Technik

Wieso Gas eine Schlüsselrolle spielt

Energiewende zu mehr Klimafreundlichkeit

Symbildbild Heiztechnik
© GettyImages, frankoppermann

Fossile Energieträger sind ein Auslaufmodell. Erst kürzlich wurde dies auf der Weltklimakonferenz in Glasgow offen postuliert. Neben Kohle und Erdöl ist auch Erdgas ein fossiler Brennstoff. Als Übergangstechnologie für die Energiewende bleibt das Gasgemisch trotz kritischer Stimmen entscheidend. Allerdings plant man längst den Umstieg auf klimaneutrale Gase.

Nur mit einer raschen Energiewende lässt sich dem wissenschaftlich deklarierten Klimanotstand entgegensteuern. Durch unterschiedliche Maßnahmen beschreitet die Bundesrepublik diesen Weg. Fragen zur Installation grüner Heiztechnologien in Bestandshäusern und Neubauten wurden beantwortet und alternative Energien wie Wind- und Solarstrom werden gefördert. Um fossile Energieträger unattraktiver zu machen, fällt seit diesem Jahr außerdem die CO2-Steuer an. Kritische Stimmen bemängeln trotzdem, dass noch nicht genug für die Klimaziele getan wird. Die Rufe nach dem Kohleausstieg werden immer lauter. Anders als 2019 beschlossen, soll das letzte Kohlekraftwerk in der Bundesrepublik nun nicht erst 2038 abgeschaltet werden. Ein aktuelles Sondierungspapier der Ampelparteien peilt vielmehr 2030 als Ausstiegszeitpunkt an. Aus gutem Grund, denn Braunkohle gilt als klimaschädlichster Energieträger. Im ersten Halbjahr 2021 war der Brennstoff bei der Stromerzeugung dennoch der wichtigste. Gas könnte dabei helfen, dies zu verändern. Nicht nur im Stromsektor: Auch hinsichtlich der Mobilität und Industrie könnten Gase einen Beitrag zur Emissionsminderung leisten.

Grünes Gas mit Zukunftspotential

Rund 100 Milliarden Kubikmeter Erdgas werden in Deutschland jedes Jahr verbraucht. Verglichen mit Braunkohle verursacht der fossile Energieträger zumindest halb so viele CO2-Emissionen. Auch Erdöl hat eine vergleichsweise hohe Kohlendioxid-Bilanz. Um etwa 25 Prozent übersteigt die Energiegewinnung daraus die Erdgasverbrennung. Vor diesen Hintergründen spielt das Gas in den Emissionsreduktionsszenarien der Internationalen Energieagentur eine Schlüsselrolle, so insbesondere im Rahmen des weltweiten Kohleausstiegs. Trotzdem weisen kritische Stimmen darauf hin, dass sich Kohle und Öl nicht einfach mit Erdgas ersetzen lassen. Um dem Pariser Klimaabkommen gerecht zu werden, müsste der Erdgasverbrauch auf dem Weg zum 1,5-Grad-Ziel innerhalb der kommenden fünf Jahre leicht sinken. Danach ist eine Absenkung von jährlich vier Prozent erforderlich. Bis zur Jahrhundertmitte peilt man für das weltweite Energiesystem komplette Klimaneutralität an. Insgesamt müssten die deutschen Emissionen dabei um mindestens 95 Prozent zurückgehen.

Erreichbar ist das nur, wenn der Energiemix bis spätestens 2050 ganz ohne Erdgas auskommt. Der Grund: Bei der Förderung und dem Transport des Energieträgers tritt Methan in die Atmosphäre. Jenes ist laut Weltklimarat noch klimaschädlicher als das Kohlendioxid. Obwohl konventionelle Brennstoffe wie Kohle im Vergleich zu Erdgas ein noch negativeres Image haben, muss so auch der deutsche Erdgasverbrauch sinken. Eine große Herausforderung ist das vor allem für die Industrie. So insbesondere im Hinblick auf Herstellungsprozesse mit exakter Wärmezufuhr, wie sie beispielsweise in der Nahrungsmittelverarbeitung vorkommen. Eine Lösung erkennen einige Wissenschaftler in grünen Gasen. Unterschiedliche Möglichkeiten spielen in diesem Kontext eine Rolle. Allen voran

  1. die Umstellung auf Biogas aus der natürlichen Zersetzung organischer Materialien.
  2. der Einsatz von Gasen, die aus erneuerbarem Strom erzeugt werden (Power-to-Gas)

Beinahe 500.000 Kilometer umfasst das deutsche Erdgasnetz. Diese Infrastruktur aus Leitungen und Speichern ließe sich künftig ohne Um- und Ausbauten für grünes Gas benutzen. Viele Experten erkennen darin wesentliches Zukunftspotenzial.

Power-to-Gas für höhere Flexibilität

So funktioniert Power-to-Gas: Wasser lässt sich unter Zuhilfenahme von Strom mittels Elektrolyse in Sauer- und Wasserstoff aufspalten. Der so gewonnene Wasserstoff kann unmittelbar genutzt oder zu Energieträgern wie Diesel und Methanol verarbeitet werden. Bereiche wie die Mobilität und chemische Industrie könnten dadurch ihren Erdgasbedarf senken und verursachen weniger Emissionen.

Dass Erneuerbare Energien aus Sonne und Wind die Zukunft gehört, ist unstrittig. Leider fließen sie nicht auf Knopfdruck, sondern unterliegen wetterabhängigen Schwankungen. Bisher gehen bei Erzeugungsspitzen sowie Nachfrageflauten viele Kilowattstunden grüner Strom verloren. Auf dem Weg zur Klimaneutralität muss die Effizienz und Flexibilität erneuerbarer Energieversorgungsmöglichkeiten steigen. Hier setzt die Power-to-Gas-Technologie an. Überschüssiger Strom kann künftig dazu dienen, Wasserstoff zu erzeugen. Dadurch ermöglicht das Verfahren die Speicherung grüner Solar- und Windenergie. Bei einem wachsenden, aber noch immer schwankenden Anteil erneuerbarer Energien bleibt so Flexibilität erhalten.

Biogas als Ergänzung zu Wind- und Sonnenenergie

Mit der Umstellung von Erdgas auf Biogas könnte die Industrie künftig bedeutende Emissionen einsparen. Nicht nur wird durch Biogas die biologische Abfallwirtschaft gefördert, indem organischer Abfall zur Energiegewinnung wiederverwertet wird. Das grüne Gas steht außerdem für gänzlich CO2-neutrale Verbrennungsprozesse. Denn in Biogasanlagen vergorene Pflanzen binden bis zum Gärprozess etwa dieselbe Menge Kohlendioxid, die schließlich wieder entsteht. Als Ergänzung zu regenerativer Wind- und Sonnenenergie bietet sich der Einsatz von Biogas schon alleine deshalb an, weil sich der Energieträger witterungsunabhängig erzeugen und speichern lässt. Biogasanlagen könnten so künftig die Grundlast bereitstellen und Schwankungen ausgleichen.

Kluge Kombinationen: Auch Biogasanlagen mit Power-to-Gas-Konzepten sind eine vielversprechende Möglichkeit, die fluktuative Natur erneuerbarer Energien auszugleichen. Um im Rahmen der Energiewende eine flexible Energieversorgung zu sichern, ist das eine der wichtigsten Aufgaben.

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