Historischer Jungfernflug: Der Mars-Hubschrauber „Ingenuity“ hat seinen ersten Flug auf dem Mars absolviert. Er ist damit das erste menschengemachte Fluggerät, das in den Himmel eines fremden Planeten aufsteigt. Der autonome Flug dauerte gut 39 Sekunden und brachte die Mars-Drohne auf rund drei Meter Höhe. In wenigen Tagen sollen nun weitere, längere Flüge und Flugmanöver folgen.
Große Erleichterung beim Drohnen-Team der NASA: Noch letzte Woche sah es so aus, als könnte der ehrgeizige Plan doch noch scheitern. Zwar hatte der kleine Mars-Hubschrauber „Ingenuity“ die Landung unter dem Bauch des Marsrovers „Perseverance“ heil überstanden. Auch erste Tests im Preflight-Modus, bei dem sich nur die Rotoren am Boden drehten, liefen glatt. Doch als die NASA-Ingenieure die Drohne in den Flugmodus versetzen wollten, streikte das Fluggerät.
Probleme in letzter Minute
Es stellte sich heraus, dass ein Sicherheitssystem, der sogenannte „Watchdog“-Timer, den Übergang in den Flugmodus verhinderte – möglicherweise wegen eines Softwareproblems. Um Abhilfe zu schaffen, entschloss sich das NASA-Team um Projektleiterin MiMi Aung vom Jet Propulsion Laboratory (JPL), die Befehlssequenz für das Abheben der Marsdrohne leicht zu verändern und nochmals zum Mars zu senden.
Nachdem ein erster Hochgeschwindigkeits-Test der Rotoren am 16. April 2021 reibungslos funktionierte, hatte „Ingenuity“ endlich grünes Licht für seinen ersten Flug – den ersten Aufstieg eines menschengemachten Fluggeräts in den Himmel eines fremden Planeten. Weil der Mars zu weit entfernt für eine direkte Fernsteuerung ist, muss die Mars-Drohne ihre Flüge autonom absolvieren – geleitet von Sensoren und einem eigenen Navigationssystem.
Der erste Flug
Jetzt ist es geschafft: Seine ersten Flug absolvierte der Mars-Hubschrauber am Montag, dem 19. April 2021 um 09:34 Uhr unserer Zeit – 12:33 Uhr mittags nach Marszeit gerechnet. Nachdem die Rotoren auf Maximalgeschwindigkeit beschleunigt hatten, hob die 1,8 Kilogramm schwere Drohne langsam von der Marsoberfläche ab und stieg bis auf rund drei Meter Höhe. Dort schwebte sie rund 30 Sekunden lang, bevor sie kontrolliert wieder landete. Insgesamt hat dieser Erstflug 39,1 Sekunden gedauert.
„117 Jahre nachdem die Gebrüder Wright den ersten Motorflug auf unserem Planeten absolvierten, hat der Ingenuity-Helikopter der NASA diese erstaunliche Leistung nun auf einer anderen Welt vollbracht“, sagt NASA-Wissenschaftsadministrator Thomas Zurbuchen. „Auch wenn diese beiden Meilensteine der Fluggeschichte durch die Zeit und 278 Millionen Kilometer voneinander getrennt sind, werden sie nun für immer miteinander verknüpft sein.“
„Scheinbar unüberwindbare Herausforderungen“
Der erfolgreiche Erstflug belegt, dass ein motorisiertes Fliegen auf dem Mars grundsätzlich möglich ist – trotz dessen dünner Atmosphäre. Um dennoch genügend Auftrieb zu erzeugen, besitzt Ingenuity zwei gegenläufig rotierende, jeweils 1,20 Meter lange Propeller, die sich um ein Mehrfaches schneller drehen als gängige Hubschrauber-Rotoren. „Vom ersten Tag an musste unser Team immer wieder scheinbar unüberwindbare technische Herausforderungen überwinden“, sagt Aung.
Mit Erfolg, wie sich nun zeigt. Zeuge des historischen ersten Flugs der Mars-Drohne wurde der Mars-Rover Perseverance, der gut 60 Meter vom Startplatz des Mars-Hubschraubers entfernt stand. Er dient als Relaisstation für die Signale von Ingenuity, gleichzeitig haben seine Kameras auch dessen Flug aufgezeichnet. In den nächsten Tagen wird das NASA nun alle Daten und Bilder zum ersten Flug auswerten. Ist alles im Soll, könnte ab 22. April der zweite Flugtest folgen.
Rufzeichen „IGY“
Durch seinen ersten Flug bekommt der kleine Mars-Hubschrauber nun auch den amtlichen Status als ziviles Fluggerät: Die International Civil Aviation Organization (ICAO) – das für den zivilen Flugverkehr zuständige UN-Gremium – hat Ingenuity zu Ehren seines historischen Jungfernflugs ein offizielles Rufzeichen verliehen: IGY – kurz für Ingenuity. Der Ort seines ersten Fluges erhält nun ebenfalls ein offizielles Kürzel: JZRO für Jezero-Krater.
„Wir wissen noch nicht genau, wohin uns Ingenuity führen wird, aber die heutigen Ergebnisse zeigen, dass der Himmel – zumindest auf dem Mars – nicht die Grenze ist“, sagt NASA-Administrator Steve Jurczyk.
Quelle: NASA Jet Propulsion Laboratory