Gigant aus dem Outback: Paläontologen haben den bislang größten Dinosaurier Australiens entdeckt. Der zu den pflanzenfressenden Titanosauriden gehörende Australotitan wurde bis zu 30 Meter lang und könnte 60 Tonnen schwer geworden sein. Er ist damit einer der 15 größten Dinosaurier weltweit. Ob die Vorfahren dieses Kreidezeit-Riesen einst aus Asien oder Südamerika nach Australien kamen, ist allerdings unklar.
Ob Dreadnoughtus, Argentinosaurus oder Rapetosaurus: Die Titanosaurier gehören zu den größten und schwersten Landtieren, die je auf der Erde gelebt haben. Mit mehr als 20 Metern Länge und gut 60 Tonnen Gewicht übertrafen diese pflanzenfressenden Sauropoden viele ihrer Zeitgenossen um ein Vielfaches. Fossilfunde belegen zudem, dass die stämmigen Langhalssaurier vor rund 90 Millionen Jahren eine fast globale Verbreitung hatten: Sie kamen in Afrika, Südamerika und der Antarktis vor, drangen aber offenbar auch bis nach Europa nordwärts vor.
Knochenfunde im Outback
Jetzt haben Paläontologen um Scott Hocknull vom Queensland Museum in Brisbane und seine Kollegen auch in Australien einen riesenhaften Vertreter der Titanosauriden entdeckt. Entdeckt wurden die ersten fossilen Überreste des Kreiszeit-Reisen bereits im Jahr 2007. Doch es dauerte mehr als ein Jahrzehnt, um die fragilen, gut 90 Millionen Jahre alten Knochen aus dem Sedimentgestein des im Osten Zentralaustraliens liegenden Eromanga-Becken zu bergen und zu analysieren.
Bei den Funden handelt es sich um zehn Knochen und Knochenteile, darunter mehrere Bein- und Hüftknochen, sowie Teile der Arme und des Schulterblatts. Um die Details der Anatomie und Knochenmorphologie mit der anderer Titanosauriden vergleichen zu können, mussten die Forschenden zunächst alle Funde mittels Computertomografie scannen und in ein detailgetreues 3D-Modell umwandeln. „Mithilfe der 3D-Scans konnte ich tausende Kilogramm an Dinosauriersaurierknochen in meinem Laptop mit mir herumtragen“, sagt Hocknull.
Eine Familie von Riesen
Die Analysen ergaben: Bei dem Fund handelt es sich um eine neue Titanosaurier-Art – und den größten bisher bekannten Dinosaurier Australiens. Australotitan cooperensis hatte eine Hüfthöhe von rund sechs Metern, wurde mit Schwanz rund 25 bis 30 Meter lang und könnte bis zu 74 Tonnen gewogen haben. Damit erreichte der Australotitan die riesenhaften Maße seiner südamerikanischen Cousins und reiht sich unter die zehn bis 15 größten Dinosaurier der Erde ein, wie das Forschungsteam berichtet.
Aus den morphologischen Vergleichen geht zudem hervor, dass Australotitan eng mit drei weiteren vor gut 90 Millionen Jahren in Australien lebenden Sauropoden verwandt war. Ihre Überreste wurden ebenfalls in der Winton-Formation des Eromanga-Beckens, aber einige hundert Kilometer nördlich gefunden. „Es sieht so aus, als wären die größten Dinosaurier Australiens alle Teil einer großen glücklichen Familie gewesen“, so Hocknull.
Der Australotitan war dabei das größte Familienmitglied, gefolgt vom Wintonotitan, der besonders kräftige Hüften und lange Beine besaß. „Diamantinasaurus und Savannasaurus waren dagegen kleinerer Statur und sehr stämmig“, erklärt Hocknull. Alle diese Sauropoden lebten etwa zeitgleich, aber vermutlich in leicht unterschiedlichen Lebensräumen. Während das Habitat von Australotitan von häufigen Wechseln geprägt war, lebten die drei anderen Sauropoden in einem stabilen, von reicher und vielfältiger Vegetation geprägten Lebensraum. Warum dann ausgerechnet der Australotitan so groß wurde, ist bislang rätselhaft.
Wie kamen die Titanosaurier nach Australien?
Ebenso ungeklärt ist, wie die australischen Titanosaurier mit ihren Verwandten in anderen Erdteilen zusammenhängen. Stammbaumanalysen ergaben zwei sich widersprechende Möglichkeiten, nach denen die „Australier“ entweder eine Gruppe mit den südamerikanischen Titanosauriden bilden oder aber mit den asiatischen Vertretern dieser Familie. „Das würde bedeuten, dass es einen Faunenaustausch zwischen Australien und Südamerika oder aber zwischen Australien und Asien gegeben haben muss“, erklären die Paläontologen.
Das Problem jedoch: Während der Kreidezeit waren diese Kontinente keine direkten Nachbarn. Von Südamerika nach Australien hätten die Dinosaurier zwar auf dem Landweg gelangen können, dabei mussten sie aber die dazwischen liegenden Antarktis durchqueren und damit eine erhebliche Entfernung zurücklegen. „Der Faunenaustausch zwischen Asien und Australien hätte ebenfalls lange Distanzen und eine Überquerung von Ozeanen erfordert – was es auf den ersten Blick unwahrscheinlich macht“, so Hocknull und sein Team.
Allerdings legen jüngste Fossilfunde unter anderem in Nordafrika nahe, dass die Dinosaurier der Kreidezeit offenbar selbst tiefe Meeresarme überwinden konnten. Auch für Titanosaurier gibt es Hinweise auf die Überwindung solcher Wasserbarrieren. Zudem gab es damals zwischen Asien und Australien zahlreiche Inseln, die den Dinosauriern als „Trittsteine“ gedient haben könnten. Noch aber sind dies Spekulationen, wie auch Hocknell und seine Kollegen betonen: „Solange die genauen Abstammungslinien nicht geklärt sind, bleiben alle biogeografischen Hypothesen strittig.“ (PeerJ, 2021; doi: 10.7717/peerj.11317)
Quelle: PeerJ