Rasante Geburt: Unsere Sonne könnte sich innerhalb von nur rund 200.000 Jahren gebildet haben. In dieser Zeit wurde sie vom „reifen“ prästellaren Kern zum Protostern und wuchs schließlich zum Vorhauptreihenstern heran, wie Forscher im Fachmagazin „Science“ berichten. Indizien dafür lieferten ihnen Meteoriten-Einschlüsse, die in dieser Zeit entstanden. Ihre Isotopenverhältnisse spiegeln die Stadien der Sonnenentwicklung wider.
Sterne entstehen, wenn eine kosmische Wolke aus Gas und Staub unter ihrer eigenen Schwerkraft kollabiert. Im Zentrum wird die Materie dadurch so stark konzentriert, dass sich ein prästellarer Kern bildet – ein dichter Klumpen aus komprimiertem Wasserstoffgas. Weil weiter Materie auf diesen Kern einstürzt, wächst er und wird schließlich so heiß, dass die Wasserstoffmoleküle zu Atomen zerfallen. Aus dem prästellaren Kern wird ein Protostern.
Noch aber hat die Kernfusion nicht gezündet: Der Protostern leuchtet zwar schon, gewinnt seine Energie aber vor allem aus dem weiter auf ihn einfallenden Material. Der Übergang vom Protostern zum Vorhauptreihenstern erfolgt, wenn der Materieeinfall nachlässt und der Stern sich nun vor allem durch Eigenkontraktion weiter verdichtet. Erst wenn sein Kern dadurch dicht und heiß genug wird, um die Wasserstofffusion zu zünden, ist die Sternbildung abgeschlossen – eine neue Sonne ist geboren.
Wie eine Geburt nach zwölf Stunden statt neun Monaten
Doch wie lange dauert dieser ganze Prozess? Und wie lange brauchte unsere Sonne, um vom prästellaren Kern zum Vorhauptreihenstern zu werden? Bislang ließ sich diese Entwicklung durch astronomische Beobachtungen nur grob auf ein bis zwei Millionen Jahre eingrenzen. Forscher um Gregory Brennecka vom Lawrence Livermore National Laboratory in Kalifornien und der Universität Münstern haben nun jedoch genauere Einblicke in die stellaren Zeitabläufe gewonnen.
Ihre Ergebnisse legen nahe: Unsere Sonne ist wahrscheinlich deutlich schneller entstanden. Sie könnte vom prästellaren Kern bis zum Übergang zum Vorhauptreihenstern nur rund 200.000 Jahre benötigt haben, wie Brennecka und seine Kollegen berichten. Vergleicht man dies mit einer menschlichen Schwangerschaft, hätte die Sonne statt neun Monaten nur rund zwölf Stunden bis zu ihrer Geburt benötigt, so die Analogie der Forscher.
Meteoriten-Einschlüsse als „Zeugen“
Die Indizien für diese „Turbo-Geburt“ lieferten kleine, kalzium- und aluminiumreiche Einschlüsse (CAI) in Meteoriten. Diese Körnchen gehören zu den ältesten Feststoffen, die in der Urwolke des Sonnensystems entstanden sind. „Sie stellen damit einen Link zwischen den astronomischen Beobachtungen der Sternbildung und kosmochemischen Studien unseres Sonnensystems dar“, erklären die Forscher.
Um herauszufinden, in welcher Zeitspanne sich die CAI-Einschlüsse im Sonnensystem gebildet haben, analysierten Brennecka und seine Kollegen Proben aus drei zu den kohlenstoffreichen Chondriten gehörenden Meteoriten. Anhand der Isotopengehalte dieser Körnchen lässt sich feststellen, in welcher Phase der frühen Sternbildung sie gebildet wurden.
In 200.000 Jahren zum Vorhauptreihenstern
Diesen Analysen zufolge entstand ein großer Teil dieser Meteoriten-Einschlüsse zu einer Zeit, als noch viel Material auf den werdenden Stern einstürzte. Darauf deutet der hohe Anteil des Molybdän-Isotops 95Mo hin, wie die Forscher berichten. Die Sonne war in dieser Phase gerade erst zum Protostern geworden. Andere Einschlüsse jedoch wurden erst kurz vor dem Übergang der Sonne zum Vorhauptreihenstern gebildet.
Das Entscheidende dabei: „Man geht davon aus, dass die große Mehrheit aller CAI-Einschlüsse innerhalb von 40.000 bis 200.000 Jahren entstehen“, erklären Brennecka und sein Team. „Angesichts dieses bekannten Zeitfensters können wir die Hauptakkretionsphase der Sonne auf weniger als 200.00 Jahre eingrenzen.“ Mit anderen Worten: Unsere Sonne muss in dieser kurzen Zeit die Entwicklung vom frisch gebackenen Protostern zum Vorhauptreihenstern absolviert haben. (Science, 2020; doi: 10.1126/science.aaz8482)
Quelle: Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Science