Wärmebildkameras im Nanomaßstab: Forscher haben zwei Methoden entwickelt, um infrarote Strahlung direkt in sichtbares Licht zu konvertieren. Möglich wird dies durch einen molekularen Helfer und winzige Nanoantennen beziehungsweise Nanogräben. Die Wandler sind nur wenige Mikrometer klein und könnten zu hochauflösenden Kamerachips kombiniert werden, wie die Wissenschaftler im Fachmagazin „Science“ berichten.
Das für uns sichtbare Licht liegt in einem Wellenlängenbereich von 400 bis 750 Nanometern – alles darüber und darunter ist für unsere Augen unsichtbar. Das gilt auch für langwelligere Infrarotstrahlung, die beispielsweise Tiere oder Menschen als Wärmestrahlung abgeben, die aber auch von Himmelskörpern oder der Vegetation abgegeben wird. Der mittlere Infrarotbereich umfasst dabei Wellenlängen von drei bis 50 Mikrometern.
Um Infrarotstrahlung sichtbar zu machen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Bei der heutzutage durch Wärmebildkameras verbreiteten Vorgehensweise wird das Infrarot von speziellen, meist stark gekühlten Sensoren in elektrische Signale umgewandelt. Diese können dann wiederum auf einem Bildschirm dargestellt werden. Alternativ kann infrarote Strahlung auch direkt in sichtbares Licht umgewandelt werden – dafür muss ihr aber Energie zugeführt werden.
Biphenylthiol als Mittelsmann
Ein Team um Angelos Xomalis von der University of Cambridge hat eine Methode vorgestellt, mit der diese direkte Umwandlung von Infrarot in kurzwelligeres, sichtbares Licht möglich ist. Sie nutzten dafür einen speziellen Vermittler, mithilfe dessen sie das infrarote Signal mit einem verstärkenden Laserstrahl kombinieren konnten. Der Schlüssel zum Erfolg liegt unter anderem bei der Wahl der richtigen Mittlersubstanz.
Xomalis‘ Team arbeitete in seinen Versuchen mit dem schwefelhaltigen Biphenylthiol. Die Besonderheit dieses Stoffes liegt darin, dass seine Moleküle sowohl Raman- als auch Infrarot-aktiv sind. Das bedeutet, dass sie einerseits über die sogenannte Raman-Streuung bei Kollisionen mit Photonen des sichtbaren Lichts Energie austauschen können, andererseits aber auch infrarote Strahlung absorbieren oder abgeben können.
Im Goldkäfig eingesperrt
Eine der größten Herausforderungen war es laut den Wissenschaftlern, die infrarote Strahlung nah genug an die Biphenylthiol-Moleküle zu bringen, um so den Energieaustausch zu erzwingen. „Dafür mussten wir das Licht und die Moleküle richtig eng in kleine, von Gold umgebene Spalten einsperren“, erklärt Xomalis. Diese winzigen Hohlräume befanden sich zwischen Goldplättchen mit einem Durchmesser von etwa sechs Mikrometern und darauf befindlichen, gut 100-mal kleineren Gold-Nanopartikeln.
Um das Licht in die Zwischenräume zu leiten, nutzten die Wissenschaftler ebenfalls aus Gold bestehende Metastrukturen, die als optische Antennen dienten. Diese könnten laut Xomalis und seinem Team allerdings auch aus Siliziumnitrid gefertigt werden, was die Kosten und den Aufwand in der Produktion senken würde.
Energie-Boost durch Laserstrahlen
Innerhalb der Gold-Höhlen fand dann der Energieaustausch statt. Die Biphenylthiol-Moleküle absorbierten die infrarote Strahlung und wandelten die Energie in Vibrationen um. Anschließend kam ein spezieller Raman-Laser dazu, der als externe Energiequelle diente. Die Laserstrahlen verstärkten die Vibrationen so weit, dass die Moleküle nahezu sichtbares Licht emittierten.
Durch den Energie-Boost mithilfe des Lasers gelang es dem Team letztendlich, die Wellenlänge der infraroten Strahlung aus einem Bereich von etwa 7,3 Mikrometer auf ungefähr 785 Nanometer, also nah an das sichtbare Spektrum, zu verkürzen. Die so modifizierten Wellen könnten beispielsweise schon von einer Handykamera erfasst und dann weiterverarbeitet werden. Denn anders als unsere Augen kann deren Bildsensor noch infrarote Strahlungen bis zu einer Wellenlänge von knapp einem Mikrometer detektieren.
Einsatz in der Astronomie und Medizin
Das Team sieht ihre Technik zukünftig beispielsweise in astronomischen Detektoren. Diese arbeiten meist in einem sehr großen Wellenlängenbereich um die 60 Mikrometer. Die Wissenschaftler können sich auch medizinische Anwendungsgebiete vorstellen. So könnten Infrarot-Verstärker unter anderem dazu beitragen, menschliche Hormone aufzuspüren oder zur Früherkennung bestimmter Krebsarten eingesetzt werden.
Bis es so weit ist, muss die Technik allerdings noch deutlich effizienter werden. Besonders bei der Energieübertragung auf die Biphenylthiol-Moleküle sehen die Wissenschaftler noch Verbesserungspotenzial. „Die Empfindlichkeit kann durch die Nutzung von einatomigen Pico-Hohlräumen noch weiter gesteigert werden. Diese liefern aufgrund der verstärkten Lichtlokalisierung um einzelne Gold-Adatome 100-mal größere Signale“, so die Forscher.
Gleiche Forschung, anderer Ansatz
Einen anderen Blickwinkel auf das Forschungsthema liefert eine parallele, aber unabhängig veröffentlichte Studie des Forscherteams um Wen Chen von der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Lausanne (EPFL). Auch hier kamen winzige, mit Biphenylthiol gefüllte Hohlräume zum Einsatz. Diese wurden jedoch nicht wie von Xomalis‘ Team zwischen einem Gold-Nanopartikel und einem Plättchen zu erzeugt.
Stattdessen zogen die Wissenschaftler um Chen knapp 100 Nanometer breite Rillen auf einer Goldfolie, in die sie dann entsprechende Nanopartikel legten. So konnten sie pro Gold-Nanopartikel zwei mit Biphenylthiol gefüllte Hohlräume erzeugen. Um die infrarote Strahlung in diese hineinzuleiten, nutzte das Forscherteam eine unter der Rille liegende Silizium-Schicht. So gelang es ihnen, das langwellige Infrarot mithilfe des Raman-Lasers bis auf eine Wellenlänge von knapp 680 Nanometer, also bis ins sichtbare Spektrum, zu konvertieren.
Die EPFL-Forscher haben ebenfalls große Hoffnungen, dass ihre Technik breite Anwendung findet. „Das Gerät hat eine ganze Reihe attraktiver Funktionen“, sagt EPFL-Teamleiter Christophe Galland. „Es ermöglicht eine hochauflösende Infrarotspektroskopie mit Standarddetektoren, wie sie in Handykameras zu finden sind. Außerdem ist jedes Bauteil nur wenige Mikrometer groß, was bedeutet, dass es in große Pixelanordnungen integriert werden kann.“ (Science, 2021; Xomalis et al: doi: 10.1126/science.abk2593; Chen et al: doi: 10.1126/science.abk3106)
Quelle: University of Cambridge, Eidgenössische Technische Hochschule Lausanne