Astronomie

Schwarze Löcher: Missing Link gefunden

Astronomen beobachten erstmals Übergangsform zum Quasar

Jungquasar
Verborgen im staubigen Herzen einer aktiven Galaxie wächst ein supermassereiches Schwarzes Loch heran. © ESA/Hubble N. Bartmann

Endlich entdeckt: Astronomen haben ein wichtiges Bindeglied in der Entwicklung Schwarzer Löcher aufgespürt – ein neu gebildetes supermassereiches Schwarzes Loch, das gerade dabei ist, zum Quasar zu werden. Bisher wurden solche Objekte zwar theoretisch vorhergesagt, aber noch nie beobachtet. Das GNz7q getaufte Schwarze Loch sitzt im staubverhüllten Zentrum einer fernen, rasant wachsenden Galaxie und wurde mithilfe von Aufnahmen des Hubble-Weltraumteleskops entdeckt.

Quasare sind die hellsten Objekte im Kosmos und können Billionen mal mehr Strahlung freisetzen als die Sonne. Ursache dafür ist ein supermassereiches Schwarzes Loch im Zentrum einer Galaxie, das aktiv Materie einsaugt. Diese Schwarzen Löcher können Milliarden Sonnenmassen schwer sein – und existierten seltsamerweise schon weniger als 700 Millionen Jahre nach dem Urknall. Wie diese Giganten so schnell so schwer werden konnten, ist bisher rätselhaft.

Fahndung im frühen Kosmos

Jetzt haben Astronomen um Seiji Fujimoto von der Universität Kopenhagen ein entscheidendes Bindeglied in der Evolution der Quasare entdeckt. Gängige Theorien besagen, dass supermassereiche Schwarze Löcher ihre Existenz in den staubreichen Zentren früher Starburst-Galaxien beginnen – Galaxien, die in kurzer Zeit extrem viele Sterne bilden. Dort kann das Schwarze Loch in kurzer Zeit viel Materie einsaugen. Hat es dann eine bestimmte Masse erreicht, schleudert es die Staubhülle ab und erscheint als hell strahlender Quasar.

GNz7q
GNz7q ist der kleine rote Punkt im vergrößerten Ausschnitt dieser Huble-Aufnahme. © NASA, ESA, Garth Illingworth (UC Santa Cruz), Pascal Oesch (UC Santa Cruz, Yale), Rychard Bouwens (LEI), I. Labbe (LEI), Cosmic Dawn Center/Niels Bohr Institute/University of Copenhagen

So weit die Theorie. Doch bisher hatten Astronomen zwar Starburst-Galaxien und auch Quasare im frühen Universum entdeckt, nie aber das Bindeglied – einen noch staubverhüllten, heranwachsenden Quasar. Auf der Suche nach diesem Missing Link haben Fujimoto und sein Team Archivdaten des Hubble-Weltraumteleskops nach Objekten mit passenden Merkmalen abgesucht. Mitten in einem eigentlich gut untersuchten Himmelsausschnitt, dem GOODS-North-Field, wurden sie fündig.

Zwischen Starburst-Galaxie und Quasar

Die Astronomen identifizierten ein Objekt, das schon 750 Millionen Jahre nach dem Urknall existierte, aber aus den anderen Lichtquellen seiner Zeit herausstach. Denn GNz7q strahlt sehr hell im UV-Bereich und leuchtet damit stärker als eine normale Starburst-Galaxie. Gleichzeitig ist sein Licht aber sehr rot für einen Quasar. Auffallend auch: „In Röntgen-Karten des Chandra-Teleskops taucht GNz7q nicht auf“, berichten die Forschenden. „Das Objekt strahlt demnach im Röntgenbereich erstaunlich schwach.“

Aus dieser Merkmalskombination schließen die Astronomen, dass es sich bei GNz7q weder um einen normalen Quasar noch um eine klassische Starburst-Galaxie handeln kann. Stattdessen muss das Objekt ein Bindeglied sein: „Unsere Analysen sprechen dafür, dass GNz7q das erste Beispiel für ein schnell wachsendes Schwarzes Loch im staubigen Herzen einer Starburst-Galaxie ist“, sagt Fujimoto. „Die Merkmale des Objekts im elektromagnetischen Spektrum stimmen hervorragend mit den Vorhersagen der theoretischen Simulationen überein.“

Heranwachsender Gigant

Damit könnte das ferne Objekt GNz7q ein lange gesuchte Bindeglied in der Evolution supermassereicher Schwarzer Löcher sein. Der heranwachsende Gigant sitzt im Zentrum einer Galaxie, deren Sternbildungsrate sich an der Obergrenze des Möglichen bewegt, wie das Team ermittelte. Auch Gas und Staubmengen in dieser Galaxie seien die höchsten je aus dieser Zeit beobachteten. Das Schwarze Loch findet dadurch viel „Futter“, wird aber gleichzeitig von dem freigesetzten Staub verhüllt.

„Die extreme Röntgenschwäche von GNz7q ist zudem ein starker Indikator seines noch jungen Alters“, erklären die Astronomen. Sie schätzen, dass das junge Schwarze Loch erst rund eine bis zehn Millionen Sonnenmassen schwer ist, sich aber zu einem supermassereichen Schwarzen Loch von rund 100 Millionen Sonnenmassen entwickeln könnte. „GNz7q liefert uns damit einen wichtigen Beitrag zum Verständnis des schnellen Wachstums supermassereicher Schwarzer Löcher in der Frühzeit des Universums“, sagt Fujimoto.

James-Webb-Teleskop könnte mehr verraten

Die Astronomen wollen nun nach weiteren Vertretern solcher Übergangsformen suchen und planen, GNz7q schon bald mit dem James-Webb-Weltraumteleskop näher zu untersuchen. „Wenn dieses Teleskop seinen wissenschaftlichen Betrieb aufnimmt, könnten wir mit ihm herausfinden, wie häufig oder selten solche schnell wachsenden schwarzen Löcher im frühen Kosmos waren“, so Fujimoto. (Nature, 2022; doi: 10.1038/s41586-022-04454-1)

Quelle: NASA/Goddard Space Flight Center, National Astronomical Observatory of Japan

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