Biologie

Geisterhafte Ultraschallrufe unter dem Eis

Wedellrobben sind erste bekannte Robbenart mit einer Ultraschall-Kommunikation

Robbe und Mensch
Bisher dachte man, dass Robben nur hörbare Töne erzeugen, doch die antarktischen Wedellrobben belehren die Biologen eines Besseren. © University of Oregon

Überraschende Entdeckung: Forscher haben erstmals eine Robbenart bei der Ultraschall-Kommunikation belauscht – bisher dachte man, dass Robben nur hörbare Töne erzeugen können. Doch die antarktischen Wedellrobben stoßen beim Tauchen unter dem Meereis auch Laute in für uns unhörbaren Frequenzen aus. Wozu diese Ultraschallrufe dienen und ob auch diese Robben eine Art Echoortung nutzen, ist aber noch völlig offen.

Wale tun es, Fledermäuse, viele Insekten und sogar unsere Hausmäuse: All diese Tiere nutzen Ultraschall, um zu kommunizieren oder sich im Raum mittels Echoortung zu orientieren. Dafür erzeugen sie Laute, deren Frequenz meist weit oberhalb unserer oberen Hörgrenze von rund 20 Kilohertz liegt. Doch eine Gruppe von Meeressäugern schien die Ultraschall-Kommunikation bislang nicht zu nutzen: Robben, darunter auch Walrosse, Seehunde und Seelöwen. Von ihnen waren bisher nur Rufe im für uns hörbaren Bereich aufgefangen worden.

Wedellrobbe
Wedellrobben sind die südlichste Robbenart der Welt – sie tauchen unter dem antarktischen Meereis © University of Oregon

Unwirkliche Klänge

Jetzt belehrt eine „Abhöraktion“ in der Antarktis die Biologen eines Besseren. Schon seit einigen Jahren belauschen Paul Cziko von der University of Oregon und sein Team die Wedellrobben im McMurdo Sound mithilfe mehrerer Unterwassermikrophone. Diese Robbenart – die südlichste der Welt – taucht unter das antarktische Meereis und kann bis zu 80 Minuten unter Wasser bleiben. Bei ihren Tauchgängen stoßen sie teils unwirkliche Laute aus:

„Die Rufe der Wedellrobben erzeugen einen fast unglaublichen, überweltlichen Klangteppich unter dem Eis“, schildert Cziko. „Es klingt wirklich, als wäre man mitten in einer Weltraumschlacht im Film Star Wars – mit Laserkanonen und allem.“ Seit Beginn der Aufzeichnungen wurden schon 34 verschiedene Rufe und Laute dieser Robben identifiziert.

Pfeifen, Tschirpen und Trillern im Ultraschallbereich

Doch jetzt ist eine ganz neue Dimension der Kommunikation hinzugekommen: Neue Auswertungen enthüllen, dass die Wedellrobben beim Tauchen unter dem Eis auch Ultraschallrufe ausstoßen. „Wir haben immer wieder mal diese Ultraschalllaute in den Aufnahmen entdeckt, bis uns schließlich aufging, dass die Robben sie sogar ziemlich regelmäßig einsetzen“, berichtet Czikos Kollegin Lisa Munger.

Insgesamt identifizierten die Forscher neun verschiedene Laute der Wedellrobben, die ganz oder teilweise im Ultraschallbereich liegen. Dazu gehören Pfiffe, Triller und Tschirpen, deren Frequenzen von 20 bis knapp 50 Kilohertz reichen. Die Obertöne einiger Vokalisationen erreichten sogar 200 Kilohertz. „Es ist wirklich überraschend, dass Wissenschaftler diesen Teil der Robben-Kommunikation bislang komplett überhört haben“, sagt Cziko.

Zweck der Ultraschallrufe noch rätselhaft

Damit sind die Wedellrobben die ersten Vertreter der Robben, die nachweislich Ultraschalllaute erzeugen. Wozu die Meeressäuger diese Töne einsetzen, ist allerdings noch rätselhaft. Möglicherweise, so vermutet Cziko, produzieren die Wedellrobben diese Laute einfach nur, um sich unter dem Eis von den ganzen Geräuschen mit niedrigerer Frequenz besser abzuheben. „So als wenn sie den Funkkanal wechseln“, erklärt der Forscher.

Nicht ausgeschlossen ist aber auch, dass die Robben die Ultraschalllaute als eine Art Sonar einsetzen – ähnlich wie Wale und Delfine. „Die Möglichkeit, dass auch Robben eine Art Echoortung nutzen, wurde über die Jahre hinweg immer wieder verworfen“, erklärt Cziko. Angesichts der Tatsache, dass die Wedellrobben auch in der absoluten Dunkelheit der Polarnacht sicher unter dem Meereis navigieren können, sei dies aber nicht ausgeschlossen.

Noch allerdings muss dies weiter untersucht werden. „Wir wollen genauer wissen, wer diese Ultraschallaute erzeugt – ob Männchen, Weibchen, Jungtiere oder alle“, erklärt Munger. „Und verwenden die Wedellrobben diese Laute auch, wenn sie im tieferen, offenen Wasser nach Fischen tauchen? Wir müssen nun auch an anderen Orten Aufnahmen machen, um die Laute mit bestimmten Verhaltensweise korrelieren zu können.“ (The Journal of the Acoustical Society of America, 2020; doi: 10.1121/10.0002867)

Wie die Wedellrobben kommunizieren.© McMurdo Oceanographic Observatory

Quelle: University of Oregon

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