Mehr als nur Olympus Mons: Mehrere Caldera-Krater und hunderte Meter dicke Ascheschichten bestätigen die Existenz eines zuvor unerkannten Vulkantyps auf dem Mars – im Untergrund verborgene Supervulkane. Deren Ausbrüche förderten in der Frühzeit des Planeten mehrere Millionen Kubikkilometer Asche und Magma an die Oberfläche und bedeckten weite Teile der Region Arabia Terra mit ihren Auswürfen, wie Daten von NASA-Sonden belegen.
Dass der Mars einst vulkanisch aktiv war, ist nicht zu übersehen: Der Olympus Mons und die anderen kilometerhohen Schildvulkane der Tharsis-Region zeugen von den gewaltigen Lavamengen, die dort an die Oberfläche gelangten. Sie haben in einigen Gebieten riesige Lavahöhlen hinterlassen und könnten vielleicht sogar für einige der Mars-Canyons verantwortlich sein.
Verdächtige Krater
Doch schon seit einigen Jahren hegen Geologen den Verdacht, dass es auf dem Mars noch andere, weniger ins Auge fallende Formen des Vulkanismus gegeben haben könnte – im Untergrund verbogene Supervulkane. Ihre explosiven Ausbrüche erschaffen keine Feuerberge, sondern hinterlassen gewaltige, in die Oberfläche eingesenkte Krater und können mehr als 1.000 Kubikkilometer an Lava, Asche und anderem Vulkanmaterial ausschleudern.
Erste Indizien für solche marsianischen Supervulkane liefern mehrere große Krater in der Region Arabia Terra – einem zerklüfteten, den Tharsis-Vulkanen genau gegenüberliegenden Hochland auf der Nordhalbkugel des Mars. Die sieben rundlichen Senken von bis zu 100 Kilometer Durchmesser galten lange als Einschlagskrater, zeigen aber einige Merkmale, die nicht dazu passen. Schon länger wird daher diskutiert, ob es sich nicht um die Calderen einstiger Supervulkane handeln könnte.
Fahndung nach urzeitlicher Vulkanasche
Jetzt erhärtet sich dieser Verdacht: Patrick Whelley von der University of Maryland und seine NASA-Kollegen haben in Arabia Terra hunderte Meter dicke Aschenschichten identifiziert, die von diesen Supervulkanen stammen müssen. Für ihre Studie hatten sie Spektraldaten und Aufnahmen der NASA-Sonde Mars Reconnaissance Orbiter ausgewertet, in denen die Schichten einiger hochaufragender Kliffs und Kraterränder gut zu erkennen waren.
„Die Ablagerung von Vulkanasche hinterlässt einzigartige Mineral-Ensembles, die durch ihre Spektraldaten leicht von anderen Gesteinen zu unterscheiden sind“, erklären die Forscher. Typisch für solche Ascheschichten sind unter anderem aluminiumhaltige Schichtsilikate wie Montmorillonit, Imogolit und Allophan. Das Team ermittelte die Dicke dieser Ablagerungen und erstellte aus diesen Messdaten ein Modell, das die Verteilung dieser Aschen zeigte.
Hunderte Meter dicke Ablagerungen
Das Ergebnis: In weiten Teilen von Arabia Terra finden sich hunderte Meter dicke Schichten einstiger Vulkanaschen. Sie müssen in der Frühzeit des Mars im Verlauf zahlreicher großer Eruptionen abgelagert worden sein. „Die modifizierten Aschenablagerungen sind im Umkreis von 250 Kilometern um die Calderas bis zu einen Kilometer dick“, berichten Whelley und seine Kollegen. „Aber selbst in bis zu 3.400 Kilometer Entfernung von den potenziellen Vulkanen erreicht die Dicke dieser Schichten mindestens 100 Meter.“
Aus der Dicke und Verteilung dieser Ascheschichten schließen die Forscher, dass die Supervulkane im Westen von Arabia Terra zwischen 7,5 und 15 Millionen Kubikkilometer Asche und anderes Vulkanmaterial ausgeschleudert haben. „Diese Vulkane müssen demnach in der Frühzeit des Mars ähnlich viel Magma an die Oberfläche gefördert haben wie der Olympus Mons“, schreiben Whelley und sein Team.
Auf der Erde entsprächen diese Fördermengen am ehesten denen der urzeitlichen Flutbasalt-Eruptionen wie beispielsweise dem Sibirischen Trapp. Dieser spie vor rund 250 Millionen Jahren so viel Lava, Gase und Vulkanmaterial, dass davon noch heute ein Volumen von rund 1,7 Millionen Kubikkilometern erhalten ist.
Tausende Ausbrüche in der Frühzeit des Mars
Damit scheint klar: Auf dem Roten Planeten gab es früher nicht nur große Schildvulkane wie den Olympus Mons und seine Nachbarn, sondern auch Calderen erzeugende Supervulkane. Allein die sieben potenziellen Supervulkane von Arabia Terra könnten im Laufe von 500 Millionen Jahren tausende Male ausgebrochen sein – und jede dieser Eruptionen verteilte enorme Mengen an Asche und Vulkanmaterial über die Landschaft.
„Diese Ausbrüche müssen auch einen signifikanten Klima-Effekt gehabt haben“, erklärt Whelley. „Möglicherweise machte das freigesetzt Gas die Marsatmosphäre dichter, verschleierte die Sonne und führte so zu einer Abkühlung des Klimas.“ Eine solche Abkühlung durch Vulkaneruptionen hat sich auch auf der Erde schon mehrfach gezeigt. So könnte der Ausbruch des Supervulkans Toba vor 74.000 Jahren einen jahrelangen vulkanischen Winter verursacht und die irdische Ozonschicht geschädigt haben.
„Bei der Modellierung des marsianischen Klimas ist nun einige Arbeit zu leisten, um zu verstehen, welchen Einfluss die Supervulkane auf das Klima des Planeten hatten“, sagt Whelley. (Geophysical Research Letters, 2021; doi: 10.1029/2021GL094109)
Quelle: NASA