Forscher haben einen neuen „Aggregatzustand“ des Lichts entdeckt – einen zuvor unbekannten Phasenübergang in einem Bose-Einstein-Kondensat aus Photonen. Bei diesem bilden tausende Lichtteilchen eine Art „Super-Photon“ aus koordiniert und einheitlich reagierenden Photonen. Dieses Gebilde kann unter bestimmten Bedingungen in einen neuen, „überdämpften Zustand“ übergehen, wie nun ein in „Science“ beschriebenes Experiment erstmals belegt.
Normalerweise sind Lichtteilchen eher unabhängig und lassen sich nicht so leicht von ihresgleichen beeinflussen. Deshalb können sich Lichtstrahlen normalerweise kreuzen, ohne sich zu behindern. Doch bestimmte Bedingungen können Photonen dazu bringen, miteinander wechselzuwirken – beispielsweise in einem optischen Bose-Einstein-Kondensat. In diesem „Super-Photon“ verhalten sich die Photonen einheitlich und wie ein einziges großes Teilchen und lassen sich durch eine einzige Wellenfunktion beschreiben.
Abgekühltes Licht
Jetzt haben Fahri Emre Öztürk von der Universität Bonn und seine Kollegen entdeckt, dass dieses „Super-Photon“ aus Lichtteilchen zwei verschiedene Zustände einnehmen kann. Entdeckt haben sie dies in Experimenten mit einem speziellen Farbstoff-Resonator, einer mit einer Farbstofflösung gefüllten Kammer zwischen zwei gekrümmten Spiegeln. Dieser Raum wird über einen Laser mit Photonen gefüllt, die zwischen beiden Spiegeln hin und her reflektiert werden.
Die Farbstoffmoleküle dienen als „Bremser“ für die Lichtteilchen: Sie nehmen ihnen Impuls und Energie und kühlen das System dadurch soweit ab, dass ein Bose-Einstein-Kondensat entsteht. Im Normalzustand oszillieren die Lichtteilchen in einem solchen Bose-Einstein-Kondensat einheitlich und das System kann ohne scharfe Grenze zu einem Photonen aussendenden Laser werden.
Scharfer Übergang zwischen zwei Zuständen
Doch wie Öztürk und seine Kollegen nun festgestellt haben, kann dieses System noch einen anderen, klar abgegrenzten Zustand einnehmen. Werden die Bedingungen leicht verändert, macht das Bose-Einstein-Kondensat einen Phasenübergang durch: Es wechselt vom normalen oszillierenden Zustand in eine sogenannte überdämpfte Phase, wie die Forscher berichten. Dieser Wechsel geschieht relativ abrupt an einer Art Umkipppunkt, an dem das System plötzlich sehr sensibel auf Veränderungen reagiert.
„In unserem Experiment ist der überdämpfte Zustand des optischen Bose-Einstein-Kondensats durch einen Phasenübergang von sowohl dem oszillierenden Zustand als auch einem üblichen Laser getrennt“, sagt Studienleiter Martin Weitz. „Anders ausgedrückt haben wir es mit zwei getrennten Phasen des optischen Bose-Einstein-Kondensats zu tun.“ Öztürk ergänzt: „Die von uns beobachtete überdämpfte Phase entspricht sozusagen einem neuen Zustand des Lichtfelds.“
Nützlich auch für die Quantenkommunikation
Die Ergebnisse sind nicht nur für die Grundlagenforschung interessant, sie könnten langfristig auch für die verschlüsselte Quantenkommunikation relevant sein. „Wenn in gekoppelten Lichtkondensaten geeignete quantenmechanisch verschränkte Zustände auftreten, kann das interessant sein, um quantenverschlüsselte Nachrichten zwischen mehreren Teilnehmern zu übertragen“, erklärt Öztürk.
Aufbauend auf ihren Experimenten wollen die Wissenschaftler nun weiter nach neuen Zuständen des Lichtfelds auch in mehreren gekoppelten Lichtkondensaten suchen, die in dem System ebenfalls auftreten können. (Science, 2021; doi: 10.1126/science.abe9869)
Quelle: Universität Bonn