Lebender Stromproduzent: Forscher haben eine Mikrobe entdeckt, die aus Methan Strom erzeugen kann. Die in Seen und Gräben vorkommende Archaee setzt beim biochemischen Umbau des Methans zu Kohlendioxid Elektronen frei, die als Strom abgeleitet werden können. In ersten Tests lag der Wirkungsgrad dieser biochemischen Stromerzeugung zwar nur bei 17 Prozent, dürfte aber steigerbar sein, so das Team. Die „Methanfresser“-Mikrobe könnte damit neue Möglichkeiten der Stromgewinnung aus Biogas eröffnen.
Einige Bakterien geben im Rahmen ihrer Stoffwechselaktivitäten Elektronen ab und können somit Strom erzeugen. Selbst in unserem Darm leben solche elektrogenen Mikroben. Das in schwermetallhaltigen Sedimenten und Gewässern vorkommende Bakterium Geobacter sulfurreducens produziert sogar eigens für den Elektronenaustausch mit seiner Umgebung feine Proteinnetze, die so leitfähig sind wie Metall. Erste Versuche, solche elektrogenen Bakterien für die Stromerzeugung einzuspannen, gibt es bereits.
„Methanfresser“-Archaee im Test
Eine weitere Mikrobe, die Strom erzeugen kann, haben nun Heleen Ouboter von der Radboud Universität in den Niederlanden und ihre Kollegen entdeckt. Anders als bei den elektrogenen Bakterien handelt es hierbei um einen Vertreter der Archaeen, prokaryotischen Mikroben, die in ihrer Biochemie besonders urtümlich sind. Die Art Candidatus Methanoperedens kommt in sauerstoffarmen, nitrathaltigen Tümpeln und Abflussgräben vor und nimmt dort Nitrat und Methan auf. Letzteres baut sie ab, indem sie es biochemisch zu Kohlendioxid oxidiert.
Ouboter und ihr Team hatten schon länger den Verdacht, dass diese „Methanfresser“-Mikrobe auch Elektronen nach außen abgibt und demnach elektrogen ist. Deshalb kultivierten sie Candidatus Methanoperedens in einem Bioreaktor, in dem eine Elektrode als Anode und damit als Elektronenakzeptor fungierte. Isotopisch markiertes Methangas diente als „Futter“ für die Bakterien.
Mikrobe erzeugt Strom aus dem Methanabbau
Tatsächlich begannen die Archaeen im Bioreaktor, Strom zu produzieren: „Schon kurz nach der Beimpfung der Bioreaktoren mit den Mikroben begann die Stromdichte zu steigen und erreichte nach 19 Stunden ein Maximum von 274 Milliampere pro Quadratmeter“, berichten das Team. Nach diesem Peak sank die Stromproduktion auf einen Durchschnittswert von bis zu 39 Milliampere pro Quadratmeter.
Energiequelle dieser Stromproduktion war die Umwandlung vom Methan in CO2 durch Candidatus Methanoperedens, wie die Isotopenmarkierungen und Tests mit gestopptem Methannachschub belegten. Stand kein Methan mehr zur Verfügung, sank auch der erzeugte Strom drastisch ab. Das Forschungsteam vermutet, dass die Mikroben den noch verbleibende Reststrom durch den Abbau gespeicherter Stoffwechselprodukte produzierten.
Damit belegen diese ersten Tests, dass die neu entdeckte Archaeen-Spezies Candidatus Methanoperedens Elektronen abgeben und beim Methanabbau Strom erzeugen kann. Den Messungen zufolge erreichte die Archaee dabei einen Wirkungsgrad von rund 17 Prozent. Ouboter und ihre Kollegen gehen aber davon aus, dass sich das System noch deutlich optimieren lässt – beispielsweise durch eine gezieltere Anreicherung der Mikrobe in der Kultur und eine besser angepasste Nährstoffversorgung.
Helfer bei der Stromerzeugung aus Biogas?
Nach Ansicht des Forschungsteams könnte dies Möglichkeiten eröffnen, diese Fähigkeit der Mikrobe praktisch zu nutzen. „In gängigen Biogas-Anlagen wird meist durch Mikroben Methan erzeugt, dass dann zur Stromerzeugung verbrannt wird“, erklärt Ouboters Kollegin Cornelia Welte. Dies hat allerdings einen relativ geringen Wirkungsgrad: „Selbst unter den maximal erreichbaren Bedingungen wird weniger als die Hälfte des Biogases letztlich in Strom umgewandelt“, sagt Welte.
Die Nutzung von Methanabbauenden Mikroben zur direkten Stromerzeugung aus dem Biogas könnte möglicherweise dazu beitragen, die Effizienz solcher Anlagen zu erhöhen. Bevor es allerdings dazu kommt, ist noch einiges an Forschung und Optimierung nötig, wie auch das Forschungsteam einräumt. (Frontiers in Microbiology, 2022; doi: 10.3389/fmicb.2022.820989)
Quelle: Radboud University Nijmegen