Astronomie

Wie wäre ein Planet um Alpha Centauri?

Potenzieller Gesteinsplanet um unsere Nachbarsterne könnte erdähnlich sein

Alpha Centauri
Bisher ist unklar, ob es im Doppelsystem Alpha Centauri A und B einen Planeten gibt. Sollte das der Fall sein, könnte er aber in vielem erdähnlich sein. © ESA/NASA

Älterer Bruder der Erde: Sollte es im nahen Doppelsternsystem Alpha Centauri einen Planeten geben, könnte er in vielem erdähnlich sein, wie Modelle auf Basis spektroskopischer Messdaten enthüllen. Der Exoplanet hätte demnach einen etwas größeren Eisenkern als die Erde, einen erdähnlichen Gesteinsmantel mit leicht höherem Graphit/Diamant-Anteil und eine Gashülle ähnlich der irdischen Ur-Atmosphäre.

Der Rote Zwerg Proxima Centauri und der Doppelstern Alpha Centauri sind unsere nächsten Nachbarn im All – und damit potenzielle Zeile für künftige interstellare Raumfahrtmissionen. Während jedoch um Proxima Centauri schon drei Planeten entdeckt wurden, hält die Fahndung bei Alpha Centauri noch an. Weil seine Sterne sonnenähnlich und wenig aktiv sind, wäre ein Exoplanet in diesem System ein vielversprechenderer Kandidat für eine „zweite Erde“ oder gar Leben im All.

Proxima Centauri
Anders als der Rote Zwerg Proxima Centauri (Bild) sind die Sterne von Alpha Centauri sonnenähnlich und ruhiger. © ESO/L. Calçada

Tatsächlich gibt es erste Hinweise auf einen Exoplaneten um Alpha Centauri, der möglicherweise sogar in der habitablen Zone von Alpha Centauri A kreist. Noch fehlt jedoch eine Bestätigung, ob der verdächtige“ Lichtpunkt wirklich von einem Planeten stammt.

Wie könnte ein Alpha-Centauri-Planet aussehen?

Umso spannender ist die Frage, wie erdähnlich und lebensfreundlich ein solcher Planet im Alpha-Centauri-System sein könnte. Genau dies haben nun Haiyang Wang von der ETH Zürich und seine Kollegen erstmals im Detail untersucht. Sie nutzten spektroskopische Daten zur chemischen Zusammensetzung der beiden Sterne, sowie Modelle zur Planetenbildung und Elementkomposition von Planetensystemen, um die möglichen Merkmale eines erdgroßen Gesteinsplaneten in der habitablen Zone von Alpha Centauri A oder B zu ermitteln.

Das Ergebnis dieser Modellierung ist ein detailliertes Bild dieser hypothetischen „Alpha-Centauri-Erde“, einschließlich ihrer inneren Struktur, Mineralogie und atmosphärischen Zusammensetzung. Vor allem letzteres ist ein wichtiger Fortschritt, weil die Verteilung flüchtiger Elemente in Planetensystemen weit schwerer vorherzusagen sind als die von Gestein oder Metallen. Selbst bei der Erde ist bis heute nicht vollständig geklärt, woher sie einst ihr Wasser und ihre Atmosphäre bekam.

Grundaufbau sehr ähnlich

Wie also sieht ein potenzieller Erdzwilling um Alpha Centauri aus? Den Modellen zufolge entspricht der Grundaufbau dieses Planeten dem der Erde: Er hat einen Eisenkern, der von einem Gesteinsmantel umgeben ist, und eine Atmosphäre. In den Details jedoch gibt es einige Unterschiede: Der metallische Kern der Alpha-Centauri-Erde wäre etwas größer als der unserer Erde – er macht gut 38 Massenprozent statt der irdischen 32 Prozent aus, wie das Team berichtet.

Der Gesteinsmantel des Alpha-Centauri-Planeten besteht wie bei der Erde vorwiegend aus Silikaten. Im oberen Mantel dominiert dabei wie im irdischen das Mineral Olivin, während im unteren Mantel Perowskit-Minerale überwiegen. Weil allerdings die beiden Sterne im Alpha-Centauri-System einen höheren Kohlenstoffgehalt haben als unsere Sonne, könnte der Anteil dieses Elements auch im Mantel des Planeten höher sein: „Native Kohlenstoffarten wie Graphit und Diamant könnten dort angereichert sein“, berichten Wang und sein Team.

Vulkanismus und Plattentektonik fehlen vermutlich

Diese inneren Merkmale verraten auch einiges darüber, wie es an der Oberfläche des Planeten aussehen könnte. Denn wie das Team ermittelte, reichte der Wärmeaustausch zwischen den tiefen Schichten und der Oberfläche vermutlich nicht aus, um eine aktive Mantelkonvektion in Gang zu bringen. Deshalb gibt es auf der Alpha-Centauri-Erde vermutlich keine echte Plattentektonik.

„Das wiederum bedeutet, dass es auf unserem Modellplaneten weniger Vulkanismus und Ausgasungen gibt“, erklären Wang und sein Team. Die Prozesse, die auf der Erde die Verteilung der Landmassen, die Entstehung von Gebirgen und Gräben prägen, könnten daher auf diesem nahen Exoplaneten fehlen oder nur schwach ausgeprägt sein.

Mantelgestein könnte wasserreich sein

Große Parallelen gibt es jedoch in der Übergangszone vom oberen zum unteren Mantel. Bei der Erde wandelt sich dort, unterhalb von rund 410 Kilometer Tiefe, das Olivin in die kompakteren Minerale Ringwoodit und Wadsleyit um. Das Spannende daran: Ringwoodit und Wadsleyit können reichlich Wasser in ihre Kristallstruktur einbinden. Dadurch könnte die Übergangsschicht im Erdmantel mehr Wasser enthalten als alle Weltmeere zusammen.

Für den Alpha-Centauri-Planeten bedeutet dies: „Die sehr ähnliche Menge an Wadsleyit und Ringwoodit und der vergleichbare Anteil von Olivin gegenüber Pyroxen verrät, dass dieser Planet die gleiche Kapazität zur Wasserspeicherung haben müsste wie die Erde“, berichten die Wissenschaftler. Das sagt zwar noch nichts darüber aus, wie viel Wasser es auf dem Planeten gibt oder wie verfügbar dieses ist, liefert aber erste Anhaltspunkte für eine mögliche Lebensfreundlichkeit.

Atmosphäre wie auf der Ur-Erde

Ebenfalls spannend ist die Frage, welche Atmosphäre ein erdähnlicher Planet um Alpha Centauri hätte. Wie das Team ermittelte, könnte seine Gashülle der der frühen Erde verblüffend ähnlich sein. Demnach dominieren in der Atmosphäre der Alpha-Centauri-Erde Kohlendioxid, Methan und Wasserdampf – so wie ursprünglich auch auf unserem Planeten. Erst mit dem Aufkommen von ersten Lebensformen wandelte sich die Ur-Atmosphäre der Erde und reicherte sich mit Stickstoff und Sauerstoff an.

„Natürlich haben wir keine Möglichkeit, einen ähnlichen Wandel für unsere Alpha-Centauri-Erde vorherzusagen“, betonen Wang und seine Kollegen. Denn das würde davon abhängen, ob sich auch auf diesem nahen Nachbarn Leben entwickelt hat. Sollte dies nicht der Fall sein, dann könnte die Atmosphäre des Alpha-Centauri-Planeten heute eher trocken und CO2-reich sein.

Älterer Bruder der Erde

Insgesamt zeichnen die Astronomen damit das Bild eines Planeten, der in vielen Grundmerkmalen stark der Erde ähnelt. Weil die Sterne von Alpha Centauri eineinhalb bis zwei Milliarden Jahre älter sind als die Sonne, wäre ihr Planet damit eine Art älterer Bruder unserer irdischen Heimat. Doch ob es ihn gibt, muss sich erst noch zeigen.

Immerhin: Die Chancen für einen Fahndungserfolg sind in den nächsten Jahren besonders gut. Denn von 2022 bis 2035 bewegen sich die beiden Sterne dieses Doppelsystems in maximaler Entfernung voneinander. Das macht es einfacher, das schwache Signal eines potenziellen Planeten trotz des stellaren Störlichts aufzuspüren. (Astrophysical Journal, 2022; doi: 10.3847/1538-4357/ac4e8c)

Quelle: ETH Zürich

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