeiteten Raumfahrtagenturen verschiedener Länder zusammen, um gemeinsam eine Orbitalstation zu bauen. Das erste Bauteil – das russische Sarja-Modul, wurde am 20. November 1998 vom Kosmodrom in Baikonur aus in die Umlaufbahn gebracht. 16 Tage später koppelten US-Astronauten mit dem Space-Shuttle das erste US-Modul an.
Doch bis die erste Besatzung die neue Raumstation beziehen konnte, sollten noch fast zwei Jahre vergehen, in denen weitere russische und US-amerikanische Missionen die Infrastruktur der Station Stück für Stück zusammensetzten.
Pionierarbeit an Bord
Dann war es endlich soweit: Am 31. Oktober 2000 starteten die ersten drei ISS-Astronauten von Baikonur aus in den Orbit. Ihre Sojus-Rakete hob von der legendären Rampe 1 des Kosmodroms ab, von der aus Juri Gagarin 40 Jahre zuvor als erster Mensch in den Weltraum aufgebrochen war. Zwei Tage später erreichten die Kosmonauten Juri Gidsenko und Sergei Krikalev und der NASA-Astronaut Bill Shepherd ihr neues Zuhause.
Schon das Öffnen der Luke zur ISS war nichts Alltägliches: „Einer meiner ersten Aufgaben war es, die Zusammensetzung der Atmosphäre zu prüfen, um sicherzustellen, dass nicht Giftiges dort drin war“, erinnert sich Shepherd. Die Luftqualität erwies sich glücklicherweise als gut genug, so dass die Astronauten an Bord gehen konnten. Ihr Job war es nun, die Station und ihre Systeme zum Leben zu erwecken – was nicht immer glatt ging.
„Wir hatten eine Reihe von Systemen, die nicht korrekt hochfuhren“, berichtet Shepherd. „Einige hatten Komponenten, die nicht funktionsfähig waren. In einem Fall gab es einen Multipin-Stecker, bei dem einige Pins verbogen waren. Unsere Arbeit bei Expedition 1 bestand darin, all diese Probleme zu beheben – gut, dass wir alle praktisch veranlagt waren.“ Weil das Modul Swesda nur zwei Schlafplätze besaß, entschied sich Juri Gidsenko zunächst dafür, in der Sojus-Kapsel zu schlafen -wegen der Schwerelosigkeit war dies trotz des beengten Raums halbwegs bequem, wie Shepherd erklärt.
Bautrupp im Orbit
136 Tage lang lebte und arbeitete die erste Besatzung der ISS an Bord und markierte so den Beginn des astronautischen Dauerbetriebes der Raumstation. „Diese drei Pioniere haben Raumfahrtgeschichte geschrieben“, sagt Volker Schmid, ISS-Missionsmanager am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). „Seit der Expedition 1 war der Außenposten der Menschheit im All immer besetzt. Die ISS-Astronauten sind gekommen, um zu bleiben.“
Die Besatzung der Expedition 1 nahm jedoch nicht nur die lebenswichtigen Systeme der Station in Betrieb, sie installierte auch neue Bauteile. Darunter waren Computer für ein US-Kommunikationssystem, die zentrale Steuerung des russischen Swesda-Moduls, das Amateurfunksystem im Sarja-Modul sowie Bauteile für das TORU-System, mit dem unbemannte Transportraumschiffe von der Station aus gesteuert werden können.
Auch zwei große Bauteile der Raumstation wurden durch Space-Shuttles in den Orbit gebracht und gemeinsam mit den Shuttlebesatzungen angebracht. Dazu gehörten große Sonnensegel, die zur Stromversorgung der Station beitragen sollten und das am 11. Februar 2001 in Betrieb genommene US-Labormodul Destiny. „Die ISS war damals ein Rohdiamant, der schon unter der ersten Crew stetig weiter geschliffen wurde“, so Schmid.
Erste Forschung auf der Station
Mit den drei Raumfahrern begann aber auch die Forschung auf der ISS. Die Astronauten führten erste Experimente zum Wachstum von Proteinkristallen und Materialtests durch. Außerdem standen verschiedene biomedizinische Forschungen zur Strahlenbelastung, zum Effekt der Schwerelosigkeit auf das Herz-Kreislauf-System und das Immunsystem im Vordergrund.
Allerdings waren die Möglichkeiten der Forschung auf der ISS zu Beginn noch sehr begrenzt, weil Hardware und Labore fehlten. „Die ersten Astronauten auf der ISS waren Wegbereiter für das, was wir jetzt, 20 Jahre später, fortführen. Heute natürlich viel zeitgemäßer, moderner und mit ausgereifteren Experimenten. Wir haben mittlerweile sehr viel dazugelernt“, sagt der deutsche ESA-Astronaut Matthias Maurer. „Aber auch damals wurde schon erstklassige Forschung im Weltraum betrieben.“
Bis heute wurden insgesamt 2.950 Experimente auf der ISS durchgeführt. Rund 390 davon stammen aus den ESA-Nutzungsprogrammen. An rund 140 dieser europäischen Experimente waren deutsche Wissenschaftler beteiligt.
Quelle: NASA, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)