Deformiert und magisch: Das Zirkonium-Isotop 80Zr besitzt 40 Protonen und 40 Neutronen und hat damit bei beiden Kernbausteinen eine quantenmechanisch besonders günstige „magische“ Zahl. Das hat Folgen, wie nun Messungen bestätigen: Der Zirkonium-80-Kern ist leichter als die Summe seiner Kernbausteine. Noch dazu ist dieser Zirkonium-Kern deutlich verformt – statt einer Kugel ähnelt er einer langgezogenen Ellipse, wie das Team im Fachmagazin „Nature Physics“ berichtet.
Ähnlich wie die Elektronhülle des Atoms besitzt wahrscheinlich auch der Atomkern eine Struktur. Er Theorie zufolge gibt es in ihm quantenmechanisch bedingte Schalen, die von den Protonen und Neutronen sukzessive aufgefüllt werden. Dies könnte erklären, warum Atomkerne mit bestimmten Neutronen- und Protonenzahlen besonders stabil sind – diese „magischen Zahlen“ entsprechen jeweils einer vollen Kernschale. Gleich doppelt-magisch sind die Atome, bei denen sowohl Protonen wie Neutronen eine solche volle Kernschale besitzen.
Eines dieser doppelt-magischen Isotope ist Zirkonium-80, dessen Kern aus 40 Neutronen und 40 Protonen besteht. „Damit ist dieser Kern von besonderem Interesse, weil seine Protonen- und Neutronen-Schalenstruktur sehr ähnlich sein müssen“, erklären Alec Hamaker von der Michigan State University und seine Kollegen. Der Theorie nach sind die Kernbausteine solcher doppelt-magischen Atome besonders fest aneinander gebunden.
Masse verrät Bindungsenergie im Kern
Ob das wirklich so ist, müsste sich an der Masse dieser Atomkern ablesen lassen. „Denn die Masse eines Isotops ist ein sensibler Indikator der Bindungskräfte im Kern und der dahinterstehenden Schalenstruktur“, erklären die Forscher. Unter den extremen Bedingungen im Atomkern wird ein Teil der Kernbaustein-Masse gemäß Einsteins Formel E=mc2 in Bindungsenergie umgewandelt. Weil sie besonders stark gebunden sind, müssten doppelt-magische Kerne demnach leichter sein als benachbarte Isotope.
Für Zikronium-80 wurde zudem schon vor mehr als 30 Jahren vorhergesagt, dass sein Kern durch die darin herrschenden Kräfte stark verformt sein müsste – elliptisch statt kugelig. Wie schwer der Zirkonium-80-Kern ist, haben nun Hamaker und seine Kollegen nun zehnfach genauer als bisher nachgemessen. Dafür erzeugten sie zunächst einen Strahl der kurzlebigen Zirkonium-Isotope 80 bis 83, indem sie Molybdän-Atome auf eine Beryllium-Platte schossen.
Die entstehenden positiv geladenen Atomkerne wurden in eine magnetische Penningfalle geleitet, wo die Forscher ihre Masse bestimmten. Sie lässt sich über die Geschwindigkeit ermitteln, mit der die Atomkerne im Magnetfeld kreisen.
Noch leichter als gedacht
„Solche Messungen wurden zuvor schon gemacht, aber noch nie mit dieser Präzision“, sagt Hamaker. „Und das hat Einiges an interessanter Physik enthüllt.“ Die Messungen ergaben, dass der Zirkonium-80-Kern sogar noch leichter ist als es die Theorie vorhersagt. „Unseren Werten zufolge ist 80Zr substanziell leichter und damit stärker gebunden als aus den systematischen Trends zu erwarten war“, schreiben die Physiker.
Sie erklären dies damit, das es durch die gleiche Zahl von Neutronen und Protonen im Kern zu zusätzlichen Wechselwirkungen kommt, die die Bindungsenergie des Atomkerns weiter erhöhen. Gleichzeitig hat dies zur Folge, dass Zirkonium-80 einen deutlich deformierten Kern besitzen muss – er ist langgestreckt elliptisch statt rund. „Das haben Theoretiker schon vor über 30 Jahren vorhergesagt, jetzt liegen die Belege vor“, sagt Hamaker. (Nature Physics, 2021; doi: 10.1038/s41567-021-01395-w)
Quelle: Michigan State University Facility for Rare Isotope Beams