Im Reich der Quanten und Elementarteilchen hat jedes Teilchen eine Doppelnatur: Es kann sich wie ein Partikel und gleichzeitig wie eine Welle verhalten. Dabei hängen deren Wellenlänge und Frequenz direkt von der Masse des Teilchens ab. Für die Suche nach den Teilchen der Dunklen Materie ist es daher wichtig, ihre Masse möglichst genau einzugrenzen – nur dann weiß man, wo und mit welchen Methoden man gezielt nach ihnen suchen soll.
Wie schwer ist das Axion?
Eher massereiche Teilchen wie Protonen oder Elektronen schwingen mit einer sehr hohen Frequenz. Ihre Wellennatur spielt daher im Alltag oder bei Messungen oft nur eine geringe Rolle. Anders ist dies beim Axion: Dieses hypothetische Elementarteilchen ist wahrscheinlich Milliarden Mal leichter als ein Elektron – mindestens. Aber wie viel leichter genau, darüber gehen die Vermutungen bisher weit auseinander.
„Das Problem ist, dass die Masse des Axion theoretisch nicht genau vorhersagbar ist, sie muss daher experimentell bestimmt werden, indem man einen gewaltigen Energiebereich durchsucht“, erklären Yannis Semerthidis und Sung-Woo Youn vom südkoreanischen KAIST-Forschungszentrum. Weil die Masse eines Teilchens in der Teilchenphysik zu seiner Energie äquivalent ist, wird sie in der Einheit Elektronenvolt (eV) angegeben.
Wo liegen die Massengrenzen?
Was aber ist bisher über die Masse des geheimnisvollen Axions bekannt? Bisher weiß man vor allem, wo es sich wahrscheinlich nicht versteckt. Denn es gibt einige Massenbereiche, die sowohl theoretisch als auch aufgrund astrophysikalischer Beobachtungen ausgeschlossen sind. Als Untergrenze gilt dabei eine Masse von 10-22 Elektronenvolt – 0,1 Trilliardstel. Denn bei einem so leichten Teilchen wäre die korrespondierende Wellenlänge so riesig, dass eine Welle sich über den gesamten Kosmos erstrecken müsste – das aber widerspricht den theoretischen Modellen und passt auch nicht zur geklumpten Verteilung der Dunklen Materie.
Eine weitere Einschränkung liefert eine Beobachtung an Schwarzen Löchern: Der Theorie nach müsste die Präsenz von Axionen einer bestimmten Masse einen Resonanzeffekt verursachen, der der Rotation eines solchen Schwerkraftgiganten Energie entzieht. „Schnell rotierende Schwarze Löcher würden sich daher verlangsamen, wenn ein resonantes Boson existiert“, erklärt die Physikerin Francesca Chadha-Day von der Durham University. Die Tatsache, dass es sehr alte und trotzdem noch immer schnelldrehende Schwarze Löcher gibt, schließe daher den Massenbereich von 10 bis 0,1 Billionstel Elektronenvolt aus.
Supernova liefert Obergrenze
Und auch eine Obergrenze für die Masse des Axions lässt sich abschätzen. Denn sie ergibt sich aus dem möglichen Einfluss dieser Bosonen und ihres Felds auf die Bausteine des Atomkerns. Wenn es sie gibt, müsste sich dies auf Prozesse im Inneren und auf Supernovae auswirken. „Wenn dort Axionen erzeugt werden, würde die Supernova schneller abkühlen und hätte daher weniger Zeit, um Neutrinos freizusetzen“, erklärt Chadha-Day. Der Neutrino-Ausstrom einer solchen Sternexplosion müsste daher ein wenig geringer sein als von gängigen Modellen vorgegeben.
Das scheint aber nicht der Fall, wie Messungen der Teilchen-Freisetzung bei der Supernova SN 1987A ergaben. Demnach können dort nur wenige Axionen entstanden sein und diese dürften nicht schwerer sein als 0,02 Elektronenvolt.
Insgesamt ergibt sich daraus: Die Masse des gesuchten Axions muss irgendwo zwischen 0,1 Trilliardstel und 0,02 Elektronenvolt liegen – ein kleiner Bereich um 0,1 bis 1 Billionstel Elektronenvolt ist zudem ebenfalls ausgespart. Sollte das Axion das lange gesuchte Teilchen der dunklen Materie sein, rückt allerdings vor allem der Bereich zwischen Mikro- und Millielektronenvolt in den Fokus des Interesses. Denn ein „dunkles“ Boson dieser Masse würde am ehesten zu den beobachteten Eigenschaften der Dunklen Materie passen.
Riesiger Suchbereich
In jedem Falle aber bedeutet dies, dass der Suchbereich für die Fahndung nach Axionen riesig ist: Will man diese Teilchen anhand ihrer Wellennatur und ihres Einflusses auf elektromagnetische Felder finden, könnte die relevante Frequenz irgendwo zwischen 10 Kilohertz und 10 Terahertz liegen. Entsprechend mühevoll ist die Suche: Die Physikerin Chadha-Day vergleicht die Fahndung nach dem Teilchen mit einem Radio, an dem man erst durch langes Abhorchen jeder einzelnen Frequenz den gesuchten Sender findet.
„Wenn Theoretiker die Masse des Axions genauer bestimmen könnten, dann könnte diese Suche stark verkürzt werden“, so die Forscherin. Solange dies aber nicht der Fall ist, müssen Astronomen und Teilchenphysiker versuchen, mit ihren Detektoren und Experimenten möglichst den gesamten Bereich abzudecken.