Astronomie

STARFORGE: 3D-Simulation einer Sternenwiege

Simulation zeigt die Sternbildung in Gaswolken so realistisch und detailreich wie nie zuvor

starforge
3D-Simulation einer 20.000 Sonnenmassen umfassenden Molekülwolke und der in ihr stattfindenden Sternbildungsprozesse. © Mike Grudić

Faszinierender Einblick: Astrophysiker haben die bislang realistischste und umfangreichste 3D-Simulation der Sternbildung entwickelt. Sie zeigt die Geburt von Sternen in einer gigantischen Gaswolke bis ins Detail. Neu ist vor allem, dass dieses Modell auch die zahlreichen Einflussfaktoren und Rückkopplungen miteinbezieht, die die Sternbildung prägen. Prozesse, die Millionen von Jahren dauern, lassen sich so im Zeitraffer nachvollziehen.

Ob unsere Sonne, Rote Zwerge oder Sternenriesen von mehr als der 100-fachen Sonnenmasse – alle Sterne gehen letztlich auf ähnliche Ursprünge zurück: Sie entstanden einst in gewaltigen Wolken aus kalten Gasen und Staub. Wenn Teile dieser Wolken durch Turbulenzen und Schwerkrafteinflüsse kollabieren, wird das Zentrum dieser Gasklumpen irgendwann so heiß und dicht, dass dort die Kernfusion zündet – ein neuer Stern ist geboren.

Komplexe Rückkopplungen

Doch was so einfach klingt, basiert in Wirklichkeit auf einem komplexen Gefüge aus physikalischen Wechselwirkungen. „Wie sich Sterne bilden ist eine zentrale Frage der Astrophysik. Aber die Antwort ist eine echte Herausforderung, weil eine so große Bandbreite an physikalischen Prozessen beteiligt ist“, erklärt Seniorautor Claude-André Faucher-Giguère von der Northwestern University. Hinzu kommt, dass die Sternbildung von einer Vielzahl an Rückkopplungen beeinflusst wird.

Die jungen Sterne werden einerseits von ihrer kosmischen Umgebung geprägt, umgekehrt üben sie selbst einen erheblichen Einfluss auf ihre Umgebung und damit die Bedingungen für weitere Sternengeburten aus. So verändern die Jungsterne das sie umgebende interstellare Medium durch ihre Strahlung, ihren Sternenwind und Materiejets, aber auch durch ihre Schwerkraft und bei sehr massereichen Sternen durch ihr frühes Ende in Supernovae.

All diese Prozesse in einer Simulation zu rekonstruieren, ist extrem aufwändig. Bisherige Ansätze haben sich daher meist entweder auf die Entstehung einzelner Sterne konzentriert oder aber großräumigere Prozesse in Sternenwiegen nachgebildet ohne bis auf die Ebene der Einzelsterne und ihrer Entwicklung hinunterzugehen.

Eine ganze Sternenwiege im Blick

Jetzt ist es Faucher-Giguère und seinem Team gelungen, sowohl die Bandbreite der Prozesse wie auch den Detailreichtum bis hinab auf den Einzelstern in einer 3D-Simulation nachzubilden. Die STARFORGE-Simulation zeigt die Entwicklung von Gas, Protosternen und Sternen in einer bis zu 100.000 Sonnenmassen umfassenden Gaswolke so realistisch und detailreich wie nie zuvor. Details und Videos zur Simulationen sind auf der Projektseite einsehbar.

„STARFORGE ist ein echter Quantensprung“, sagt Erstautor Michael Grudić von der Northwestern University. „Andere Modelle haben nur kleine Ausschnitte solcher Sternbildungswolken in hoher Auflösung simulieren können, aber nicht die gesamte Wolke. Aber ohne das große Ganze zu sehen, entgehen uns viele Faktoren, die die Entwicklung eines Sterns beeinflussen.“ Um die Masse an Daten und Prozessen zu verarbeiten, waren pro Simulationsdurchlauf bis zu drei Monate Rechenzeit auf einem der leistungsstärksten Supercomputer der Welt nötig.

protostellare Jets
Von einen Protostern ausgehende Materieströme – sie beeinflussen seine spätere Masse.© Mike Grudić

Wie protostellare Jets die Sternenmasse prägen

Die neue Simulation eröffnet nun neue Möglichkeiten, einige der offenen Fragen zur Sternbildung zu erforschen. So ist bislang unklar, warum die Sternbildung mit einer Dauer von mehren Millionen Jahren vergleichsweise langsam verläuft, was genau die spätere Masse eines Sterns bestimmt und warum Sterne meist als Mehrfachsysteme gebildet werden statt einzeln.

Eine erste wichtige Erkenntnis haben die Astrophysiker mithilfe von STARFORGE bereits gewonnen: Protostellare Jets – schnelle, energiereiche Ströme von Teilchen und Strahlung – sind entscheidend dafür, wie massereich ein Jungstern wird. Als sie ihre Simulation ohne solche Jets laufen ließen, waren die entstehenden Sterne viel zu groß. Erst nachdem die Forscher die Jetbildung mit einzogen, passte die Masse der Jungsterne zu den Umgebungsbedingungen.

„Jets stören den Einstrom des Gases in den Stern“, erklärt Grudić. „Sie wehen einen Teil des Gases weg und regulieren so seine Masse. Man hat schon früher angenommen, dass Jets diese Rolle spielen könnten, aber erst indem wir das gesamte System simuliert haben, verstehen wir nun, wie es funktioniert.“

Amboss der Schöpfung – so haben die Astrophysiker diese in ihrer 3D-Simulation nachgebildete Sternenwiege getauft.© NASA/ JPL-Caltech

Basis für universelle Phänomene

Darüber hinaus können Simulationen wie STARFORGE auch wichtige Informationen über größere Zusammenhänge liefern. „Wenn wir die Sternbildung verstehen, dann können wir auch die Galaxienbildung ergründen. Und indem wir die Galaxienbildung verstehen, lernen wir mehr darüber, woraus unser Universum gemacht ist“, sagt Grudić. Daher stelle die Sternbildung gewissermaßen die Brücke zu ganz fundamentalen Fragen dar.

„Wenn wir wissen wollen, woher wir kommen und wo unser Platz im Universum ist, müssen wir letztlich bei der Sternbildung anfangen“, betont der Forscher. Denn selbst die Atome, aus denen wir Menschen und unser Planet bestehen, sind einst in Sternen entstanden. (Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, 2021; accepted)

Quelle: Northwestern University

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