Zwischenlösung gegen lahmes Internet: Eine Breitband-Datenübertragung wäre auch über gängige Kupferkabel möglich – wenn die Trägerfrequenz der Signale auf mehr als ein Gigahertz erhöht würde. Das legt ein Experiment nahe, in dem Forscher die mögliche Obergrenze der gängigen Kupferleitungen ausgetestet haben. Zumindest auf der „letzten Meile“ könnte eine höhere Trägerfrequenz ein schnelleres Internet auch ohne Glasfaser ermöglichen, meinen die Wissenschaftler.
Die zunehmende Digitalisierung und moderne Anwendungen erfordern eine immer schnellere und leistungsfähigere Datenübertragung. Doch abseits der Ballungsräume können viele Menschen von einer schnellen Internet-Anbindung nur träumen – auch und gerade in Deutschland. Denn der Ausbau des Glasfasernetzes geht vielerorts nur schleppend voran. Daher kann es noch Jahre dauern, bis auch alle Orte abseits der Metropolen Zugang zur Glasfaser bekommen.
Kupferleitungen im Test
Doch es gibt möglicherweise eine Zwischenlösung, die auch ohne Glasfaser die Übertragungsraten deutlich erhöhen kann. „Keiner hat bisher die physikalischen Grenzen näher angeschaut, die die Datenraten in den gängigen Kupferkabeln beschränken“, sagt Erstautor Ergin Dinc von der University of Cambridge. „Wenn wir diese Leitungen auf andere Weise nutzen würden, könnte es vielleicht möglich sein, mit ihnen Daten in höherem Tempo zu übertragen.“
Die gängigen, überall im Boden liegenden Kupfer-Telekommunikationsleitungen bestehen meist aus jeweils zwei miteinander verdrillten Kupferkabeln, die zusätzlich mit einer Metallummantelung abgeschirmt sind. Typischerweise sind sie für Frequenzen von einigen hundert Megahertz ausgelegt. „Gängige und neu entwickelte DSL-Technologien nutzen bisher Frequenzen unter einem Gigahertz“, erklären die Forscher. Darüber verlieren Signale zu schnell an Intensität und die Verbindung wird schlecht.
Frequenzerhöhung bis fünf Gigahertz möglich
Dinc und sein Team haben nun in einer Kombination aus Computermodellierung und praktischen Experimenten untersucht, ob man nicht doch höhere Frequenzen in Kupferkabeln einsetzen kann. Sie testeten dies an unterschiedlich eng gewundenen Kupferleitungen, durch die sie Testsignale mit Frequenzen von einem bis zwölf Gigahertz schickten. Über Messungen ermittelte das Team, ab wann die elektromagnetische Abstrahlung der Kupferkabel zu stark wird, um noch brauchbare Reichweiten und Signale zu erhalten.
Das Ergebnis: „Die Standard-Doppelader-Leitungen (Twisted Pairs) wie sie beispielsweise in Großbritannien eingesetzt werden, können noch bis zu einer Trägerfrequenz von fünf Gigahertz ohne Strahlungseffekte betrieben werden“, berichten Dinc und sein Team. Je niedriger die Windungsdichte der Kupferleitungen ist, desto höher liegt bei ihnen diese Obergrenze.
Bis zu zehn Gigabit pro Sekunde – aber nur auf kurze Distanz
Was aber bedeutet dies konkret? Den Modellrechnungen der Forscher zufolge könnten durch die Nutzung von Frequenzen über einem Gigahertz auch im Kupferkabel erheblich höhere Übertragungsraten erreicht werden als zurzeit üblich. „Die DSL-Technologie könnte dadurch die Datenraten auf mehr als zehn Gigabit pro Sekunde erhöhen“, so das Team. Damit würden die Datenraten in den unteren Bereich der Glasfaser-Kapazitäten heranreichen.
Allerdings: Diese Datenraten sind bisher nur theoretische Werte. Zudem ist die Reichweite solcher „geboosteter“ Datensignale im Kupferkabel nur gering. Die Erhöhung der Trägerfrequenz kann daher nur über kurze Distanzen eingesetzt werden – beispielsweise auf der sprichwörtlichen „letzten Meile“ vom Verteiler ins Gebäude.
Nur eine Zwischenlösung
Auch Dinc und seine Kollegen räumen daher ein, dass dies nur eine Zwischenlösung sein kann: „Jede Investition in die existierenden Kupfer-Infrastruktur wäre nur eine vorübergehende Lösung“, betont Koautor Anas Al Rawi. Dennoch sehen er und seine Kollegen darin eine Überbrückung für die Zeit, bis überall Glasfaser verlegt ist – denn das kann ihrer Einschätzung nach zumindest in Großbritannien noch 15 bis 200 Jahre dauern. „Letztlich ist eine Migration zur Glasfaser aber unausweichlich“, so Al Rawi. (Nature Communications, 2022; doi: 10.1038/s41467-022-29631-8)
Quelle: University of Cambridge