Autonome Müllsammler: Forscher arbeiten an einem Robotersystem, das künftig autonom Plastikmüll am Meeresgrund orten, kartieren und aufsammeln soll. Es besteht aus einem robotischen Suchschiff mit Beobachtungs-Tauchroboter, einer Drohne und einem Sammelroboter. Dank lernfähiger künstlicher Intelligenz sollen die Roboter sich dabei flexibel an die wechselnden Bedingungen auf und im Ozean anpassen können. Der erste Test eines Prototyps ist bereits erfolgt.
Die Meere sind voller Plastikmüll– selbst in der tiefsten Tiefsee und unter dem Eis der Polargebiete sammeln sich Mikroplastik und größere Plastikteile am Meeresgrund. Von allein wird dieser Kunststoff kaum abgebaut, selbst nach 20 Jahren sind die Abfälle kaum zersetzt, wie Beobachtungen belegen. Doch Maßnahmen zur Abfallbeseitigung konzentrieren sich bisher vor allem auf Küsten und die Wasseroberfläche, denn den Meeresboden zu säubern ist aufwändig, teuer und nicht ungefährlich.
System aus Schiff, Tauchrobotern und Drohne
Abhilfe schaffen könnten künftig robotische Müllsammler – autonom agierende Roboter, die selbstständig nach Plastikmüll am Meeresgrund suchen und ihn einsammeln. Ein solches System entwickeln zurzeit Wissenschaftler der Technischen Universität München gemeinsam mit acht europäischen Partner-Instituten. „Das SeaClear-Projekt zielt darauf, den Prozess des Suchens, Identifizierens und Einsammelns von marinem Plastikmüll zu automatisieren“, so das Team.
Umgesetzt wird dies durch ein System aus vier kooperierenden Roboter-Komponenten: Ein autonom fahrender Roboter-Katamaran führt einen ersten Sonar-Scan des Meeresbodens durch und lokalisiert dabei größere Müllansammlungen. Er dient gleichzeitig als Mutterschiff und Steuerzentrale für die Operation. Vom Schiff aus startet ein Tauchroboter mit Kameras, Sonar und Metalldetektoren, der den Müll in der Tiefe aufspürt und Nahaufnahmen des Meeresbodens liefert. Eine Drohne sorgt aus der Luft dafür, dass weiterer Müll, aber auch Hindernisse im Wasser erkannt werden.
Alle Informationen dieser „Müllspäher“ werden zu einer virtuellen Karte kombiniert. Diese dient dann zur Orientierung eines autonomen Sammelroboters, der die kartierten Abfälle abfährt und den Müll mithilfe von Greifern in einen Sammelkorb legt. Ist der Behälter voll, wird er zum Schiff hinaufgezogen und entleert.
Künstliche Intelligenz sorgt für Flexibilität
Was in der Theorie einfach klingt, ist in der Praxis allerdings nicht ohne: „Autonome Roboter für den Unterwasser-Einsatz zu entwickeln stellt eine ganz besondere Herausforderung dar“ erklärt Stefan Sosnowski von der TU München. Denn anders als an Land herrschen im Wasser ganz besondere Bedingungen. „Sobald ein Stück Müll identifiziert und geortet wurde, muss sich der Roboter zunächst in dessen Nähe bewegen. Dabei kann er mitunter auf starke Strömungen treffen, gegen die er sich durchsetzen muss. Das richtig auszusteuern, ist unsere Aufgabe im SeaClear-Projekt.“
Dafür verwendet das Team Methoden des maschinellen Lernens. Dabei lernt die künstliche Intelligenz, wann und unter welchen Bedingungen sich der Roboter wie bewegen muss, um sein Müllstück greifen zu können. „Eine weitere Herausforderung ist, dass wir nicht die gewohnte Rechenleistung wie an Land zur Verfügung haben“ sagt SeaClear-Projektkoordinatorin Sandra Hirche von der TU. „Es gibt keine Anbindung an große Rechenzentren mit Hochleistungscomputern. Die Algorithmen, die wir entwickeln, müssen daher möglichst effizient und ressourcenschonend sein.“
Erste Tests erfolgreich
Bisher läuft die Entwicklung aber trotz dieser Herausforderungen erfolgreich: Erste Versuche mit einem Prototyp wurden bereits im Oktober 2021 im Meer vor dem kroatischen Dubrovnik durchgeführt. „Wir haben dabei den Beobachtungs-Tauchroboter und die Drohne getestet und dafür echten Unterwassermüll in den Testarealen platziert“, berichtet das Team. Die Roboter sollten diesen Müll mittels Video und Sonar aufspürten und kartieren.
Im Mai 2022 soll es weitere Testläufe im Hamburger Hafen geben. Wenn das SeaClear-System voll einsatzfähig ist, soll es Unterwasserabfälle mit einer prognostizierten Quote von 80 Prozent klassifizieren und zu 90 Prozent erfolgreich einsammeln. Die Roboter wären dann so effektiv wie menschliche Taucher.
Quelle: Technische Universität München