Geowissen

Ozean: Forscher vermessen „Todeszonen“

Erster 3D-Atlas der größten Sauerstoff-Minimum-Zonen im Meer

SAuerstoff-Minimum-Zone
Forscher haben erstmals Sauerstoff-Minimum-Zonen im Pazifik hochauflösend kartiert. © Jarek Kwiecinski und Andrew Babbin

Unsichtbar, aber lebensfeindlich: Forscher haben erstmals die beiden größten „Todeszonen“ der Ozeane präzise und dreidimensional vermessen. Der neue Atlas zeigt die Ausdehnung, Tiefe und innere Struktur dieser sauerstoffarmen Gebiete und erlaubt so Rückschlüsse auf Ursachen und Entwicklung. Die beiden Sauerstoff-Minimum-Zonen umfassen 1,8 Millionen und 600.000 Kubikkilometer Meerwasser und reichen von der Westküste Mittel- und Südamerikas weit in den Pazifik hinaus.

Die Ozeane werden nicht nur wärmer und saurer, sie verlieren auch zusehends an Sauerstoff. Die durch den Klimawandel stärker werdende Schichtung des Meerwassers hemmt den Gasaustausch und lässt den Sauerstoff am Meeresgrund, aber auch in mittleren Wassertiefen immer knapper werden. Dadurch wachsen in fast allen Meeren die „Todeszonen“ – Gebiete, in denen das Wasser so sauerstoffarm ist, dass dort kaum mehr Leben existiert. Solche Zonen gibt es unter anderem im Schwarzen Meer, vor der US-Golfküste und auch in der Ostsee.

Todeszonen
Die bräunliche Verfärbung in dieser Karte zeigt die beiden Zonen im Ostpazifik, in denen das Meerwasser kaum noch Sauerstoff enthält. © Jarek Kwiecinski und Andrew Babbin

Größte Sauerstoff-Minimum-Zonen kartiert

Das Problem jedoch: Trotz ihrer Bedeutung für die Meeresökologie und das Klima sind diese „Todeszonen“ meist nur grob kartiert. Bisherige Kartierungen beruhten auf stichprobenartigen Wasserproben, deren Sauerstoffwerte teils durch die nachträgliche Analyse verfälscht wurden. „Es ist aber wichtig, diese Todeszonen detailliert zu kartieren – allein schon, damit wir Vergleichswerte für die zukünftigen Veränderungen haben“, erklärt Erstautor Jarek Kwiecinski vom Massachusetts Institute of Technology (MIT).

Deshalb haben Kwiecinski und sein Team nun einen ersten Atlas der Sauerstoff-Minimum-Zonen begonnen und dafür zwei der weltweit größten Todeszonen dreidimensional kartiert. Die beiden Gebiete liegen im Ostpazifik, eine nördlich des Äquators vor Mittelamerika, die andere südlich vor Südamerika. Für die Kartierung werteten die Forscher Daten von 15 Millionen Messungen aus, die in den letzten 40 Jahren von Treibbojen und Forschungsschiffen gesammelt worden sind.

2,4 Millionen Kubikkilometer sauerstoffarmes Meerwasser

Das Ergebnis sind hochauflösende Karten, die erstmals Ausdehnung, Tiefe und innere Struktur der Sauerstoff-Minimum-Zonen zeigen. „Wir können nun erstmals genau sehen, wie sich die Verteilung des anoxischen Wassers im Pazifik in drei Dimensionen verändert“, sagt Koautor Andrew Babbin vom MIT. Der neuen Kartierung zufolge umfasst die südliche der beiden Todeszonen rund 600.000 Kubikkilometer Meerwasser, die nördliche etwa das Dreifache davon.

Der neue Atlas zeigt auch, wie das sauerstoffarme Wasser innerhalb der Todeszonen verteilt ist. Demnach ist zwar das Sauerstoffdefizit im Zentrum der jeweiligen Minimum-Zonen am größten, dennoch gibt es immer wieder dünne Ströme von etwas weniger sauerstoffarmem Wasser. „Wir konnten auch Lücken sehen – Stellen, an denen in geringer Tiefe das anoxische Wasser von sauerstoffreicherem verdrängt wird“, berichtet Babbin. „Offenbar gibt es dort einen lokalen Mechanismus, der Sauerstoff einträgt.“

Einblick in Sauerstoffhaushalt der Meere

Nach Angaben der Forscher bildet der neue Atlas nun eine wichtige Referenz – er dokumentiert den aktuellen Stand der beiden großen Sauerstoff-Minimum-Zonen und liefert so gewissermaßen die Grundlinie, mit der sich künftige Messungen abgleichen lassen. Denn Wissenschaftler gehen davon aus, dass sich solche Todeszonen im Ozean durch die fortschreitende Erwärmung der Meere weiter ausbreiten werden.

Gleichzeitig können die genaueren Messdaten weitere Hinweise darauf liefern, warum einige Meeresgebiete anfälliger für den Sauerstoffschwund sind als andere. „Es gibt noch einiges mehr, was wir mit dieser Datensammlung tun können, um besser zu verstehen, wie der Sauerstoffvorrat der Ozeane kontrolliert wird“, sagt Kwiecinski. (Global Biogeochemical Cycles, 2021; doi: 10.1029/2021GB007001)

Quelle: Massachusetts Institute of Technology (MIT)

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