Bedrohlicher Bolide: Der rund 350 Meter große Asteroid Apophis kommt uns sehr nahe, wird aber vorerst nicht einschlagen – so dachte man bisher. Doch jetzt haben Astronomen ermittelt, dass sich die Flugbahn des Asteroiden um rund 170 Meter pro Jahr verschiebt. Das könnte im Extremfall bedeuten, dass Apophis im Jahr 2068 doch die Erde treffen kann. Schuld an der Verschiebung ist der Yarkovsky-Effekt, eine von der Sonneneinstrahlung verursachte Beschleunigung.
Sein Name kommt nicht von ungefähr: Der Asteroid Apophis ist nach dem ägyptischen Gott der Zerstörung benannt, weil er der Erde in den nächsten Jahrzehnten gleich mehrfach gefährlich nahe kommt. Der Asteroid umkreist die Sonne in gut 323 Tagen und kreuzt dabei auch immer wieder die Erdbahn. Schon länger bekannt ist, dass (99942) Apophis unserem Planeten dabei in den Jahren 2029, 2036 und 2068 besonders nahe kommt.
Wie real ist die Einschlagsgefahr?
Am 13. April 2029 wird Apophis uns knapp oberhalb des geostationären Satellitenorbits passieren und dabei mit bloßem Auge sichtbar sein. Durch die Erdschwerkraft wird sich bei diesem nahen Vorbeiflug die Flugbahn des Asteroiden verändern. Deshalb befürchteten Astronomen vor einigen Jahren noch, dass diese Passage zu einem Einschlag beim nächsten „Rendezvous“ im April 2036 führen könnte.
Seither jedoch haben Astronomen die Bahn des Asteroiden bei mehreren weniger nahen Vorbeiflügen präziser bestimmen können. Ihren Berechnungen zufolge ist demnach ein Einschlag von Apophis für 2036 und auch 2068 so gut wie ausgeschlossen. Zumindest in diesem Jahrhundert scheint von dem Erdbahnkreuzer keine unmittelbare Gefahr auszugehen – so der Stand bisher.
Verschiebung um 170 Meter pro Jahr
Doch das könnte sich nun geändert haben. Denn David Tholen von der University of Hawaii, einer der Entdecker von Apophis, hat bei aktuellen Beobachtungen des Asteroiden entscheidende Veränderungen festgestellt. Der Astronom und sein Team hatten seine Bahn an drei Nächten im Januar und März 2020 mit dem Subaru-Teleskop auf dem Mauna Kea verfolgt.
Das Ergebnis: Apophis ist nicht mehr exakt dort, wo man ihn erwartet hätte. „Die neuen Beobachtungen zeigen, dass der Asteroid von einem rein gravitativen Orbit abdriftet – um rund 170 Meter pro Jahr“, berichtet Tholen. Im Laufe der Zeit verlagert sich dadurch die Flugbahn des Brockens immer stärker – und das stellt auch bisherige Risikoeinschätzungen in Frage. „Das ist genug, um das Einschlagsszenario für 2068 weiter im Spiel zu halten“, sagt Tholen.
Ungleiche Sonneinstrahlung mit Schubeffekt
Ursache dieser Flugbahn-Verschiebung ist der sogenannte Yarkovsky-Effekt. Er kommt zustande, weil die Sonneinstrahlung die Seiten des Asteroiden unterschiedlich stark aufheizt. Ja nach Tempo und Richtung der Eigenrotation des Asteroiden führt dies dazu, dass er durch den Strahlungsdruck leicht nach innen oder außen abgelenkt wird. Zwar ist dieser Strahlungseinfluss sehr gering, er kann aber im Laufe der Jahre und Jahrzehnte die Bahn eines Asteroiden erheblich verändern.
Genau dies scheint nun auch bei Asteroid Apophis der Fall zu sein. Für die Astronomen bedeutet dies nun, dass sie die möglichen Folgen für die nächsten Passagen – und vor allem für 2068 – neu berechnen müssen. Gleichzeitig wird der Erdbahnkreuzer weiterhin genau überwacht. Die nächste Gelegenheit dazu steht unmittelbar bevor: Im Dezember 2020 und im April 2021 werden Forscher den Asteroiden mit dem NEOWISE-Weltraumteleskop der NASA anvisieren. Das soll dabei helfen, das Ausmaß des Yarkovsky-Effekts noch genauer zu bestimmen.
Ob (99942) Apophis im Jahr 2068 zur Gefahr für die Erde wird, werden die Astronomen in jedem Fall schon lange vor diesem Termin wissen. Die Chancen stehen dabei aber gut, dass es auch dann wieder nur zu einem nahen Vorbeiflug kommen wird. Sollte jedoch eine reale Einschlagsgefahr bestehen, müsste die Welt sich Gedanken über Abwehrmaßnahmen machen – keine leichte Aufgabe. (AAS Division of Planetary Science meeting 2020)
Quelle: University of Hawaii