Zuwachs für die ISS: Ein neues Labormodul und ein elf Meter langer Roboterarm sind zurzeit auf dem Weg zur Internationalen Raumstation ISS. Der europäische Roboterarm ERA wird der erste sein, der auch den russischen Teil der Station erreichen kann. Er kann Lasten von bis zu acht Tonnen Gewicht transportieren und ferngesteuert seine Position wechseln. Das russische Labormodul Nauka bietet weiteren Platz für Experimente und eine zusätzliche Luftschleuse.
Mehr als 21 Jahre ist es her, dass Astronauten erstmals die Internationale Raumstation ISS bezogen haben. In dieser Zeit hat der internationale Forschungsstandort im All schon viele wertvolle Daten geliefert – vor allem für künftige bemannte Flüge zu Mond und Mars. Denn auf dieser Raumstation lässt sich testen, wie sich ein Langzeitaufenthalt im All auf die Gesundheit des Menschen auswirkt. Aber auch das Verhalten von Materialien, biologischen Zellen oder auch des Feuers in der Schwerelosigkeit verraten die orbitalen Experimente.
Neues Labormodul und dritter Arm
Jetzt bekommt die Internationale Raumstation Zuwachs. Am 21. Juli 2021 brachte eine russische Proton-Rakete von Kosmodrom Baikonur aus zwei neue Bauteile für die ISS in den Orbit. Eines davon ist das russische Labormodul Nauka, das schon lange geplant ist und nun nach einer zwischenzeitliche Konstruktionspause fertiggestellt wurde. Das 13 Meter lange und gut 20 Tonnen schwere Labormodul wird im russischen Teil der Station mehr Platz für Experimente bieten und der Station zusätzliche Antriebsdüsen verleihen.
Außerdem an Bord der Transportrakete ist der elf Meter lange europäische Roboterarm ERA. Er kann Teile von bis zu 8.000 Kilogramm Gewicht transportieren und mit einer Genauigkeit von fünf Millimetern am gewünschten Ort absetzen. Zudem soll er Astronauten bei Außeneinsätzen von einem Arbeitsort zum anderen befördern. Anders als die beiden schon existierenden Roboterarme der Station wird ERA vor allem den russischen Teil der ISS versorgen. Dafür wird der Arm außen am neuen Labormodul Nauka angebracht.
ERA kann mit beiden Enden greifen und loslassen
„Der europäische Roboterarm, der sich durch die russischen Segmente der Station hangelt, wird den Weltraumbetrieb durch mehr Freiheit, Flexibilität und Fähigkeiten bereichern“, sagt David Parker, ESA-Direktor für Astronautische und Robotische Exploration. Denn bei ERA könne beide Enden entweder als „Hand“ oder als Basis dienen. Dadurch kann sich der Roboterarm seine Verankerung flexibel wechseln, sich über die Station bewegen und seine Position verändern.
„ERA wird unter anderem dazu dienen, kleine Nutzlasten direkt aus dem Innern der Raumstation nach außen zu bringen, ohne dass dafür eigens ein Außeneinsatz der Astronauten nötig ist“, erklärt die ESA. Der Roboterarm kann aber auch Astronauten an ihren Einsatzort bringen oder mithilfe seiner vier Infrarotkameras die Außenhülle der Station oder Außenarbeiten überwachen. Viele Aufgaben soll ERA zudem automatisch oder halbautomatisch absolvieren, er kann aber auch von außen und innen ferngesteuert werden.
In seinem ersten Jahr auf der Raumstation bestehen die Hauptaufgaben von ERA darin, einen großen Radiator zu installieren und die Luftschleuse für Nauka einzurichten.
Andocken und Installation am 29. Juli
Installiert wird der neue Roboterarm erst am 29. Juli, wenn das neue Modul sich mit seinen Triebwerken aus seiner jetzigen Umlaufbahn in 200 Kilometer Höhe bis auf den Orbit der ISS in rund 400 Kilometer angehoben hat. Dies wird rund acht Tage dauern. In Vorbereitung auf das Andocken an das russische Modul Zvezda muss von diesem erst das alte Kopplungs- und Ausstiegsmodul Pirs abgetrennt werden. Dieses soll kurz darauf in der Atmosphäre verglühen.
Der Roboterarm ist während des Fluges zur ISS eingeklappt und außen an Nauka befestigt. Im Verlauf von fünf Außeneinsätzen werden Astronauten die Verriegelung des Arms lösen, seine Funktionen und Kommunikation testen und zwei weitere Kameras am „Ellenbogen“ von ERA anbringen.
Die aktuelle Mission ist Teil eines Programms, mit dem die ISS erneuert und ihre Lebensdauer verlängert werden sollen. „Unsere Heimatbasis im All wird ständig optimiert“, erklärt Parker. „Mit unserem Columbus 2030-Programm verleihen wir der Raumstation nach 20 Jahren in der Umlaufbahn ein ‚Midlife-Upgrade‘“. Dafür soll das europäische Labormodul Columbus durch neue Wissenschaftsracks, ultraschnelle Datenverbindungen und kommerzielle Plattformen ergänzt werden.
Quelle: ESA