Astronomie

Der Mond als Gravitationswellen-Detektor

Winzige Schwankungen im Mondabstand könnten bisher nicht messbare Wellen enthüllen

Lunar Laser Ranging
Durch Messung des Mondabstands durch Laser, wie hier zu sehen, könnten Gravitationswellen jenseits der bisher erfassbaren Frequenzen detektiert werden. © NASA/GSFC

Subtile Signale: Bisher sind viele langwellige Gravitationswellen für unsere Detektoren unsichtbar. Doch der Mond könnte diesen blinden Fleck füllen, wie Forscher ermittelt haben. Demnach verändern diese langsamen Schwingungen der Raumzeit den Abstand zwischen Mond und Erde – und dies lässt sich mithilfe von Lasern bis auf den Millimeter genau messen. Dadurch könnten auch die Erschütterungen durch supermassereiche Schwarze Löcher eingefangen werden.

Gravitationswellen-Detektoren wie LIGO in den USA oder Virgo in Italien haben Astronomen ganz neue Einblicke in den Kosmos eröffnet. Denn über die Erschütterungen der Raumzeit können sie erstmals Ereignisse „belauschen“, die keine Strahlung abgeben und damit für Teleskope unsichtbar bleiben. Allerdings „hören“ LIGO und Co nur die Gravitationswellen, die im Bereich von einem bis 1.000 Hertz schwingen – nur diese Wellen sind kurz genug, um die kilometerlangen Laser-Interferometer auszulenken.

Gravitationswellen
Die Detektoren LIGO, Virgo und KARGA  können nur relativ kurzwellige Gravitationswellen erfassen. © peterschreiber.media/ Getty images

Doch viele kosmische Ereignisse verursachen Gravitationswellen, die für unsere Detektoren zu langsam schwingen. Dazu gehört beispielsweise der dramatische „Todestanz“ einander umkreisender supermassereicher Schwarzer Löcher in den Herzen einiger Galaxien. Aber auch Ereignisse kurz nach dem Urknall könnten ein Gravitationswellen-Echo im Mikrohertz-Bereich hinterlassen haben. Ihre Wellenlänge könnte bei einigen Wochen bis einem Jahr liegen.

Resonanz-Effekt im Doppelsystem

Eine Methode, um diese Gravitationswellen einzufangen, haben nun Diego Blas von der Autonomen Universität Barcelona und Alexander Jenkins vom University College London vorgeschlagen. „Die Idee beruht darauf, dass wir messen, wie die Wellen die Umlaufbahnen von Doppelsystemen beeinflussen – darunter auch das Erde-Mond-System“, sagt Jenkins.

Das Ganze funktioniert, weil die Passage der Raumzeitschwingungen den Abstand zwischen beiden Himmelskörpern beeinflussen kann. Allerdings hängt dieser Effekt davon ab, in welcher Frequenz die Gravitationswellen schwingen, wie die beiden Astronomen erklären: Entspricht die Raumzeitschwingung der Umlaufperiode beider Partner oder ist ihre Frequenz ein ganzzahliges Vielfaches der orbitalen Frequenz, dann kommt es zu einem Resonanzeffekt, der messbare Abstandsschwankungen bewirken kann.

Lunare Lasermessung als Detektor

Das Spannende daran: Um diese subtilen Schwankungen im System Erde-Mond zu messen, bräuchte die Astronomie nicht einmal neue Detektoren. Denn schon jetzt wird der Mondabstand regelmäßig und bis auf den Millimeter genau gemessen. Möglich ist dies durch eine Reihe von Spiegeln, die die Astronauten der Apollo-Missionen auf dem Erdtrabanten hinterlassen haben. Sie werden von der Erde aus mit Lasern anvisiert und die Reflexion dieser Strahlung und ihre Laufzeit verraten den Abstand.

Wie Blas und Jenkins ausgerechnet haben, könnte dieses Lunar Laser Ranging (LLR) bereits ausreichen, um Gravitationswellen im Mikrohertz-Bereich einzufangen. „Angesichts der Tatsache, dass jede LLR-Messung den Erde-Mond-Abstand bis auf rund drei Millimeter genau bestimmt, könnte schon eine Messkampagne von rund tausend solcher Messungen dieses Signal detektieren“, sagen die Forscher.

Neue „Ohren“ für den Kosmos

Nach Ansicht der Astronomen könnte die Nutzung des Mondabstands als Gravitationswellen-Detektor ganz neue Einblicke in die bisher noch nicht erfassbaren Schwingungen der Raumzeit ermöglichen. „Den Mikrohertz-Bereich abzudecken ist eine Herausforderung, aber diese Ausweitung ist wichtig, um ein genaues Bild der Evolution unseres Universums und seiner Zusammensetzung zu bekommen“, sagt Blas.

Durch das Lunar Laser Ranging könnte man diese Erkenntnisse sammeln, ohne neue Technologien entwickeln zu müssen. „Dies ist ein aufregender und neuer Weg, Gravitationswellen zu messen“, kommentiert der nicht an der Studie beteiligte Physiker Vitos Cardoso von Hochtechnologiezentrum Lissabon. „Die Idee ist einfach, allerdings erfordert sie schwierige Berechnungen, damit dies funktioniert.“ Einen Teil dieser Vorarbeit haben nun Blas und Jenkins geleistet. (Physical Review Letters, 2022; doi: 10.1103/PhysRevLett.128.101103)

Quelle: Universitat Autònoma de Barcelona, American Physical Society (APS)

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