Die Fahndung nach den Teilchen der Dunklen Materie gleicht der sprichwörtlichen Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Denn die Bandbreite der Massen und Frequenzen, hinter denen sich diese Partikel verstecken könnte, ist riesig. Unter anderem deshalb setzen Physiker auf gleich mehrere parallele Suchstrategien und Methoden.
Resonanzkammer für Axionen
Als besonders vielversprechend gelten in diesem Zusammenhang Haloskope – Geräte, die das Axion über seine Wechselwirkung mit elektromagnetischen Feldern aufspüren sollen. Sie bestehen aus einer großen, bis auf Temperaturen knapp über dem absoluten Nullpunkt heruntergekühlten Vakuumkammer, in der ein starkes Magnetfeld erzeugt wird. Wenn nun Axionen durch dieses Feld fliegen, müssten sich einige von ihnen in Photonen umwandeln.
Diese Umwandlung erzeugt spezielle Oszillationen im elektromagnetischen Feld, die durch die Resonatorkammer verstärkt und mithilfe von hochsensiblen Detektoren nachgewiesen werden können. „Im Prinzip funktioniert ein Axion-Haloskop damit ähnlich wie ein UKW-Radio“, erklärt Gray Rybka von der University of Washington. „Nur dass wir die Frequenz der gesuchten Radiostation nicht kennen. Wir drehen deshalb den Frequenzknopf langsam, während wir lauschen. Ist die Frequenz dann korrekt, hören wir idealerweise einen Ton.“
Riesiges Fahndungsgebiet
Das Problem jedoch: Während die Frequenzen beim UKW-Radio gerade einmal von 88 bis 108 Megahertz reichen, ist der Suchbereich für das Axion um mehrere Größenordnungen weiter – er reicht von Kilohertz bis Terahertz. Entsprechend langwierig und mühsam ist das Abtasten all dieser Frequenzen. Und noch etwas kommt hinzu: Das Signal der Axionen – sollten sie existieren – ist extrem schwach und geht daher größtenteils im Quantenrauschen unter.
Um überhaupt eine Chance zu haben, das schwache Signal zu entdecken, benötigten Haloskope bisher relativ lange, um jede Frequenz „abzuhören“. Bis vor kurzem hätten daher selbst die besten Axion-Haloskope wie der ADMX-Detektor an der University of Washington in Seattle oder das HAYSTAC-Experiment an der Yale University hunderte oder sogar tausende Jahre gebraucht, um den gesamten Suchbereich abzuscannen.
Mit Quantentricks gegen das Störrauschen
Doch dank der Quantenphysik hat sich dies geändert. Zum einen sorgen bei beiden Haloskopen nun supraleitende Verstärker für ein besseres Rausch-Signal-Verhältnis. Zum anderen nutzen die Detektoren eine schon beim Gravitationswellen-Detektor LIGO eingesetzte „Quantenpresse„, um sogar die Heisenbergsche Unschärfe auszutricksen. Dafür werden die Quantenfluktuationen in einem nicht für die Messung benötigten Merkmal der Oszillationen erhöht, wodurch das Rauschen in einem zweiten, gekoppelten Merkmal unter das sonst geltende Quantenlimit gedrückt wird.
„Mit diesen Detektoren können wir nun den Frequenzbereich in nur wenigen Jahren statt in hunderten absuchen“, sagt ADMX-Sprecher Gianpaolo Carosi von Lawrence Livermore National Laboratory. Tatsächlich ist es dem ADMX-Team bereits gelungen, zwei Massenbereiche für das Axion mit hoher Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Zwischen 2,66 und 3,33 Mikrolektronenvolt verbirgt sich das „dunkle Boson“ demnach wohl nicht. Der HAYSTAC-Detektor hat 2021 nachgelegt und den Bereich von 16,9 bis 17,28 Mikroelektronenvolt weitgehend ausgeschlossen. Beide „Axionen-Radios“ werden ihre Fahndung nach dem Teilchen nun weiter fortsetzen.
Weitere Axion-„Radios“ in Vorbereitung
Weltweit werden bereits weitere Haloskope gebaut und optimiert, um sich der Suche nach den Axionen anzuschließen. So plant ein australisches Team, mit ihrem ORGAN-Haloskop den Bereich von 60 bis 100 Mikroelektronenvolt abzusuchen. Das Institut für Grundlagenforschung in Südkorea verfügt mit der CAPP-Anlage sogar über drei schon laufende und ein im Bau befindliches Axion-Haloskop hoher Sensitivität.
Am Forschungszentrum CERN wollen Physiker in Rahmen des MADMAX-Projekts die mysteriösen Axionen über ein abgewandeltes Haloskop-Verfahren aufspüren. Statt einer Resonator-Kammer, die die elektromagnetischen Signale der Teilchen verstärkt, kommen dabei hintereinander stehende dielelektrische Scheiben aus Saphir zum Einsatz. Diese jeweils einen Meter großen Scheiben erzeugen Störwellen im Magnetfeld, die zusammen mit dem Axion-Signal ein detektierbares Interferenzmuster erzeugen sollen.
Das fertige MADMAX-Ensemble soll aus 80 dieser Scheiben und einem zwei Meter langen, zehn Tesla starken supraleitenden Magneten bestehen. Der erste Test eines kleineren Prototyps mit fünf dielektrischen Scheiben halber Größe wurde 2020 durchgeführt.
Nach Ansicht vieler Physiker haben diese Ansätze eine reale Chance, das Axion schon in den nächsten Jahren aufzuspüren – wenn es denn existiert. „Das Datensammeln hat gerade erst begonnen und könnte innerhalb der nächsten zehn Jahre zu einem Ergebnis kommen“, schätzt Francesca Chadha-Day von der Durham University. „Die Entdeckung des Axions erscheint verlockend nah und verspricht Antworten auf einige der grundlegendsten Fragen.“