Klein beeinflusst Groß: Der Schwerkrafteinfluss der Planeten könnte nicht nur den elfjährigen Aktivitätszyklus der Sonne beeinflussen, sondern auch längere Zyklen, wie nun ein Modell nahelegt. Demnach verstärkt ein stochastischer Resonanzeffekt den Planeteneinfluss so stark, dass der solare Dynamo zwischen zwei Modi umspringt. Dies löst gut 200 Jahre dauernde Schwächephasen mit besonders geringer Sonnenaktivität aus, so die Theorie der Forscher.
Die Aktivität unserer Sonne folgt einem regelmäßigen Zyklus: Etwa alle elf Jahre erreichen Sonnenflecken und solare Ausbrüche ein Maximum, parallel dazu ändern sich die Plasmaströme im Sonneninneren und das Magnetfeld polt sich um. Wie genau dieser regelmäßige Takt jedoch zustande kommt, ist bisher erst in Teilen geklärt. Neben internen Faktoren wird auch ein Schwerkrafteinfluss der Planeten diskutiert – er ist allerdings stark umstritten.
Planetarer Effekt auch bei längeren Schwankungen?
Jetzt gibt es neue Argumente für einen planetaren Einfluss auf die Sonne. Forscher um Carlo Albert vom schweizerischen Wasserforschungsinstitut Eawag haben einen Effekt entdeckt, durch den die Planeten auch eine langfristige, den Elf-Jahres-Zyklus überlagernde Schwankung der Sonnenaktivität beeinflussen könnten. Dieser Suess-/ De-Vries-Zyklus dauert rund 210 Jahre und kann in dieser Zeit entweder normale Aktivität oder aber verringerte Amplituden der Sonnenzyklen hervorrufen.
„Mit einfachen mathematischen Modellen konnten wir zeigen, dass die Sonne im Prinzip zwei stabile Aktivitätszustände hat: einen aktiven Zustand mit großer Amplitude und hoher Sonnenaktivität sowie einen ruhigeren Zustand mit kleiner Amplitude und geringerer Sonnenaktivität“, erklärt Albert. Eine solche Ruhephase stand lange im Verdacht, an der Klimaabkühlung während der „Kleinen Eiszeit“ beteiligt zu sein. Inzwischen gelten jedoch Vulkanausbrüche als Hauptursache.
Resonanzeffekt verstärkt Effekt
Ungeachtet der möglichen Auswirkungen bleibt aber die Frage, was diese gut 200-jährigen Schwankungen der solaren Aktivität auslöst. „Wir gehen davon aus, dass die Sonne aufgrund von Turbulenzen in ihrem Inneren zwischen diesen beiden Zuständen hin und her springt“, erklärt Albert. Doch um dieses bistabile Systems zum Umkippen zu bringen, könnte ein äußerer Faktor eine Rolle spielen: der schwache Einfluss der Planetenbewegung.
Die Modellsimulation enthüllte, dass schon dieser winzige „Schubs“ ausreicht, um die Turbulenzen im Sonneninneren zu beeinflussen. Dabei kommt es zu einer Wechselwirkung, durch die das turbulente „Rauschen“ den äußeren Treiber massiv verstärkt – die Forscher bezeichnen diesen Effekt als stochastische Resonanz. Sie sorgt dafür, dass der eigentlich zu schwache Schwerkrafteinfluss der Planeten so weit verstärkt wird, dass er den „Kippschalter“ zwischen den beiden Zuständen des De-Vries-Zyklus umlegen kann.
Kommt die nächste Minimum-Phase?
Nach Ansicht von Albert und seinem Team zeigt dieses Ergebnis einen Weg auf, über den die Planeten nicht nur den Elf-Jahres-Zyklus, sondern auch die längeren Schwankungen der Sonnenaktivität beeinflussen könnten. Sollte ihre Theorie stimmen, dann könnte wir uns zurzeit am Ende einer aktiven Phase befinden. „Wir müssten langsam auf eine ruhigere Phase zusteuern“, sagt Albert. Tatsächlich könnte es erste Anzeichen dafür geben, dass sich die Elf-Jahres-Zyklen allmählich abschwächen. „Es dauert aber noch einige Jahre, bis wir sicher wissen, ob sich die Sonne wirklich in einem neuen Grand Minimum befindet“, betont Albert.
Dem Klimawandel wird diese Abschwächung der solaren Aktivität allerdings keine Einhalt gebieten können. „Leider wird sie, wenn sie denn tatsächlich eintritt, die menschengemachte Erwärmung kaum kompensieren, sondern im besten Fall nur vorübergehend etwas abbremsen können“, so der Forscher. (Astrophysical Journal Letters, 2021; doi: 10.3847/2041-8213/ac0fd6)
Quelle: Eawag