Doppelter Nutzen? Forscher haben untersucht, wie gut sich zermahlenes Basaltgestein als geochemischer CO2-Schlucker eignet. Denn die Verwitterung des Gesteins bindet CO2, gleichzeitig erhöht es durch einen Düngeeffekt die CO2-Aufnahme der Vegetation. Streut man Basaltstaub über der Taiga, dem Regenwald oder anderen Naturlandschaften aus, könnte dies tatsächlich bis zu 2,5 Milliarden Tonnen CO2 jährlich binden, wie das Team im Fachmagazin „Nature Geoscience“ berichtet. Allerdings gibt es dabei mehrere große Haken.
Wohin mit dem CO2? Dank jahrelanger Stagnation im Klimaschutz wird immer deutlicher, dass die Klimaziele ohne sogenannte negative Emissionen nicht mehr zu erreichen sind. Gemeint sind damit Methoden des Geo-Engineering, durch die das Treibhausgas CO2 nachträglich wieder aus der Atmosphäre entfernt wird. Möglich ist dies unter anderem durch Aufforstung, durch direkte Abscheidung aus der Luft mittels Air-Capture oder durch Abscheidung aus den Abgasen der Biomasseverbrennung.
CO2-Capture durch chemische Verwitterung
Eine vierte Möglichkeit haben nun Daniel Goll von der Universität Augsburg und sein Team noch einmal näher untersucht: die Bindung von CO2 durch die chemische Verwitterung von Gesteinen. Dabei reagieren Silikatminerale mit dem im Bodenwasser gelösten CO2 zu kohlenstoffhaltigen Karbonaten. Diese werden als Karbonat-Ionen in Gewässer und Meere transportiert und werden dort von schalenbildenden Organismen aufgenommen oder lagern sich im Sediment ab.
Dieser Silikat-Karbonat-Kreislauf ist ein natürlicher Teil des irdischen Kohlenstoffkreislaufs und hat in der Erdgeschichte schon mehrfach das Klima entscheidend beeinflusst. So war die vermehrte Gesteinsverwitterung wahrscheinlich die Ursache für die Vereisung der Antarktis. Den CO2-schluckenden Verwitterungsprozess als eine Möglichkeit des Geo-Engineerings zu nutzen, wird schon länger diskutiert und erforscht, unter anderem mit Olivin als Ausgangsgestein.
Basaltstaub hat einen doppelten Effekt
Goll und sein Team haben dagegen zermahlenes Basaltgestein als Ausgangspunkt für ihre Modellrechnungen genutzt. Sie wollten wissen, wie viel CO2 sich binden lässt, wenn man Basaltstaub über von Natur aus eher nährstoffarmen Böden ausbringt. „Wenn wir diese Ökosysteme mit Basaltpulver bestäuben, gibt dieses beim Verwittern langsam Nährstoffe ab“, erklärt Koautorin Sibel Eker vom International Institute for Applied Systems Analysis in Österreich.
Dadurch wird das Pflanzenwachstum gefördert und der Basalt führt so neben der abiotischen CO2-Bindung zu einer verstärkten biotischen Bindung des Treibhausgases durch die Vegetation – so die Theorie. In ihrem Modell simulierte das Team Szenarien, bei dem zwischen einem und fünf Kilogramm Basaltstaub pro Quadratmeter über verschiedene Naturlandschaften verteilt wurden – von der sibirischen Taiga über Grünland und Wälder gemäßigter Breiten bis zu den Regenwäldern der Tropen.
Obwohl eine Ausbringungen über Ackerland einfacher wäre, wählten die Wissenschaftler bewusst Naturlandschaften, da sie dort einen stärkeren Düngeeffekt des Basalts erwarteten. Sie ließen ihr Modell 50-mal in verschiedenen Merkmalskombinationen für 50 Jahre laufen – so lange dauert es in etwa, bis der Basaltstaub größtenteils verwittert ist.
Bindung von Milliarden Tonnen CO2
Das Ergebnis: Die chemische Verwitterung von Basalstaub könnte nach einer Ausbringungen 50 Jahre lang global rund 2,5 Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr aufnehmen – das entspricht fast dem jährlichen CO2-Ausstoß Indiens. Rund die Hälfte davon geht auf die abiotische Verwitterung zurück, der Rest auf den Düngeeffekt. „Diese Ergebnisse deuten auf ein substanziell höheres CO2-Einfangpotenzial der Basaltverwitterung hin als zuvor ermittelt“, sagt Koautor Michael Obersteiner von der Oxford University.
Allerdings würde die Basaltausbringung nicht überall gleich viel zusätzliches CO2 binden. Am effektivsten wäre die Methode unter anderem in den tropischen Regenwäldern, weil dort die Basaltgabe den stärksten Düngeeffekt hat und die Bäume besonders viel CO2 aufnehmen. Ein weiterer Hotspot für die CO2-Bindung liegt in Sibirien, wo die Ausbringungen des Gesteinsstaubs ebenfalls die biotische CO2-Aufnahme stark erhöht, wie das Team berichtet.
Riesige Flächen und emissionsreicher Transport nötig
Der große Haken jedoch: Für die ermittelte Maximal-Aufnahme von 2,5 Gigatonnen CO2 pro Jahr müsste man den Gesteinsstaub über 55 Millionen Quadratkilometer verteilen – das ist eine größere Fläche als ganz Asien. Hinzu kommt das Transportproblem: Während der Basalt bei einer Ausbringung auf Äckern einfach im Rahmen der normalen Feldbearbeitung auf die Böden gebracht werden kann, müsste dies bei teils unzugänglichen Naturregionen wie der Taiga oder dem Amazonasregenwald primär per Flugzeug geschehen.
Doch der CO2-Ausstoß durch diesen Transport wäre schon bei einer Flugstrecke von mehr als 450 Kilometern höher als der Einfang-Effekt des Basalts. „Verfahren der beschleunigten Verwitterung von Gesteinsmehl sollten daher zuerst dort untersucht werden, wo das Einbringen des Gesteinsmehls mit relativ geringen zusätzlichen CO2-Emissionen verbunden ist und außerdem eine enge Kontrolle durch Wissenschaft und Gesellschaft sichergestellt werden kann“, kommentiert der nicht an der Studie beteiligte Biogeochemiker Andreas Oschlies vom Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel (GEOMAR).
Folgen für Ökosysteme unklar
Ein weiteres Problem: Die dafür nötigen Mengen Basalt zu fördern, zu zerkleinern und auszubringen, würde nicht nur Landschaften zerlöchern, auch der Energiebedarf und die Kosten wären erheblich – wie das Forschungsteam einräumt. Ihren Berechnungen nach würde dies für die maximale Ausbringungsmenge und damit den größten Bindungseffekt selbst im günstigsten Szenario 500 bis 1.000 US-Dollar pro gebundener Tonne CO2 kosten.
Auch die Folgen, die ein so massiver Eingriff in den Kohlenstoffkreislauf der Erde und die Boden- und Gewässerchemie hätte, sind bislang kaum kalkulierbar, wie Goll und sein Team erklären: „Eine Quelle der Sorge sind die Umweltfolgen eines massiven Basaltstaub-Eintrags in die natürlichen Systeme: Die Folgen der Ausbringungen auf die Eutrophierung aquatischer Systeme, auf die Artenvielfalt, auf Rückkopplungen von Biosphäre und Atmosphäre sowie die mögliche Verschmutzung von Luft, Wasser und Boden muss erst gründlich untersucht werden.“
Ähnlich sieht es auch Oschlies: „Diese Nebeneffekte sollten zunächst dort untersucht werden, wo die Ökosysteme relativ gut verstanden und auch gut zugänglich sind. Ein engmaschiges Monitoring von CO2-Entnahme und Nebeneffekten ist unbedingt erforderlich“, so der Forscher. Tests sollten daher auf Äckern und anderen Kulturflächen erfolgen, um das Risiko für noch ungestörte Ökosystem zu minimieren.
„Wichtiger Beitrag zum Klimaschutz“
Aber auch wenn noch einige Untersuchungen zu machen und Hürden zu nehmen sind, halten Goll und sein Team die CO2-Bindung durch die Verwitterung von Basalt für einen vielversprechenden Ansatz beim Kampf gegen den Klimawandel. „Wenn wir die damit verbundenen Herausforderungen überwinden können, könnte eine Basaltstaub-Ausbringung im Hinterland einen wichtigen Beitrag zum Erreichen der Klimaziele leisten“, schreiben die Wissenschaftler. (Nature Geoscience, 2021; doi: 10.1038/s41561-021-00798-x)
Quelle: International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA), Universität Augsburg