Warmes Leichtgewicht: Unser Nachbarstern Proxima Centauri hat einen dritten Planeten, wie Astronomen entdeckt haben. Dieser benötigt nur fünf Tage für einen Umlauf und ist damit der innerste der drei Planeten um den Roten Zwerg. Mit nur einem Viertel der Erdmasse ist der Proxima Centauri d getaufte Planet zudem der leichteste, der je anhand der winzigen Taumelbewegungen seines Sterns aufgespürt wurde. Lebensfreundlich ist der Neuzugang allerdings nicht: Er kreist zu weit innen für die habitable Zone.
Der Rote Zwerg Proxima Centauri liegt nur rund vier Lichtjahre von uns entfernt und ist damit unser nächster stellarer Nachbar im All. Umso spannender ist es daher, dass dieser Zwergstern von gleich mehreren Planeten umgeben ist. Bereits 2016 entdeckten Astronomen Proxima Centauri b, eine Supererde in der habitablen Zone ihres Muttersterns. 2020 wurde dann die Existenz des zweiten Planeten Proxima Centauri c bestätigt. Er kreist weiter außen und könnte ein Mini-Neptun sein.
Verdächtiges Signal im Spektrum
Jetzt zeigt sich, dass es noch einen Dritten im Bunde gibt: Astronomen um João Faria vom Institut für Astrophysik und Weltraumforschung in Portugal haben einen dritten Planeten um unseren Nachbarstern entdeckt. Auf die Spur brachte sie ein verdächtiges Signal, das bereits 2020 bei Spektralmessungen mit dem ESPRESSO-Spektrografen am Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte (ESO) in Chile aufgefallen war. Weil es sich alle rund fünf Tage wiederholte, könnte diese leichte Unregelmäßigkeit in der Sternbewegung auf einen weiteren Planeten hindeuten.
Das Problem jedoch: Der Rote Zwergstern ist sehr aktiv und zeigt häufig starke Strahlenausbrüche, die auch seine Rotationsgeschwindigkeit beeinflussen. Es ist daher schwer, diese Störeffekte von „echten“ Planetensignalen zu unterscheiden, wie Faria und seine Kollegen erklären. Deshalb haben sie Proxima Centauri im Jahr 2021 noch einmal genauer mit dem ESPRESSO-Spektrografen unter die Lupe genommen. Insgesamt konnten sie dadurch 117 spektrale Messungen der Radialgeschwindigkeit auswerten.
Es ist ein Planet!
Das Ergebnis: Das wiederkehrende Signal im Spektrum stammt nicht von Strahlenausbrüchen, sondern wird mit großer Wahrscheinlichkeit von einem Planeten verursacht – dem dritten Begleiter unseres Nachbarsterns. Dessen Schwerkraft lässt den Stern mit einer Periode von 5,12 Tagen leicht taumeln. „Nachdem wir neue Beobachtungen erhalten hatten, konnten wir dieses Signal als einen neuen Planetenkandidaten bestätigen“, sagt Faria.
Der neu entdeckte Planet Proxima Centauri d benötigt für einen Umlauf um seinen Stern gut fünf Tage und ist damit der innerste der drei Planeten um Proxima Centauri. Seine Bahn ist nur rund vier Millionen Kilometer vom Stern entfernt, das entspricht in etwa einem Zehntel des Abstands vom Merkur zur Sonne. Damit liegt dieser Planet zu weit innen für die habitable Zone. Die Astronomen schätzen seine mittlere Oberflächentemperatur auf rund 86 Grad Celsius.
Einer der leichtesten seiner Art
Der neue Planet ist deutlich kleiner und leichter als seine beiden Kompagnons: Er hat wahrscheinlich nur rund gut ein Viertel der Erdmasse und ist damit etwa doppelt so schwer wie der Mars. Gleichzeitig ist er der leichteste Exoplanet, der je über die Radialgeschwindigkeitstechnik aufgespürt wurde – und einer der leichtesten bekannten Exoplaneten überhaupt. Die Wirkung der Schwerkraft von Proxima d ist so gering, dass sie seinen Stern nur mit etwa 40 Zentimetern pro Sekunde hin und her bewegt, wie die Astronomen berichten.
Dass es gelungen sei, eine so geringe Schwankung des Sterns nachzuweisen, sei äußerst bedeutsam, sagt Koautor Pedro Figueira von der ESO. „Das zeigt, dass die Radialgeschwindigkeitstechnik das Potenzial hat, leichte Planeten wie unseren eigenen zu entdecken, die vermutlich die häufigsten in unserer Galaxie sind und die möglicherweise Leben, wie wir es kennen, beherbergen können.“
Größe und Atmosphäre noch unklar
Wie groß Proxima d genau ist und ob der innerste Planet unseres Nachbarsterns eine Atmosphäre besitzt, lässt sich aus den bisherige Messdaten noch nicht ermitteln. Das Forschungsteam hofft aber, dass es mit künftigen Beobachtungen gelingen kann, den kleinen Planeten beim Transit – dem Vorbeiziehen vor seinem Stern – zu sehen. Aus dem Abdimmen des Sternenlichts durch den Planeten und der Veränderung im Lichtspektrum könnten Astronomen dann mehr Informationen über das neue Mitglied der Planetenfamilie um Proxima Centauri erhalten.
„Die Entdeckung zeigt, dass unser nächster stellarer Nachbar voller interessanter neuer Welten zu sein scheint, die in Reichweite weiterer Studien und zukünftiger Erkundungen liegen“, sagt Faria. (Astronomy & Astrophysics, 2022; doi: 10.1051/0004-6361/202142337)
Quelle: European Southern Observatory (ESO)