Dass Jane Goodall mit „ihren“ Schimpansen zusammenlebte, provozierte viel Kritik und Skepsis. Dieses Misstrauen hielt erst recht an, als die Forscherin mit ihrer Methode Erkenntnisse gewann, die den damals gängigen Lehrmeinungen widersprachen.
Einfallsreich wie der Mensch
Die erste überraschende Erkenntnis, die Goodall bei ihren Forschungsarbeiten in Tansania gewann, beobachtete sie schon bei ihrem ersten Schimpansen-Kontakt im Oktober 1960: Das Männchen David Greybeard nutzte offenbar ein Werkzeug und benutzte es zur Nahrungssuche.
Goodall beobachtete, wie das Tier einen vorher sorgfältig ausgewählten Stock geschickt in die engen Ausgänge eines Termitenhügels steckte. Tief in dem Hügel bissen sich die Termiten daran fest und das Schimpansen-Männchen konnte den Stock mitsamt seiner Beute wieder herausziehen. Im Anschluss musste Greybeard die Insekten nur noch mit seinen Lippen von seiner Termiten-Angel absammeln und konnte sie verspeisen.
Geschickte Werkzeugmacher
Aber nicht nur zum Erbeuten von Insekten machten sich die Schimpansen natürliches Werkzeug zu Nutze: Goodall entdeckte, dass manche Tiere auch Steine als Hammer verwendeten, um Nussschalen zu knacken oder Früchte zu öffnen. Unter die Nuss oder das Obst legten sie vor dem Schlag manchmal zusätzlich noch einen flachen Stein, der als Amboss diente, denn der weiche Waldboden federte die Schläge ansonsten zu sehr ab.
Und das war noch nicht alles. Die Pionierin der Schimpansenforschung bemerkte bei weiteren Beobachtungen noch etwas Erstaunliches: Die Schimpansen stellten auch gezielt Werkzeuge her. War beispielsweise ein Trieb oder Stock nicht passend für die Jagd nach Termiten, entfernten die Primaten zunächst sorgfältig die Blätter des Asts und stutzen sie für ihr Vorhaben zurecht. Diese Entdeckung stellte die vorherrschende Definition vom Menschen als einziges Lebewesen, das Werkzeuge herstellen kann, auf den Kopf. „Wir müssen jetzt Werkzeug neu definieren oder Mensch neu definieren oder Schimpansen als Menschen akzeptieren“, soll Goodalls Mentor Louis Leakey geäußert haben, als er davon erfuhr.
Doch keine reinen Pflanzenfresser
Die nächste bahnbrechende Entdeckung machte Goodall etwas später: Sie fand heraus, dass Schimpansen gar keine reinen Pflanzenfresser sind und nur Nüsse, Früchte oder Blätter essen, wie zuvor angenommen. Stattdessen fressen sie ab und zu auch Fleisch. So beobachtete die junge Tierforscherin beispielsweise einen Affen dabei, wie er an dem Kadaver eines Kleintiers nagte.
Heute weiß man, dass sich der Fleischkonsum der Menschenaffen je nach Geschlecht der Tiere unterscheidet. Wissenschaftler um Geraldine Fahy vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig wiesen nach, dass bei wildlebenden Schimpansen im Dschungel der Elfenbeinküste hauptsächlich die Männchen die Fleischfresser sind, während die Schimpansenweibchen meist bei pflanzlicher Kost bleiben.
Auch überraschend war die Art und Weise, wie die Menschenaffen an ihre fleischhaltige Nahrung kamen: Meist beobachtete Goodall, dass die Schimpansen-Männchen gezielt Jagd auf Kleintiere und auch kleinere Affenarten machten und hinterher die Beute untereinander und manchmal auch mit Weibchen teilten. Dabei stellte die Forscherin fest, dass die Schimpansen nicht nur andere Affenarten angreifen, sondern sogar noch weiter gehen…