Lebensräume

Mikroben in der Unterwelt

Höhlen als ewiges Versteck der Kleinsten

Neben klassischen Höhlentierarten entdeckten Wissenschaftler in der Unterwelt auch immer wieder noch deutlich kleinere Organismen. Denn auch viele Mikroben haben sich optimal an das energiearme Höhlenleben angepasst und kommen deshalb selbst in Jahrhunderte von der Außenwelt abgeschlossenen Hohlräumen vor.

Methoden zum Energiesparen

Um Energie zu sparen, entwickelten sich bei den Bakterienarten der Unterwelt spezielle Anpassungen: So haben Wissenschaftler um Kirsten Küsel aus Jena bei Forschungen in der französischen Bleßberghöhle zum Beispiel Bakterien entdeckt, die nur ein sehr kleines Genom besitzen. „Um Energie zu sparen, haben sie die Anzahl ihrer Gene reduziert“, erklärt Küsel. Außerdem wachsen diese Mikroben deutlich langsamer als in der Außenwelt.

Die Forscher stellten aber auch fest, woher die Mikroben ihre Energie bekommen: Die gefundenen Bakterien ziehen ihre Energie demnach aus Schwefel- oder Stickstoffverbindungen und können Kohlendioxid binden – ähnlich wie Pflanzen. Laut der Forscher waren die Bakterien dadurch in der Lage, sich im Laufe der Evolution am Wachstum der dortigen Heliktiten zu beteiligen – einem Stalaktiten ähnlichen Mineral, das in alle möglichen Richtungen ragt.

Mineralien statt Licht

Naica-Höhle
In diesen riesigen Kristallen in der Naica-Höhle entdeckten die Forscher Bakterien. ©Alexander Van Driessche/CC-by-sa 3.0

Ein ähnliches Beispiel fanden Forscher um Penelope Boston vom NASA-Institut für Astrobiologie in den mexikanischen Naica-Höhlen: Dort entdeckten sie uralte Mikroben, die sich in den Höhlenwänden, aber vor allem in mit Flüssigkeit gefüllten Einschlüssen der dortigen Riesen-Kristalle befanden.

Die imposanten weißen Kristallnadeln bestehen laut der Wissenschaftler aus Calciumsulfat,
aus dem die Mikroben ihre Energie gewinnen. „Diese Lebewesen gedeihen unter Extrembedingungen. Sie brauchen kein Licht. Sie verarbeiten Mineralien, um Energie zu gewinnen“, erläutert Boston.

Jahrmillionen alte Anpassungen

Eine weitere Anpassung haben Gerry Wright von der kanadischen McMaster University und seine Kollegen in der Lechuguilla-Höhle in New Mexico entdeckt – einem 200 Kilometer langem und 500 Meter tiefen Höhlensystem. In diesem sind einige Höhlenteile seit mindestens vier Millionen Jahren von der Oberfläche abgeschnitten und lassen kein Wasser oder Sonnenlicht durch.

Und dennoch entdeckten die Forscher dort Bakterien der Gattung Paenibacillus. Um so lange in völliger Isolation überleben zu können, gewinnen die Mikroben ihre Energie den Untersuchungen zufolge aus chemischen Prozessen am und im Höhlengestein.

Multiresistenz entdeckt

Weitere Test mit einer Art dieser Höhlenbakterien (Paenibacillus sp.) ergaben noch eine weitere Neuheit: Obwohl es weder medizinische noch natürliche Antibiotika in der Höhle gab, war das Bakterium gegen 26 von 40 untersuchten Antibiotika völlig immun. Und nicht nur das: Seine Widerstandskraft übertraf sogar die des berüchtigten multiresistenten Krankenhauskeims Staphylococcus aureus (MRSA). Auch eine verwandte Art der Gattung Paenibacillus von der Oberfläche war deutlich anfälliger als die Höhlenmikrobe.

Der Grund für diese Resistenz ist eine Vielzahl von Schutzmechanismen, die Paenibacillus nutzt. Einige dieser Resistenz-Strategien ähneln denen von im Boden lebenden Keimen, wie Wright und seine Kollegen berichten. Andere sind hingegen zuvor unbekannte Mechanismen.

Mögliche Anwendung in der Medizin

Streptomyceten
Diese fadenförmigen Streptomyceten produzieren Antibiotika, die für die Human- und Tiermedizin nützlich sein können. ©Centers for Disease Control and Prevention/ gemeinfrei

Und diese besondere Abwehr von Höhlenmikroben ist keine Seltenheit. Wissenschaftler des Hans-Knöll-Instituts für Naturstoff-Forschung (HKI) entdeckten beispielsweise eine Kolonie fadenförmiger Bakterien – sogenannter Streptomyceten – in einer italienischen Höhle, die sich gegen andere Mikroorganismen schützen. Diese Mikroben produzieren laut der Forscher eine antibiotisch wirksame Substanz, um sich zum Beispiel die gefürchteten Staphylokokken „vom Leibe“ zu halten.

Diese spezielle Abwehrsubstanz erwies sich in Laborversuchen gegen Vancomycin-resistente Enterokokken und multiresistente Staphylokokken als hochwirksam. Damit könnte sie in der Bekämpfung von Staphylokokken-Infektionen eine Rolle spielen, vermutet das Forscherteam.

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Leben in der Unterwelt
Höhlentiere und ihre Anpassungen

Habitat Höhle
Überleben unter extremen Bedingungen

Höhle als Zweitwohnung
Lebensweise trogloxer und troglophiler Tiere

Wie überleben Tiere dauerhaft in Höhlen?
Körperliche Anpassungen an ein extremes Habitat

Nur die Genügsamen überleben
Den Extrembedingungen in Höhlen trotzen

Mikroben in der Unterwelt
Höhlen als ewiges Versteck der Kleinsten

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