Kosmisches Wasser: Astronomen haben das bisher fernste und älteste Wasser in einer Galaxie nachgewiesen. Sie entdeckten die Infrarot-Signatur zahlreicher H2O-Moleküle in einem 12,88 Milliarden Lichtjahre entfernten Galaxienpaar mithilfe der ALMA-Teleskope in Chile. Der Wassernachweis belegt, dass es schon rund 780 Millionen Jahre nach dem Urknall reichlich Wassermoleküle in den ersten sternbildenden Galaxien gab.
Wenige hundert Millionen Jahre nach dem Urknall durchlebte das junge Universum einen entscheidenden Wandel: die ersten Sterne entstanden. Erst in ihnen entstanden durch die Kernfusion von Wasserstoff die ersten schwereren Elemente wie Sauerstoff und Kohlenstoff. Gleichzeitig leitete die harte Strahlung der neuen Sterne die Reionisierung ein – die bis dahin neutralen Wasserstoffwolken des Kosmos wurden ionisiert.
Massereiche Sternenfabrik des frühen Kosmos
Einen neuen Einblick in diese wichtige Frühphase des Kosmos haben nun Astronomen um Sreevani Jarugula von der University of Illinois erhalten. Sie hatten ein fernes Paar sternbildender Galaxien mit den leistungsstarken Radioteleskopen des Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) beobachtet. Die beiden Galaxien SPT0311-58 liegen rund 12,88 Milliarden Lichtjahre von uns entfernt und existierten demnach schon rund 780 Millionen Jahre nach dem Urknall – mitten in der Epoche der Reionisierung.
„Diese Doppelgalaxie ist die bisher massereichste aus dieser Entfernung bekannte“, erklärt Jarugula. „Indem wir Gas und Staub dieser Galaxien untersuchen, erfahren wir mehr über ihre Eigenschaften, beispielsweise wie schnell sie Sterne bildeten, wie viel Gas in diese Sterne eingebunden wird und wie die Galaxien miteinander und mit dem interstellaren Medium interagieren.“
Molekülen auf der Spur
Welche Moleküle in welcher Dichte in diesen „Sternenfabriken“ des frühen Kosmos vorlagen, habe die Astronomen nun mithilfe von ALMA untersucht. „Diese Galaxie enthält mehr Gas und Staub als andere Galaxien des frühen Universums und gibt uns damit besonders gute Chancen, dort Moleküle zu beobachten“, so Jarugula. „Das hilft uns besser zu verstehen, wie diese lebensschaffenden Elemente die Entwicklung des frühen Universums geprägt haben.“
Nachweisbar sind die fernen Moleküle über die Radiowellenspektren der fernen Galaxien. In ihnen regt das harte UV-Licht der jungen Sterne die Gasmoleküle in ihrer Umgebung an, die dadurch charakteristische Kennlinien im Strahlungsspektrum hinterlassen. Durch die Wechselwirkung mit dem galaktischen Staub und die Rotverschiebung des Lichts so ferner Objekte sind diese spektralen Kennlinien im Radio- und Mikrowellenbereich nachweisbar.
Fernstes Wasser in einer Galaxie
Die spektralen Analysen enthüllten: Das interstellare Medium in diesem Galaxienpaar enthält neben Wasserstoff und Helium auch schon größere Mengen an Kohlenmonoxid (CO) und Wasser (H2O). Nach molekularem Wasserstoff gelten sie als die zweit- und dritthäufigsten Moleküle des frühen Kosmos. Der Nachweis der Moleküle in SPT0311-58 bestätigt nun, dass sie schon relativ kurze Zeit nach Beginn der Sternbildung und der Reionisierung reichlich vorhanden waren.
„Wir haben sowohl Wasser als auch Kohlenmonoxid-Moleküle in der größeren der beiden Galaxien von SPT0311-58 nachgewiesen“, berichtet Jarugula. Dies sei der bisher früheste Nachweis von Wasser in einer regulären, sternbildenden Galaxie. Gleichzeitig repräsentieren die neuen Daten die bisher detaillierteste Studie molekularer Gase in einer solchen frühen Sternansammlung.
„Unsere Studie verrät uns nicht nur, wo und wie weit entfernt es Wasser im Universum gibt, die Galaxie und ihr Gas werfen auch eine entscheidende Frage auf: Wie konnte sich so früh im Universum schon so viel Staub und Gas ansammeln?“, so Jarugula. Bisher ist dieses Rätsel der frühen Galaxienbildung nicht gelöst. „Wir müssen daher diese und weitere frühe sternbildende Galaxien weiter untersuchen, um Antworten zu finden“, sagt der Astronom. (The Astrophysical Journal, Preprint; arXiv: 2108.11319)
Quelle: National Radio Astronomy Observatory (NRAO)