Fürs Fliegen optimiert: Dieses Flugsaurier-Fossil aus dem Solnhofer Plattenkalk enthüllt, dass die urzeitlichen Flugechsen eine raffinierte Anpassung ans Fliegen besaßen. Die Muskelstränge ihres Nackens waren zu einem Dreieck verbreitert, das ihnen eine aerodynamische Körperform verlieh und Turbulenzen minimierte. In dieser Aufnahme sind diese Muskeln an der hellrosa-farbenen Fluoreszenz zu erkennen.
Sie waren die ersten Wirbeltiere, die sich in die Lüfte erhoben: Flugsaurier dominierten mehr als 150 Millionen Jahre lang den Luftraum unseres Planeten – von der Von der späten Trias vor 215 Millionen Jahren bis zu ihrem Aussterben am Ende der Kreidezeit vor 66 Millionen Jahren. Die Pterosaurier brachten dabei bereits eine Fülle verschiedenster Arten und Lebensweisen hervor. Die Spanne reicht von nur möwengroßen Winzlingen bis zu Riesen mit zwölf Metern Flügelspannweite.
Fossil im Laserlicht
Warum selbst die Riesen unter den Urzeit-Fliegern lange in der Luft bleiben konnten und warum viele Flugsaurier die Kunst des Langsamfliegens beherrschten, könnte nun dieses Fossil aus dem Solnhofer Plattenkalk verraten – der Gesteinsformation, in der auch die berühmten Fossilien des Archaeopteryx gefunden wurden. Der feinkörnige Kalk hat diesen Flugsaurier fast perfekt konserviert – selbst Reste seiner Federn, Muskeln und sonstigen Weichteile sind noch erhalten.
Diese haben sich Forscher um Michael Pittman von der Universität Hongkong zunutze gemacht, um das Fossil aus dem Jurazeitalter mit einer speziellen Methode zu untersuchen – der laserstimulierten Fluoreszenz. Dafür wird das Objekt mit blauem Laserlicht bestrahlt. Dies regt Atome in den versteinerten Geweben an und erzeugt ein fluoreszierendes Leuchten, das je nach Gewebe eine unterschiedliche Farbe hat.
Cape aus Muskelgewebe um die Schultern
In dieser Aufnahme ist die farbige Fluoreszenz des Fossils gut zu erkennen: Knochen leuchten beige oder grünlich, Weichteile wie Muskeln dagegen in hellrosa. Am Hals des Pterosauriers tritt dadurch eine Muskelstruktur hervor, die seine Schultern und den Flügelansatz wie ein kurzes Cape zu umhüllen scheint. Die von Haut und Muskeln gebildete Struktur sorgt für einen fließenden Übergang vom langen schmalen Hals zu den kräftigen Brustmuskeln und dem Flügelansatz.
Die Paläontologen sehen darin eine Anpassung, durch die der Flugsaurier seine Aerodynamik verbessern konnte. „Diese Struktur machte die Konturen der Flügelansätze stromlinienförmiger“, erklären Pittman und seine Kollegen. Ähnlich wie aerodynamische Verkleidungen bei Flugzeugen sorgte dies dafür, dass der Luftwiderstand der Saurierschultern sank und der Luftstrom keine starken Turbulenzen erzeugte. Auch Vögel und Fledermäuse besitzen aerodynamische „Verkleidungen“ – allerdings bestehen ihre nicht aus Muskeln, sondern nur aus Fell oder Federn.
Die muskuläre Schulterverkleidung des Pterosauriers könnte jedoch nicht nur seinen Luftwiderstand verringert haben – möglicherweise half das muskelbepackte „Cape“ auch beim Flügelschlag und verlieh ihm im Flug zusätzliche Kraft und Wendigkeit. Dank seiner Fähigkeit zu schnellen Flugmanövern konnte dieser kleine Flugsaurier wahrscheinlich sogar Insekten jagen. (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2021; doi: 10.1073/pnas.2107631118)
Quelle: Proceedings of the National Academy of Sciences