Feuriges Ende: Astronomen haben erstmals direkt beobachtet, wie ein naher Weißer Zwerg Planetentrümmer verschlingt. Die auf den Sternenrest stürzenden Brocken sind die Relikte von Planeten, die beim Aufblähen des Sterns zum Roten Riesen und den darauffolgenden Explosionen zerstört wurden. Entdeckt haben die Forscher dieses stellare „Resteessen“, weil die abstürzenden Trümmer Röntgenstrahlen-Ausbrüche auf der Oberfläche des Weißen Zwergs verursachen.
Dieses Schicksal wird auch die Erde ereilen: Wenn unsere Sonne sich dem Ende ihres Lebenszyklus nähert, wird sie sich immer weiter aufblähen, bis sie schließlich als Roter Riese das gesamte innere Sonnensystem verschlungen hat – für Merkur, Venus, Erde und Mars bedeutet dies das sichere Ende. In rund sieben bis acht Milliarden Jahren schleudert die sterbende Sonnen dann ihre äußeren Hüllen ab und ihr Kern wird zum Weißen Zwerg – einem kompakten, heißen Sternenrest.
Was aber passiert mit den noch übrigen Planeten und den noch um die tote Sonne kreisenden Trümmern? Beobachtungen Weißer Zwerge im nahen All zeigen, dass einige dieser Sternenreste von Staub- und Trümmerscheiben umgeben sind. Bei anderen deutet eine „Verschmutzung“ der Sternenoberfläche mit schweren Elementen darauf hin, dass diese Weißen Zwerge auch Planetentrümmer verschlungen haben.
Röntgenblick auf nahen Sternenrest
Jetzt ist es Astronomen erstmals gelungen, einen Weißen Zwerg quasi auf frischer Tat zu ertappen – beim Verschlingen von Staub und Trümmerbrocken aus seiner Umgebung. „Wir haben endlich direkt gesehen, wie Material in die Atmosphäre des Sterns stürzt“, berichtet Erstautor Tim Cunningham von der University of Warwick. Diese Beobachtung gelang den Astronomen bei dem nur 44 Lichtjahre entfernten Weißen Zwerg G29-38.
Schon länger legen Spektralmessungen nahe, dass dieser Sternenrest von einer Trümmerscheibe umgeben ist. Ob der Weiße Zwerg dieses Material aber aktiv anzieht und verschlingt, ließ sich nicht feststellen. Auch bei keinem anderen Weißen Zwerg konnte eine solche Akkretion bisher nachgewiesen werden – bis jetzt. Als Cunningham und sein Team im Herbst 2020 den Weißen Zwerg G29-38 mit dem Chandra-Röntgenteleskop der NASA ins Visier nahmen, wurden sie fündig.
Röntgenausbrüche zeigen Einschläge an
Die Aufnahmen enthüllten, dass von der Oberfläche des Weißen Zwergs immer wieder Röntgenausbrüche ausgehen. Die Astronomen konnten allein während ihrer relativ kurzen Beobachtungszeit fünf solcher Ausbrüche einfangen – einen im mittleren Röntgenbereich und vier in Form relativ energiearmer „weicher“ Röntgenstrahlung. „Diese Detektion liefert uns den ersten direkten Nachweis, dass Weiße Zwerge die Überreste ihres Planetensystems vertilgen“, sagt Cunningham.
Der Grund: Wenn Trümmer von Planeten und Asteroiden auf einen Weißen Zwerg stürzen, löst ihr Aufschlag Schockwellen im Plasma des Sternenrests aus, wie die Astronomen erklären. Diese Erschütterungen befördern Millionen Grad heißes Plasma aus tieferen Schichten an die Oberfläche, wo es abkühlt und dabei Röntgenstrahlung abgibt. Aus dem Spektrum der von G29-38 eingefangenen Röntgenausbrüche schließen die Astronomen, dass sie von solchen einschlagenden Planetentrümmern stammen müssen.
1,6 Millionen Kilogramm pro Sekunde
Die Beobachtungen ermöglichten es dem Forschungsteam auch, die Akkretionsrate zu ermitteln – die Rate, mit der der Weiße Zwerg Material an sich zieht. Demnach verschlingt er gut 1,6 Millionen Kilogramm Material pro Sekunde. „Dies ist die erste direkte Messung der Akkretion von Planetentrümmern bei einem Weißen Zwerg – und die erste, die diesen Wert unabhängig von den Modellen verrät“, berichten Cunningham und seine Kollegen.
Die neuen Daten bestätigen damit, dass die gängigen Modelle zu diesen Sternenresten richtig liegen. Denn die für G29-38 ermittelte Akkretionsrate stimmt gut mit den Modellwerten überein, wie das Team erklärt. Unsere Vorstellungen zu den physikalischen Vorgängen rund um diese Sternenreste kommen der Realität demnach relativ nahe. Das ist auch wichtig, um das künftige Schicksal unseres Sonnensystems zu verstehen. (Nature, 2022; doi: 10.1038/s41586-021-04300-w)
Quelle: University of Warwick