Mysteriöse Häufungen: Folgen irdische Katastrophen und geologische Umwälzungen einem regelmäßigen Zyklus? Bisher ist dies umstritten. Doch jetzt haben Forscher neue Indizien für einen solchen „Puls der Erde“ gefunden. Bei der Analyse von 89 solcher Vorfälle aus den letzten 260 Millionen Jahren ergaben drei verschiedenen Methoden eine Häufung der Ereignisse alle 26,6 bis 27,5 Millionen Jahre. Was diese Periodizität auslösen könnte, ist allerdings noch völlig unklar.
Die Theorie ist nicht neu: Schon seit Jahrzehnten debattieren Wissenschaftler darüber, ob umwälzende geologische Ereignisse auf unserem Planeten periodisch sind. Erste Hinweise auf einen „Takt“ von rund 27 bis 30 Millionen Jahren fanden Geologen schon in den 1920er Jahren bei tektonischen Großereignissen. Seither haben Forscher einen ähnlichen Zyklus auch für marine und terrestrische Massenaussterben und Meeresspiegel-Tiefstände dokumentiert. Die Annahme eines solchen Zyklus bei Asteroideneinschlägen wurde dagegen 2017 widerlegt.
89 Ereignisse in den letzten 260 Millionen Jahren
Jetzt hat ein Team um Michael Rampino von der New York University die Periodizität irdischer Großereignisse noch einmal überprüft. „In den letzten 25 Jahren hat es signifikante Verbesserungen bei den radioisotopischen Datierungsmethoden gegeben“, erklären die Forscher. Das ermögliche es, viele Ereignisse heute präziser zu datieren und frühere Fehldatierungen zu korrigieren. Zudem setzten sie drei verschiedene statistische Methoden ein, um nach zeitlichen Auffälligkeiten zu suchen.
Diese Analyse führten die Wissenschaftler an 89 globalen Ereignissen aus den letzten 260 Millionen Jahren Erdgeschichte durch. Unter ihnen sind große Massenaussterben und Eruptionen von Supervulkanen und kontinentalen Vulkanprovinzen wie dem Dekkan-Trapp in Indien oder dem sibirischen Trapp. Außerdem erfassten sie Zeiten extremer Meeresspiegel-Veränderungen, aber auch tektonische Ereignisse wie das Zerbrechen von Superkontinenten oder Tempoveränderungen bei der Entstehung neuer Ozeankruste an den mittelozeanischen Rücken.
Häufung alle 26,9 bis 27,5 Millionen Jahre
Das Ergebnis: Die Ereignisse mit globaler Bedeutung sind nicht zufällig über die letzten 260 Millionen Jahre verteilt. Stattdessen bilden sie zehn Cluster, die jeweils rund 26,9 bis 27,5 Millionen Jahre auseinander liegen, wie die Forscher berichten. Diese Periodizität sei sowohl bei den Massenaussterben als auch bei den rein geologischen Ereignissen feststellbar. Der letzte dieser Cluster liegt dabei rund zehn Millionen Jahre zurück.
„Viele Geologen glauben, dass die zeitliche Abfolge geologischer Ereignisse völlig zufällig ist. Aber unsere Studie liefert statistische Belege für einen zugrundeliegenden Zyklus“, erklärt Rampino. „Die Ergebnisse sprechen dafür, dass die Erdgeschichte von größtenteils periodischen, koordinierten und teilweise katastrophalen Ereignissen geprägt ist.“ Diese periodische Abfolge bleibe auch mit neuen, präziseren Datierungen nachweisbar.
Irdische oder kosmische Taktgeber?
Doch was ist die Ursache für diesen „Puls der Erde“? Wie die Forscher erklären, sind viele klimatische und biologische Katastrophen eng mit fundamentalen geologischen Ereignissen verknüpft – beispielsweise Massenaussterben und Flutbasalt-Ausbrüche oder Meeresspiegelveränderungen und Plattentektonik. Daher wäre eine mögliche Erklärung, dass dieser Takt auf interne Prozesse unseres Planeten zurückgeht. Einer dieser Faktoren könnten Veränderungen in den Strömungen des Erdmantels sein.
Eine weitere Möglichkeit wäre, dass kosmische Einflüsse eine Rolle spielen. So kann der für die Eiszeiten mitverantwortliche Milankovitch-Zyklus des Erdorbits offenbar auch kürzere Schwankungen auslösen, die 27,5 bis 390 Millionen Jahre dauern. „Andererseits ist der Takt auch nahe an der Periode von rund 32 Millionen Jahren, in der das Sonnensystem durch die zentrale Eben unserer Galaxie wandert“, erklären Rampino und sein Team.
Es bleibt rätselhaft
Welche Ursachen hinter dem geheimnisvollen „Pulsschlag“ der Erde stecken, ist demnach alles andere als geklärt. Dass es einen solchen Takt aber gibt, davon sind zumindest Rampino und sein Team überzeugt: „Aber was auch immer die Ursache sein mag, das Timing der geologischen Großereignisse stützt die Annahme, dass es sich hier um eine periodische und koordinierte Abfolge handelt“, konstatieren die Forscher. (Geoscience Frontiers, 2021; doi: 10.1016/j.gsf.2021.101245)
Quelle: New York University