Archäologie

Mehr als nur die Nazca-Linien

Erdbilder gibt es fast überall

Wer „Geoglyphen“ hört, denkt meist an die Nazca-Linien in Peru – die weltweit wohl bekannteste Ansammlung von riesenhaften Scharrbildern. Doch sie sind keineswegs die einzigen Vertreter ihrer Art und auch keine Ausnahmeerscheinung. Stattdessen finden sich solche überdimensionierten Erdbilder fast überall auf der Welt und in unzähligen Varianten.

Atacama Giant
Dieser in die Erdoberfläche gescharrte Riese prangt an einem Hang in der Atacamawüste.© Jarcosa/ Getty images

In den Wüstenlack gescharrt

Die meisten Geoglyphen sind durch sogenannte extraktive Techniken entstanden: Ihre Schöpfer trugen die obersten Schichten des Bodens ab, um den kontrastierenden Untergrund freizulegen. In Wüstengebieten wie der Atacama, den Küstenwüsten Perus, dem trockenen Südwesten der USA oder dem Outback Australiens scharrten sie dafür den dunklen, von der Sonne oxidierten „Wüstenlack“ zur Seite, um helleren, unveränderten Boden freizulegen.

In Gegenden mit dichter bewachsenem Boden entfernten die Menschen die meist grasige Pflanzendecke, um den steinigen Untergrund freizulegen. Auf diese Weise sind die weißen Kalkbilder im Süden Englands entstanden, darunter das berühmte Weiße Pferd von Uffington oder der Riese von Cerne Abbas. All diesen negativen Geoglyphen ist gemeinsam, dass ihre Linien Vertiefungen der Oberfläche bilden.

Aufgehäuft aus Erde und Gestein

Anders ist dies bei den positiven Geoglyphen – Erdbilder, die durch additive Techniken geschaffen wurden. Für sie häuften die Menschen Erde oder Steine auf und bildeten so hunderte Meter lange Linien, Kreise oder Quadrate. In der Steppe Kasachstans wurden vor einigen Jahren mehr als 250 solcher Gebilde entdeckt – erkennbar waren sie erst mithilfe von Satellitenaufnahmen. Im Nahen Osten finden sich zahlreiche radähnliche Geoglyphen, die aus aufgehäuften Steinen bestehen.

Aus Erdwällen bestehen dagegen die „Effigy Mounds“ der präkolumbischen Indianer des Mississippi-Gebiets. Diese errichteten mehr als 200 aufgeschüttete Hügel in Form geometrischer Muster oder Tiere. Eines der bekanntesten dieser Hügelbilder ist der „Great Serpent Mound“ – ein 380 Meter langes Erdbild in Form einer gewundenen, am Ende eingerollten Schlange. Aber auch Erdbilder in Form von Vögeln, Bären, Panthern und Schildkröten hat diese kaum erforschte Kultur hinterlassen.

Erdbilder
Diese geometrischen Erdbilder wurden von Bewohnern des Amazonasgebiets geschaffen.© Jenny Watling

Versteckt im Regenwald

Selbst in dicht bewaldeten Gegenden haben Wissenschaftler inzwischen Geoglyphen entdeckt – darunter mitten im Amazonas-Regenwald. „Diese gewaltigen Erdarbeiten waren Jahrhunderte lang unter dem Regenwald verborgen“, berichtet Jennifer Watling von der University of Exeter. Einige wurden erst entdeckt, als der Wald gerodet oder abgebrannt wurde, andere haben Forscher bei der Laserabtastung des Untergrunds mittels LIDAR aufgespürt.

Die Amazonas-Erdbilder bestehen aus bis zu 300 Meter großen Kreisen, Quadraten oder Linien, die aus Gräben und Wällen von bis zu elf Meter Breite und vier Meter Höhe gebildet werden. Allein im brasilianischen Bundesstaat Acre haben Archäologen bislang rund 450 solcher Geoglyphen entdeckt.

Komplexe Konstruktion

Von seiner Konstruktion her eine Besonderheit ist eine Geoglyphe, die an einem Berghang in der Tscheljabinsk-Region in Russland entdeckt wurde. Sie zeigt das 218 Meter lange und 190 Meter hohe Abbild eines Elchs. Seine Umrisslinien bestehen aus einer Doppelreihe von dicht aneinander gefügten Begrenzungssteinen, die 30 bis 40 Zentimeter tief in den Boden eingegraben wurden. Zwischen ihnen wurde der Oberboden bis auf die darunterliegende Lehmschicht abgetragen. Diesen 4,50 Meter breiten, eingefassten Graben füllten die Erbauer dann mit kleineren, losen Steinen auf – ein enormer Aufwand.

Doch wer waren die Menschen, die diese gewaltigen Kunstwerke schufen?

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Das Geheimnis der Geoglyphen
Wer erschuf die riesenhaften Bodenbilder – und warum?

Mehr als nur die Nazca-Linien
Erdbilder gibt es fast überall

Wer erschuf die Geoglyphen?
Vom Steinzeitvolk bis zu den Angelsachsen

Abbilder des Himmels
Haben die Geoglyphen eine astronomische Bedeutung?

Götter, Totems und Stammeszeichen
Was steckt hinter den Tierfiguren-Geoglyphen?

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