Auch Galaxien produzieren Abgase – riesige Gaswolken, die nach oben und unten aus der Galaxienebene hinausgeschleudert werden. Jetzt ist es Astronomen erstmals gelungen, die Zusammensetzung dieses galaktischen Abgases zu messen. Dies bestätigt, dass einströmendes Gas primär aus Wasserstoff und Helium besteht, der Ausstrom dagegen durch unzählige schwerere Elemente „verschmutzt“ ist.
Gas ist der Rohstoff, aus dem Sterne entstehen und den Galaxien daher für ihr Wachstum benötigen. Fehlt dieser Nachschub, stockt auch ihre Sternbildung. Umgekehrt gibt eine Galaxie aber auch Gas an ihre Umgebung ab – Material, das unter anderem von Supernovae ausgeschleudert wird. Die Balance von Gaseinstrom – Akkretion- und Ausstrom ist ein wichtiger Einflussfaktor für das Wachstum, die Masse und Größe einer Galaxie.
Doch wie unterscheidet sich die Zusammensetzung der ein- und ausströmenden galaktischen Gase? Bisher konnten Astronomen dies nur vermuten. Denn die meisten Galaxien liegen so ungünstig in unserer Sichtachse, dass ihre Gasströme schlecht sichtbar oder unterscheidbar sind.
Galaktische Frisbee-Scheibe
Eine erste Chance, die „Abgasfahne“ einer Galaxie näher zu untersuchen, haben Astronomen nun mit der Galaxie Mrk 1486 erhalten, einer rund 500 Millionen Lichtjahre von der Sonne entfernten Sternansammlung, die gerade eine Periode sehr schneller Sternbildung durchlebt. Anders als die meisten anderen Galaxien kehrt Mrk 1486 uns ihre Schmalseite zu. Das ermöglichte es den Astronomen, die Ein- und Ausströme deutlich zu erkennen.
„Stellen Sie sich die Galaxie als eine rotierende Frisbee-Scheibe vor“, erklärt Erstautor Alex Cameron von der University of Oxford. „Das einströmende Gas tritt seitlich am Rand der Scheibe in die Galaxie ein und kondensiert, um neue Sterne zu bilden. Wenn dann diese Sterne wieder explodieren, schleudern sie neue Gase oben und unten aus der Galaxie hinaus.“ Dieses ausgeschleuderte Material ist bei Mrk 1486 klar erkennbar.
„Abgas“ enthält das halbe Periodensystem
Dadurch konnten Cameron, Ko-Erstautorin Deanne Fisher von der Swinburne University in Australien und ihre Kollegen erstmals beide Arten von Gasströmen bei Mrk 1486 beobachten und ihre Zusammensetzung ermitteln. Dies gelang ihnen mit einem hochauflösenden Spektrometer an einem Teleskop des Keck Observatory auf Hawaii. „Indem wir den sogenannten Keck Cosmic Web Imager einsetzten, konnten wir bestätigen, dass das einströmende Gas aus Wasserstoff und Helium besteht“, sagt Fisher.
Noch viel wichtiger jedoch: Die Messdaten belegen, dass das Gas, das aus der Galaxie austritt, tatsächlich deutlich „schmutziger“ ist als der Einstrom. Das „Abgas“ besteht demnach aus einer Mischung zahlreicher schwererer Elemente, darunter Sauerstoff, Kohlenstoff und Eisen. Die Astronomen konnten die spektralen Signaturen des halben Periodensystems in diesem Gas nachweisen, wie sie berichten.
Damit ist es dem Forschungsteam erstmals gelungen, den Abgasstrom einer Galaxie näher zu untersuchen. „Dies ist wichtig für die Astronomie, weil wir damit auch die Kräfte und Einflussfaktoren begrenzen können, die beeinflussen, wie Galaxien ihre Sterne produzieren“, erklärt Fisher. „Es bringt uns einen Schritt näher daran zu verstehen, wie und warum Galaxien so aussehen wie sie es tun – und wie lange sie erhalten bleiben.“ (The Astrophysical Journal, 2021; doi: 10.3847/2041-8213/ac18ca)
Quelle: ARC Centre of Excellence for All Sky Astrophysics in 3D (ASTRO 3D)