Kaffee hat nicht nur ein unverwechselbares Aroma, auch das Mundgefühl ist speziell: Selbst ohne Milch kann sich ein Espresso oder Kaffee cremig oder seidig anfühlen. Was dem Getränk diese Eigenschaften verleiht, haben nun Forscher untersucht. Das Ergebnis: Entgegen gängiger Annahme sind weder Lipide noch Zucker prägend für das Mundgefühl, sondern verschiedene Klassen kleiner, bisher wenig beachteter Moleküle.
Kaffee ist eines der beliebtesten Getränke weltweit. Sein einzigartiges Aroma, kombiniert mit dem Koffein als Wachmacher machen ihn für viele zum unentbehrlichen Begleiter durch den Tag. Schon der Duft des Kaffees reicht aus, um die Genaktivität unseres Gehirns zu verändern und uns beispielsweise in Mathe fitter zu machen. Frühere Analysen haben ergeben, dass der Geschmack des Kaffees auf mehr als tausend verschiedene Aromastoffe zurückgeht.
Fahndung mit Hightech-Analysen und Verkostung
Was aber verleiht dem Kaffee oder Espresso sein besonders Mundgefühl? Je nach Sorte und Zubereitung kann ein Kaffee weich und samtig schmecken, vollmundig und dicht oder aber eher kreidig und fast schon adstringierend. „Wir wissen, dass Kaffee Empfindungen ähnlich einer Textur vermitteln kann“, erklärt Christopher Simons von der Ohio State University. „Traditionell hat man dies auf die Zucker und Lipide im Kaffee zurückgeführt.“
Ob das stimmt, haben er und seine Kollegen nun in einer Kombination aus Verkostung und chemischer Analyse untersucht. Dafür bereiteten sie vier verschiedene Kaffeesorten zu und ließen das Mundgefühl von acht erfahrenen Kaffeetestern beschreiben. Als typische Attribute gelten beispielsweise Kreidigkeit, das Gefühl der Benetzung, die Härte oder Sämigkeit.
Dann begannen die Forscher, die Kaffees unter anderem mittels Chromatografie in immer stärker aufgetrennte Fraktionen zu zerlegen. Auch diese Teilkomponenten wurden wieder von den Testern verkostet. „Wir haben die Kaffees auf diese Weise zerlegt, um die Komponenten zu finden, die die Empfindungen hervorrufen, die wir als ‚Körper‘ bezeichnen“, erklärt Simons.
Kleine Moleküle bestimmen die Textur
Das Ergebnis: Anders als gedacht sind es nicht Zucker oder Lipide, die dem Kaffee seinen Körper oder Mundgefühl verleihen. Stattdessen identifizierten die Wissenschaftler mehrere Klassen sogenannter kleiner Moleküle, die dafür eine entscheidende Rolle spielen. So sind verschiedene Melanoidine für das Gefühl der Härte verantwortlich, das manchen Kaffeesorten eigen ist. Diese Verbindungen aus einem Einfachzucker und einem Amin entstehen während des Röstvorgangs der Bohnen.
Zwei weitere Moleküle, 3- und 4-Caffeoylchinasäure, verleihen dem Kaffee das Gefühl der Samtigkeit und Benetzung. Interessanterweise zeigte sich dabei jedoch, dass dieses Gefühl nicht mit steigender Konzentration dieser Inhaltsstoffe zunimmt. Stattdessen detektieren unsere Rezeptoren im Mund dieses weiche, mundschmeichlerische Gefühl nur bei geringem Gehalt dieser Verbindungen, wie das Team herausfand. Eine weitere Klasse kleiner Moleküle, die eine bestimmte Aminosäure enthalten, verleiht dem Kaffee das Mundgefühl der Kreidigkeit.
Rezeptor-Suche kommt als nächstes
„Dieser Ergebnisse liefern uns die molekulare Basis, um zu verstehen, wie die Verarbeitung und das Rösten den Körper und das Mundgefühl von Kaffee beeinflussen“, erklären die Forschenden. „Gleichzeitig können diese Erkenntnisse dazu beitragen, besser zu ergründen, wie und mit welchen Sensoren taktile Wahrnehmungen in unserem Mundraum stattfinden.“
Um letzteres näher zu erforschen, wollen die Wissenschaftler als nächstes herausfinden, ob es in unserem Mund Mechanorezeptoren gibt, die auf diese Klassen kleiner Moleküle reagieren. Das könnte erklären, warum Espresso und Kaffee nicht nur einen Geschmackseindruck hinterlassen, sondern auch eine spezielle Textur zu besitzen scheinen. (Fall meeting of the American Chemical Society 2021)
Quelle: American Chemical Society