Von den ägyptischen Pyramiden, den Türmen gotischer Kathedralen bis hin zu den Wolkenkratzern unserer Tage – in der Baukunst wollte der Mensch schon immer hoch hinaus. „Auf, bauen wir uns eine Stadt und einen Turm mit einer Spitze bis zum Himmel…“, heißt es schon in der Bibel über den Turmbau zu Babel. Er symbolisiert exemplarisch das Kulturen und Länder übergreifende Streben des Menschen nach dem immer Höheren, den Wunsch, neue Dimensionen zu erobern.
Der Turm oder das Hochhaus erregen aber auch schon aufgrund ihrer schieren Größe Aufmerksamkeit, wecken Staunen über solche „Wunderwerke der Baukunst“ und die technischen Leistungen der Erbauer. Sie sind im wahrsten Sinne des Wortes herausragend und werden oft zum Wahrzeichen ihrer Stadt: Das Profil zeichnet sich weithin sichtbar gegen den Himmel ab und prägt so die Silhouette ihres Standortes, macht eine Stadt wie New York selbst als Schattenriss noch identifizierbar.
Der 11. September 2001
Doch spätestens seit dem 11. September 2001 haben Hochhäuser ihre Unschuld verloren: Ihr Anblick weckt nicht mehr nur Bewunderung und Faszination, sondern auch die Erinnerung an brennende Wolkenkratzer, Rauchwolken und den Einsturz der beiden Türme des World Trade Center. Sie hatten fast 30 Jahre lang Erfolg, Einfluss und wirtschaftliche Macht der USA symbolisiert.
Doch am Morgen des 11. September 2001 spielten sich in New York City Ereignisse ab, die die Welt verändern sollten: Zwei Flugzeuge, eine Gruppe zu allem entschlossener Selbstmordattentäter und 90.000 Liter Kerosin reichten aus, um die Zwillingstürme und eine ganze Reihe umliegender Gebäude dem Erdboden gleich zu machen. Nicht einmal zwei Stunden dauerte es, von 08:46 Uhr bis 10:28 Uhr Ortszeit, um den einstigen Stolz Manhattans in Schutt und Asche zu legen. Der Anschlag tötete mehr als 3.000 Menschen und löste weltweit Schock und Entsetzen aus.
Die Bilder der rauchenden Türme demonstrierten nachdrücklich, dass Großmachtstatus allein noch keine Unverwundbarkeit garantiert, dass Größe auch angreifbar machen kann – sei es im wörtlichen oder im übertragenen Sinne.
War der Einsturz unausweichlich?
Selbst im Reich der rekordversessenen Hochhauskonstrukteure löste der Anschlag auf das World Trade Center – zumindest eine Zeitlang – eine neue Nachdenklichkeit aus. Im Vordergrund vieler Diskussionen und Überlegungen stand dabei die Sicherheit der Gebäudegiganten: Wie kann ein Hochhaus vor den Folgen eines solchen Einschlags geschützt werden? Hätte eine andere, eine bessere Konstruktion vielleicht den Einsturz der Twin Towers verhindern können? Waren die Baubestimmungen zu lax? Wurde aus Geldmangel an der Sicherheit gespart? Reichen die Notfallpläne aus?
Gleichzeitig jedoch mehrten sich auch die Fragen nach dem generellen Sinn von Hochhausbauten: Lohnt sich angesichts der immensen Bau- und Unterhaltskosten und des zunehmenden Büroleerstands überhaupt noch die Investition? Sind Hochhäuser noch wirtschaftlich und damit zeitgemäß? Andererseits scheint die Faszination der Wolkenkratzer trotz der Ereignisse ungebrochen. Auch nach dem 11. September wurden überall auf der Welt – und auch in New York City – nach wie vor Hochhäuser geplant, entworfen und gebaut.