Nanotechnologie

Mikro-Transporter mit Lichtantrieb

Metastruktur bewegt "Metavehikel" allein durch Licht und macht sie steuerbar

Metavehikel
Forscher haben lichtgetriebene "Metavehikel" konstruiert, die Mikroobjekte oder wie hier eine Zelle vor sich herschieben können. © Denis Baranov/Chalmers University of Technology

Verblüffend simpel: Forscher haben winzige Vehikel konstruiert, die allein durch Licht angetrieben und gelenkt werden – und sogar Lasten transportieren können. Die wenige Mikrometer großen Plättchen tragen dafür eine Metastruktur auf ihrer Oberfläche, die das Licht je nach Polarisation unterschiedlich bricht. Das bewegt die „Metavehikel“ in die gewünschte Richtung und könnte vielfältige Anwendungen im Mikrotransport ermöglichen, so das Team im Fachmagazin „Nature Nanotechnology“.

Licht und andere Strahlung können auf vielfältige Weise mit Materie interagieren – auch indem sie Objekte in Bewegung versetzen. Im einfachsten Fall geschieht dies durch den reinen Strahlungsdruck, wie bei den Lichtsegeln experimenteller Mini-Raumschiffe. Auch die lichtbedingte Anregung chemischer Moleküle lässt sich dazu nutzen, Nanogetriebe und sogar winzige „U-Boote“ anzutreiben.

Steuerung mit licht
Durch Änderung der Intensität und Polarisation des Lichts wird das Metavehikel gesteuert. © Burke et al. /PNAS

Metastruktur als Antriebshilfe

Eine weitere Variante des Lichtantriebs haben nun Forscher um Daniel Andrén von der Technischen Hochschule Chalmers in Göteborg entwickelt. Das Herzstück ihres zehn Mikrometer langen und nur einen Mikrometer dünnen „Metavehikels“ ist eine Metaoberfläche – eine Nanostruktur, die das einfallende Licht auf spezifische Weise verändert und bricht. Solche Metastrukturen können beispielsweise Laserstrahlen in maßgeschneidertes Korkenzieher-Licht verwandeln oder Hologramm-Videos erzeugen.

Umgekehrt beeinflusst die Manipulation des einfallendes Licht auch die Metastruktur: „Es kommt zu einem Austausch von linearem Impuls und Drehimpuls zwischen Licht und Materie „, erklären die Forscher. „Nach Newtons drittem Gesetz bedeutet dies: Wenn das Licht auf die Metastruktur trifft und in eine neue Richtung gebrochen wird, bewegt dieser Impuls die Metaoberfläche in die andere Richtung.“ Diesen Effekt haben die Forscher genutzt.

Lichteigenschaften bestimmen Tempo und Richtung

Der Clou ihres neuen Lichtantriebs ist das spezielle Design der Metastruktur. Sie besteht aus nanometerkleinen Siliziumdioxid-Säulchen, die in Reihen auf einem Siliziumscheibchen stehen. Die Größe und Anordnung der Nanosäulchen ist so angepasst, dass schon schwaches Licht reicht, um das gesamte Gebilde in eine Richtung vorwärts zu bewegen. Je stärker die Lichtintensität, desto schneller bewegt sich das Vehikel.

Das Steuern erfolgt dagegen über die Polarisation des eingestrahlten Lichts: Ändert man die Schwingungsrichtung des Lichts, beeinflusst dies den Brechungswinkel der Metastruktur und damit die Richtung der antreibenden Kraft. Das Metavehikel steuert dadurch nach links oder rechts, macht eine Kehrtwende oder fährt im Kreis., wie das Team erklärt.

Metavehikel als Minifähren

Aber wie gut funktioniert das in der Praxis? Das testeten Andrén und seine Kollegen, indem sie ihre Metavehikel in eine Petrischale mit Wasser setzten. Als sie die Gebilde mit einem nur lose fokussierten Laserstrahl bestrahlten, setzten sich die auf dem Grund liegenden Metavehikel prompt in Bewegung. Durch Manipulation des Laserstrahls konnten die Forscher die Metavehikel gezielt verschiedene komplexe Routen abfahren lassen. „Die Metavehikel waren stabil und ihre Navigation war hochgradig berechenbar und kontrollierbar“, berichtet Andrén.

Und nicht nur das: Die winzigen Fähren konnten sogar andere Objekte vor sich herschieben und damit als Transporteure agieren. Neben kleinen Polystryrol-Kügelchen und lebenden Hefezellen schoben die Metavehikel sogar ein Staubkorn durch die Petrischale, das 15-mal größer war als sie selbst.

So funktionieren die lichtgesteuerten Metavehikel.© Chalmers University of Technology

Vielseitig anwendbar

Nach Ansicht der Wissenschaftler demonstriert dies, dass sich Metastrukturen zur Fortbewegung und Steuerung von Mikroobjekten einsetzen lassen. „Wir zeigen, dass es möglich ist, Metavehikel zu konstruieren, die sich mithilfe von Licht frei über eine Oberfläche bewegen und die durch die Kontrolle der Polarisation gesteuert werden können“, schreibt das Team. „Mit fortgeschrittenen Feedback-Systemen und einer noch besseren Kontrolle der Intensität und Polarisation der Lichtquelle ließe sich die Komplexität der Bewegungen sogar noch steigern.“

Mögliche Anwendungen für solche Metavehikel wäre der kontrollierte Transport beispielsweise von Zellen oder anderen Mikroobjekten. Mithilfe der Metastrukturen könnten aber auch neuartige Molekülsensoren, optische Pinzetten und Greifer oder andere durch Licht gesteuerte Instrumente konstruiert werden. (Nature Nanotechnology, 2021; doi: 10.1038/s41565-021-00941-0)

Quelle: Chalmers University of Technology

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