Astronomie

Explosive Wiedergänger

Stellare Kannibalen, Novae und Supernovae

Auf den ersten Blick scheinen Weiße Zwerg eher langweilig: Sie strahlen als Sternreste vor sich hin und werden dabei allmählich immer kühler und dunkler – so die gängige Annahme. Doch das ist keineswegs immer der Fall. Einige Weiße Zwerge durchlaufen heftige Explosionen bis hin zur Supernova – und können sogar eine Wiederauferstehung erleben.

Nova
Wenn ein Weißer Zwerg einem Begleiter Material absaugt, erzeugt dies oft Explosionen – Novae. © NASA/CXC, M.Weiss

Sternenreste als Kannibalen

Weiße Zwerge werden vor allem dann „verhaltensauffällig“, wenn sie nicht allein im All stehen, sondern Teil eines Doppelsternsystems sind. Kreisen dann beide Partner relativ eng beieinander, kann der dichte, schwere Sternenrest seinem Partnerstern dank seiner hohen Anziehungskraft Material absaugen – er wird zum stellaren Kannibalen. Typischerweise führt dies dazu, dass der Weiße Zwerg eine Akkretionsscheibe aus Wasserstoffgas um sich herum ansammelt, in der es immer wieder zu explosiven Ausbrüchen kommt.

Bei solchen Novae kommt es zu kurzzeitigen Fusionen von Wasserstoff, die starke Strahlung und Energie freisetzen. In der resultierenden Explosion schleudert der Weiße Zwerg große Teile seiner „gestohlenen“ Wasserstoffhülle wieder aus. Bemerkbar macht sich eine solche Nova durch ein plötzliches, starkes Aufleuchten des Sternsystems, das dann für kurze Zeit alle umliegenden Himmelskörper überstrahlen kann.

Schon vor Jahrhunderten beobachteten Menschen solche Novae am Himmel und hielten sie für das Aufleuchten eines neuen Sterns – daher der Name „Nova“. Ein solches Ereignis beschrieben beispielsweise koreanische Sternkundler im Jahr 1437: Am 11. März jenes Jahres leuchtete im Sternbild Skorpion plötzlich ein Stern hundertausendmal heller als zuvor und überstrahlte seine gesamte Umgebung. 14 Tage lang hielt dieser Schein an, dann verblasste der Stern wieder. Erst 2017 gelang es Astronomen, den Urheber dieser „Nova Scorpii 1437“-Explosion zu identifizieren: Es war ein Weißer Zwerg in einem Doppelsystem, der auch heute noch schwächere Ausbrüche durchlebt.

Sakurais Stern: der Wiedergeborene

Doch es gibt auch Weiße Zwerge, die wieder zu neuem Leben als Stern erwachen – wenn auch nur vorübergehend. Ein solcher „Wiedergänger“ ist der 1996 von dem japanischen Astronom Syuichi Nakanao entdeckte „Sakurais Stern“ im Sternbild Sagittarius. Wegen seines deutlichen, wenn auch ungewöhnlich lange anhaltenden Aufleuchtens hielt Nakano das Objekt zunächst für einen Weißen Zwerg, der eine langsame Nova durchlief.

Merkwürdig nur: Das Lichtspektrum dieser vermeintlichen Nova zeigte statt der erwarteten starken Wasserstoff-Signaturen vor allem Spektrallinien von Sauerstoff und Kohlenstoff. Demnach konnte bei diesem Ausbruch nicht nur die Wasserstoffhülle des Sternenrests explodiert sein. Was aber war es dann? Weitere Beobachtungen zeigten, dass Sakurais Stern in den Folgejahren immer röter wurde und verblüffend viele Merkmale eines Roten Riesen zeigte – des Stadiums, aus dem Weiße Zwerge eigentlich hervorgehen.

Das aber bedeutet: Der Weiße Zwerg hatte es irgendwie geschafft, das Ende seiner Kernfusion rückgängig zu machen und wieder zu einem echten Stern zu werden. Astronomen gehen davon aus, dass dies durch einen sogenannten Helium-Flash geschieht, bei dem Temperatur und Dichte der Heliumreste im Sternenrest so stark zunehmen, dass es zu einem kurzzeitigen Aufflammen der Helium-Kernfusion kommt. Bisher kennen Astronomen nur zwei solcher stellaren Wiedergänger: Sakurais Stern und den rund 14.000 Lichtjahre entfernten Weißen Zwerg V605 Aquilae.

Allerdings: Weil Weiße Zwerge nur noch einen geringen Heliumvorrat besitzen, hält diese Wiedergeburt nicht lange an. Auch Sakurais Stern ist inzwischen wieder zum Weißen Zwerg geworden.

Supernova Typ 1a
Typ-1a-Supernova im Modell: der Kollaps des „übergewichtigen“ Sternenrests löst in seinem Zentrum eine thermonukleare Explosion aus, die ihn auseinandersprengt. © Argonne National Laboratory/ CC-by-sa 2.0

Überfressen: die Supernova Typ 1a

Nicht immer bleiben Weiße Zwerge jedoch bei ihren Explosionen verschont oder erwachen zu neuem Leben: Während bei einer Nova nur ihre Gashülle explodiert, ist dies bei einer Supernova vom Typ 1a anders. Sie ereignet sich, wenn ein Weißer Zwerg zu „gierig“ wird und so viel Material von seinem Begleiter absaugt, dass er eine Massengrenze überschreitet.

Dieses sogenannte Chandrasekhar-Limit liegt bei 1,4 Sonnenmassen. Ab dieser Grenze reicht der Widerstand der entarteten Materie im Inneren des Weißen Zwergs nicht mehr aus, um der nach innen wirkenden Gravitationskraft standzuhalten – der Sternenrest kollabiert. Durch die plötzliche Zunahme von Druck und Temperatur kommt es zu einer thermonuklearen Kettenreaktion, bei der Kohlenstoff im Sternenkern innerhalb von Sekunden fusioniert – der Weiße Zwerg explodiert.

Weil diese Typ-1a-Supernovae immer bei der gleichen kritischen Masse des Sternenrests auftreten, laufen sie überall im Kosmos nahezu gleich ab und setzen die gleiche Menge an Strahlung frei – der explodierende Sternenrest leuchtet kurzeitig fünf Milliarden Mal heller als die Sonne. Für Astronomen sind Supernovae vom Typ 1a daher wertvolle Helfer bei der Entfernungsbestimmung im Kosmos und bei der Messung der kosmischen Expansion. Für den Weißen Zwerg bedeutet eine solche Typ-1a- Supernova jedoch das endgültige Ende, er wird komplett zerstört.

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Weiße Zwerge
Planetenzerstörer, Kristallkugeln und stellare Wiedergänger

Was von Sternen übrig bleibt
Was sind Weiße Zwerge und wie entstehen sie?

Vom Sternrest zur Diamantkugel
Wie entwickeln sich Weiße Zwerge?

Explosive Wiedergänger
Stellare Kannibalen, Novae und Supernovae

Die Abweichler
Wenn Weiße Zwerge verschmelzen

Planetenzerstörer und Lebensspender
Kann es um Weiße Zwerge noch Welten geben?

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