Physik

Leidenfrost-Effekt: Schwebende Tropfen singen

Dampfkissen unter den tanzenden Tropfen erzeugt regelmäßige Töne

Tropfen
Wassertropfen auf einer heißen Platte schweben umher und geben dabei leise, periodische Töne von sich. © peterschreiber.media/ iStock.com

Verdampfende Tropfen belauscht: Wenn Wassertropfen auf eine heiße Oberfläche treffen, tanzen sie nicht nur auf einem winzigen Dampfkissen umher – sie „singen“ dabei auch. Sie geben leise periodische Töne von sich, die je nach Tropfengröße einem tiefen Summen oder einem Pfeifton ähneln. Ursache für diesen Soundeffekt ist der Dampf, der in Schüben aus der Schicht unter dem Tropfen entweicht, wie Forscher herausgefunden haben.

Darüber staunte schon im Jahr 1756 der deutsche Mediziner Johann Gottlob Leidenfrost: Wenn man einen Wassertropfen auf eine sehr heiße Platte gibt, verdampft er nicht sofort, sondern tanzt eine Weile über der heißen Oberfläche hin und her. Dieser Effekt kommt zustande, weil sich unter dem Tropfen eine dünne Dampfschicht bildet, die ihn in der Schwebe hält. Der Tropfen wird dabei immer kleiner und macht sternförmige Oszillationen durch, bis er mit einem manchmal hörbaren Knacken verpufft.

Leidenfrost-Effekt
Beim Leidenfrost-Effekt bildet sich ein dünnes Dampfkissen unter dem verdampfenden Tropfen, das ihn in der Schwebe hält.© Name /CC-by-sa 2.5

Periodische Töne

Doch das ist nicht alles, wie nun Tanu Singla und Marco Rivera von der Morelos Universität in Mexiko herausgefunden haben. Für ihr Experiment hatten sie das Verhalten von Wassertropfen auf einer heißen Aluminiumplatte per Highspeed-Kamera gefilmt und gleichzeitig alle dabei entstehenden Geräusche mit einem hochempfindlichen Mikrophon aufgezeichnet.

Die Aufnahmen enthüllten ein neues Phänomen: Während der Leidenfrost-Tropfen auf der heißen Platte umherschwebt, gibt er periodische Töne von sich. Etwa 23 Mal pro Sekunde erklingt ein kurzer, sehr leiser Ton. Für unsere Ohren ist dieses „Singen“ der Tropfen nicht zu hören, wohl aber für sensible Mikrophone.

„Wenn der Tropfen groß war, traten diese ‚Beats‘ nur auf, wenn der Tropfen sternförmig oszillierte“, berichten die Forscher. „Bei kleineren Tropfen, bei denen man keine sternförmigen Oszillationen sieht, waren die Töne aber ebenfalls zu hören.“

Dampfschicht als Urheber

Nähere Analysen enthüllten: Der Abstand der Summtöne ist mit den Oszillationen gekoppelt. Ihre Intervalle haben die doppelte Frequenz wie die periodischen Formveränderungen des Tropfens. „Das ist Analog zu früheren Studien, nach denen die Oszillationen eines Leidenfrost-Sterns halb so schnell sind wie die Vibrationen in der darunterliegenden Dampfschicht“, erklären Singla und Rivera.

Auf Basis dieses Zusammenhangs ermittelten sie auch für ihre Tropfen die Schwingungsfrequenzen der Stern-Oszillationen und der Dampfschicht – und fanden Übereinstimmungen. Aus ihren Ergebnissen schließen die Forscher, dass die periodischen Summtöne nicht vom Tropfen selbst erzeugt werden, sondern aus dem unter ihm liegenden Dampfkissen stammen. „Wenn Dampf aus der Schicht unter dem Tropfen entweicht, interagiert er mit der umgebenden Luft und erzeugt so die Töne“, berichten sie.

Mechanismus wie bei einem Holzblasinstrument

Während die Intervalle dieser Summtöne unabhängig von der Größe des Tropfens sind, gilt dies für die Frequenz des Summens aber nicht: Je kleiner der Tropfen wird, desto höher ist der von seiner Dampfschicht erzeugte Ton. Im Experiment lag die Frequenz bei einem 1,4 Zentimeter großen Tropfen bei rund 100 Hertz, was einem tiefen Summen entspricht. Ein weniger als halb so großer Tropfen erzeugte dagegen einen Ton von rund 560 Hertz – das entspricht etwa der Note D über dem Kammerton A.

Der Grund für diese Frequenzunterschiede ist der Entstehungs-Mechanismus der Töne: Je kleiner der Tropfen wird, desto dünner ist auch die Dampfschicht unter ihm. Dadurch entweicht der Dampf durch eine schmalere Lücke in die Umgebung und wird dabei schneller. Das macht den resultierenden Ton höher.

Singla und Rivera vergleichen diesen Zusammenhang mit der Tonbildung bei einer Flöte oder einem anderen Holzblasinstrument. Denn auch bei diesen hängt die Tonhöhe von der Luftgeschwindigkeit und der Länge des Rohres ab. Beim Leidenfrost-Effekt entspricht dies dem Tempo des entweichenden Dampfs und der Größe des Dampfkissens. (Physical Review Fluids, 2020; doi: 10.1103/PhysRevFluids.5.113604)

Quelle: American Physical Society (APS)

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