Eiszeitliche Spätentwickler: Säbelzahnkatzen-Jungtiere waren eher Muttersöhnchen als Draufgänger, denn sie wurden erst relativ spät selbstständig, wie Fossilien aus Ecuador enthüllen. Demnach waren die Jungtiere von Smilodon fatalis auch mit zwei Jahren noch mit ihrer Mutter unterwegs. In ihrem Familienleben ähnelten die Eiszeit-Katzen damit eher den heutigen Löwen, obwohl sie ähnlich schnell heranwuchsen wie Tiger.
Starke Pranken, dolchartige Eckzähne und ein tödlicher Biss: Säbelzahnkatzen gehören zu den bekanntesten Vertretern eiszeitlicher Raubtiere. Diese heute ausgestorbene Großkatzenart könnte in unserer Region noch vor 28.000 Jahren ihre Beute gejagt haben. In Nordamerika sind vor allem in Asphaltgruben wie dem kalifornischen La Brea tausende Knochen von Säbelzahnkatzen erhalten. Weil diese aber durcheinanderliegen und aus verschiedenen Zeiten stammen, geben sie nur wenig Aufschluss über Familienleben und Sozialverhalten dieser Raubkatzen.
Zwei Jungtiere und ein Erwachsener
Neue Einblicke bietet nun jedoch ein Fossilfund aus Coralito in Ecuador. Denn anders als bei den Asphaltgruben wurden dort mehrere Säbelzahnkatzen gemeinsam von einem plötzlichen Tod überrascht, wie Ashley Reynolds und ihre Kollegen vom Royal Ontario Museum in Toronto berichten. Die Tiere starben offenbar bei einem katastrophalen Ereignis wie einer Flut, die sie in dem flachen, einst küstennahen Terrain überraschte.
Der Untersuchung der Knochen und Zähne nach stammen die Relikte von einer ausgewachsenen Säbelzahnkatze der Art Smilodon fatalis und zwei halbstarken Jungtieren – wahrscheinlich einem Männchen und einem Weibchen. Sie waren bei ihrem Tod mindestens zwei Jahre alt. „Die Fossilfundstelle von Coralito bietet uns damit einzigartige Einblicke in die Lebensgeschichte dieser ikonischen Säbelzahnkatzen“, sagen die Paläontologen.
Noch mit der Mutter unterwegs
Besonders spannend jedoch: Die beiden Jungtiere waren höchstwahrscheinlich Geschwister. Denn beide besaßen einen überzähligen Backenzahn – ein Phänomen, das bei Smilodon fatalis nur bei 2,4 bis sechs Prozent der Population auftrat. Auch bei heutigen Katzen sind solche Zusatzzähne selten und treten meist in Familien gehäuft auf. „Die Präsenz des Prämolaren P3 bei beiden Subadulten spricht deshalb dafür, dass diese beiden genetisch verwandt waren, wahrscheinlich Geschwister“, sagen Reynolds und ihr Team.
Das aber bedeutet: Auch mit zwei Jahren waren die beiden Smilodon-Jungtiere offenbar noch mit ihrer Mutter unterwegs. „Das liefert uns Indizien dafür, dass es bei Smilodon fatalis eine längere Periode der elterlichen Fürsorge gab“, erklären die Paläontologen. In Bezug auf ihr Familienleben ähneln die Säbelzahnkatzen damit eher den heutige Löwen als den Tigern. Während Tiger-Jungtiere schon mit einem Jahr selbstständig werden, bleiben Löwenjunge rund drei Jahre bei ihrer Mutter.
Einzigartige Kombination
In Bezug auf ihr Wachstum allerdings ähneln die Smilodon-Jungtiere wiederum eher den heutigen Tigern. Denn wie sie wuchsen auch die Säbelzahnkatzen relativ schnell heran. Das männliche Jungtier hatte mit zwei Jahren gut die Hälfte seiner späteren Körpergröße erreicht, das weibliche sogar 98 Prozent, wie die Forscher ermittelten. Ähnlich wie bei heutigen Tigern erreichten die Smilodon-Weibchen demnach früher ihr Endgewicht als die größeren Männchen.
„Zusammengenommen deuten diese Daten daraufhin, dass Smilodon fatalis eine einzigartige Strategie gehabt hat: Diese Säbelzahnkatzen kombinierten die schnelle Wachstumsrate der Tiger mit der verlängerten Wachstums- und Betreuungsperiode der Löwen“, erklären Reynolds und ihre Kollegen. (iScience, 2021; doi: 10.1016/j.isci.2020.101916)
Quelle: Royal Ontario Museum