Wettbewerb: Wissenschaftler haben untersucht, mit welchen Technologien die Energiewende im LKW-Verkehr gelingen könnte. Dafür verglichen sie die Wettbewerbsfähigkeit von emissionsfreien Antriebsarten gegenüber Diesel-Trucks. Demnach werden sich auf kürzeren Transportstrecken vorerst schwere, aber günstige Batteriefahrzeuge durchsetzen, bevor auch Brennstoffzellen wettbewerbsfähig werden. Aktuell kann aber noch keine nachhaltige Technologie mit den Diesel-LKW mithalten.
Soll der Klimawandel auf ein erträgliches Maß begrenzt werden, muss die Menschheit bis zum Jahr 2050 ihre Treibhausgasemissionen auf Netto Null reduzieren. Deutschland hat sich dieses Ziel sogar schon für das Jahr 2045 gesetzt. Um dies zu erreichen, muss auch der Verkehrssektor klimaneutral werden – aktuell macht er noch knapp 20 Prozent der deutschen Treibhausgasemissionen aus. Neben dem Personenverkehr spielt dabei auch der Gütertransport mittels LKW eine entscheidende Rolle. Dieser macht in Deutschland immerhin mehr als ein Drittel der verkehrsbedingen Treibhausgasemissionen aus.
Vergleich auf Basis des US-Marktes
Um festzustellen, wie die Klimaziele im Verkehrssektor umgesetzt werden könnten, hat ein Forscherteam um Lukas Mauler von der Universität Münster untersucht, inwiefern emissionsfreie Antriebstechniken für LKW aktuell wettbewerbsfähig gegenüber ihren dieselbetriebenen Konkurrenten sind. Die Wissenschaftler modellierten den Vergleich am Beispiel des US-amerikanischen Marktes, dessen Dekarbonisierung durch einen vergleichsweise niedrigen Dieselpreis zusätzlich erschwert wird.
Für die Studie verglich das Team insgesamt 21 sogenannte Zero-Emission-Trucks, die zurzeit oder in naher Zukunft auf dem Markt sind, mit herkömmlichen Diesel-LKW. Unter den emissionsfreien Modellen kommen aktuell drei Technologien zum Einsatz: Elektroantriebe mit Lithium-Eisenphosphat-Batterien oder nickelreichen Batterien sowie Brennstoffzellen, die mithilfe von Wasserstoff betrieben werden.
Diese Antriebsformen weisen neben verschiedenen Reichweiten auch Unterschiede im Gewicht oder der Betankungs- beziehungsweise Ladedauer auf. Letztere spielt besonders für die Kostenkalkulation von Spediteuren eine wichtige Rolle, da die Fahrer nicht weiterfahren können, während sie ihre Batterie laden. Auch diese Faktoren berücksichtigten die Wissenschaftler in ihrem Modell.
Erst Batterien, dann Wasserstoff
Die Analysen ergaben, dass zurzeit noch keine nachhaltige Technologie auf ökonomischer Ebene mit dem Diesel mithalten kann. Am nächsten kommen der Wettbewerbsfähigkeit jedoch gegenwärtig Elektroantriebe auf Batteriebasis. Trotz ihres vergleichsweise hohen Gewichts könnten sie sich vor allem auf kürzeren Strecken besser gegen den Diesel behaupten als der Wasserstoffantrieb, wie die Wissenschaftler ermittelten.
„Auf dem US-amerikanischen Markt sind für Strecken unterhalb von 600 Kilometern Antriebe mit langlebigen Lithium-Eisenphosphat-Batterien oder leichteren Nickel-reichen Zellen derzeit besonders geeignet“, erklärt Mauler. „Oberhalb dieser Marke können Brennstoffzellen ihre Vorteile beim Antriebsgewicht und der kurzen Betankungsdauer immer mehr ausspielen.“
Laut den Forschern würde die Transportdistanz, ab der die Wasserstofftechnologie die Effizienz-Oberhand gewinnt, allerdings nochmal um 200 Kilometer sinken, wenn der Wasserstoffpreis von aktuell gut 13 Dollar pro Kilogramm auf knapp zehn Dollar pro Kilogramm sinkt. Es gibt sogar Prognosen, nach denen die Produktionskosten eines Kilogramms grünen Wasserstoffs bis 2030 auf unter zwei US-Dollar sinken könnten.
Art der Fracht entscheidend
Aber auch das Transportgut spielt bei der Wahl der kostengünstigsten Diesel-Alternative eine große Rolle: Werden beispielsweise leichte Güter wie Pakete oder Kühlschränke transportiert, gerät der LKW schnell an die Grenzen seines Ladevolumens. Sind Flüssigkeiten oder Baustoffe die Fracht, ist die Gewichtsgrenze entscheidend.
Dementsprechend muss auch die Antriebstechnologie angepasst werden. So sind Lithium-Eisenphosphat-Batterien zurzeit grundsätzlich recht günstig und kompakt, weisen aber im Gegensatz zur Wasserstoff-Technologie ein hohes Gewicht und eine geringe Reichweite auf. All das spielt auch in die Kosteneffizienz des jeweiligen Antriebs mit rein.
„Im volumenbegrenzten Transport sind kostengünstigere Lithium-Eisenphosphat-Batterien vorteilhaft, da das Antriebsgewicht dabei eine untergeordnete Rolle spielt“, erklärt Co-Autorin Laureen Dahrendorf. „Im gewichtsbegrenzten Fall sind je nach Streckenlänge leichtere nickelreiche Batterie-Chemien oder Brennstoffzellenantriebe besonders geeignet, weil sie die wertvolle Frachtkapazität weniger einschränken.“
Infrastruktur entscheidend
Laut einem berechneten Zukunftsszenario der Wissenschaftler werden sich die Verhältnisse zwischen den Technologien im Laufe der nächsten Jahre aber noch einmal verschieben. So wird sich die nickelreiche Batterie durch ihre fortscheitende technische Entwicklung auch auf kurzen Strecken immer weiter gegen ihren Lithium-Eisenphosphat-Konkurrenten durchsetzen. Währenddessen werden aufgrund sinkender Wasserstoffpreise die mit Brennstoffzellen betriebenen LKW immer kosteneffizienter im Langstreckentransport.
Neben der Senkung der Treibstoffkosten ist nach Einschätzung der Wissenschaftler aber auch ein flächendeckender Ausbau des Versorgungsnetzes essentiell. „Die Signale stehen klar auf Dekarbonisierung des Fernverkehrs. Damit diese gelingt, wird die Geschwindigkeit des Aufbaus von Ladesäulen, Schnellladesäulen und Wasserstofftankstellen entscheidend sein – versorgt mit Grünstrom und grünem Wasserstoff“, betont Seniorautor Jens Leker. (Journal of Energy Storage, 2022; doi: 10.1016/j.est.2021.103891)
Quelle: Universität Münster