Atemluft für Astronauten: Der Marsrover Perseverance hat erfolgreich Sauerstoff aus der Marsatmosphäre extrahiert – es ist die erste Sauerstoffgewinnung auf einem fremden Planeten. Möglich wurde dies durch das Experiment MOXIE, das mithilfe von Hitze und Strom das Kohlendioxid der Mars-Atmosphäre spaltet und so Sauerstoff gewinnt. Noch ist die Ausbeute mit rund fünf Gramm O2 pro Stunde gering, aber künftige Anlagen könnten genügend Atemluft für Astronauten erzeugen.
Der Marsrover Perseverance ist erst seit wenigen Wochen auf dem Mars unterwegs und hat dennoch schon einige Pioniertaten vollbracht. In einem Video zeigte er uns erstmals, wie eine Marslandung aus Sicht einer Raumsonde aussieht, wenig später zeichnete sein Mikrophon erstmals die Geräusche auf, die beim Fahren auf der Marsoberfläche entstehen. Am 19. April 2021 gelang dann dem kleinen Begleiter von Perseverance, dem Mars-Hubschrauber Ingenuity, der erste Motorflug eines menschengemachten Gefährts auf einem fremden Planeten.
Sauerstoff aus der Marsatmosphäre
Jetzt gibt es einen weiteren Meilenstein: Zum ersten Mal ist es gelungen, auf einem fremden Planeten Sauerstoff aus der Umgebung zu gewinnen. Möglich wurde dies mit dem „Mars Oxygen In-Situ Resource Utilization Experiment“ (MOXIE) – einem kleinen Kasten von etwa der Größe eines Toasters, den Perseverance auf seiner Instrumentenplattform trägt. Am 20. April 2021 wurde MOXIE erstmals aktiviert – mit Erfolg.
MOXIE gewinnt Sauerstoff, indem es die dünne, aber kohlendioxidreiche Marsluft einsaugt und komprimiert. Dann wird das zu 94 Prozent aus CO2 bestehende Gas auf rund 800 Grad erhitzt und in einen Behälter mit zwei Elektroden geleitet. Dort findet eine Elektrolyse statt – die Spaltung des Kohlendioxids in Sauerstoff und Kohlenmonoxid. Der Sauerstoff sammelt sich an der Kathode und könnte beispielsweise als Atemgas genutzt werden, die Restgase strömen nach Filterung zurück in die Atmosphäre.
Fünf Gramm Sauerstoff pro Stunde
Bei seinem ersten Test erzeugte MOXIE auf diese Weise rund fünf Gramm Sauerstoff pro Stunde. Das ist zwar nicht sonderlich viel und entspricht nur rund zehn Minuten Atemluft für einen Astronauten. Aber es ist der Beleg dafür, dass die Technologie funktioniert – und das erste Mal, dass ein menschengemachtes Gerät Sauerstoff aus der Umgebung eines fremden Planeten gewinnt.
„Dies ist ein entscheidender erster Schritt zur Umwandlung von Kohlendioxid zu Sauerstoff auf dem Mars“, erklärt Jim Reuter von der NASA. Im Verlauf der nächsten beiden Marsjahre soll MOXIE noch mindestens neunmal Sauerstoff aus der Marsatmosphäre ziehen. Dabei wollen Wissenschaftler testen, wie gut das Verfahren zu unterschiedlichen Tages- und Jahreszeiten funktioniert. In der letzten Testphase soll MOXIE dann aufs Ganze gehen und auch neue methodische Varianten ausprobieren, darunter auch verschiedene Extraktionstemperaturen.
Ressource für künftige Marsmissionen
Wichtig ist die Sauerstoffgewinnung vor Ort vor allem für künftige bemannte Marsmissionen. „MOXIE ist nicht nur das erste Instrument, das Sauerstoff auf einem anderen Planeten gewinnt. Er ist auch der erste Vorreiter einer Technologie, die es künftigen Missionen erlauben werden, ‚vom Land‘ zu leben“, erklärt NASA-Wissenschaftlerin Trudy Kortes. Denn dank der Elektrolyse und weiterer Technologien könnten Astronauten oder ihre robotische Vorhut dann Sauerstoff, Wasser und andere Rohstoffe aus der Atmosphäre und dem Regolith des Mars erzeugen.
„Die Ergebnisse dieser Technologie-Demonstration machen Hoffnung für unser Ziel, eines Tages Menschen auf dem Mars zu sehen“, sagt Reuter. Denn um Astronauten auf dem Roten Planeten mit Atemluft zu versorgen und Treibstoff für den Rückflug zu bekommen, muss der Sauerstoff vor Ort gewonnen werden – ein Transport von der Erde wäre zu teuer und aufwändig. Allein um vier Personen mit einer Rakete von der Marsoberfläche ins All zu bringen, würden rund 25 Tonnen Sauerstoff als Raketentreibstoff benötigt.
Als Atemluft für Astronauten in einer Marsstation bräuchte man deutlich weniger: „Astronauten, die ein Jahr auf der Marsoberfläche verbringen, würden wahrscheinlich insgesamt nur rund eine Tonne benötigen“, erklärt MOXIE-Projektleiter Michael Hecht vom Massachusetts Institute of Technology (MIT). Um diese rund 26 Tonnen Sauerstoff auf dem Mars zu gewinnen, würden eine größere, rund eine Tonne schwere Version von MOXIE oder mehrere kleinere bereits ausreichen.
Quelle: NASA Jet Propulsion Laboratory