Der Begriff „Archäometrie“ wurde nach derzeitigem Kenntnisstand erstmals in den frühen fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts in Oxford geprägt. Einschlägige Aktivitäten der Untersuchung von Antiken mit naturwissenschaftlichen Methoden sind bereits gegen Ende des 18. Jahrhunderts zu greifen, wobei besonders häufig der Name des überwiegend in Berlin tätigen Chemikers Martin Heinrich Klaproth (1743–1817) erwähnt wird.
Fundstücke und ihre „Stofflichkeit“
Mit der europäischen Antikenbegeisterung im 19. Jahrhundert und der Entstehung systematischer archäologischer Sammlungen in Museen nahm auch das Interesse an der Stofflichkeit dessen zu, was uns von den „Alten“ überkommen ist. Hier spielte auch die Konservierung und Restaurierung von Objekten eine entscheidende Rolle, da beispielsweise Objekte aus Buntmetallen und -legierungen durch die Jahrtausende dauernde Bodenlagerung zum Teil bis zur Unkenntlichkeit umgewandelt wurden. Hier sah man sich der Herausforderung gegenüber, mit naturwissenschaftlichen Methoden zu schauen, um welchen Werkstoff es sich überhaupt handelt.
Auch Schmuck- und Edelsteine, die für römische Fingerringe oder frühmittelalterliche Gewandspangen verwendet wurden, gerieten im 19. Jahrhundert immer mehr zum Gegenstand der Forschung. Fachleute mit mineralogischem Spezialwissen wurden hinzugezogen, um zu klären, ob bei dem flächendeckenden Besatz mit burgunderroten transparenten Scheibchen Glas zum Einsatz kam oder rote Minerale wie Zirkon, Rubin, Spinell oder Granat.
Die erfolgreiche Identifizierung der roten Plättchen als Granat mittels physikalischer und optischer Untersuchungsmethoden erfolgte bereits 1890, als Otto Tischler naturwissenschaftliche Untersuchungen an Objekten aus Warnikam im damaligen Ostpreußen vornahm. Tischler war dafür prädestiniert, da er ein Studium der Naturwissenschaften und Mathematik mit kristallographisch-mineralogischen Schwerpunkten absolviert hatte und als promovierter Prähistoriker tätig war. Somit stellt er einen Idealtypus des archäometrisch Forschenden dar, der beide Felder vereint.
Es ließen sich noch viele weitere Persönlichkeiten nennen, die im 19. Jahrhundert auf diesem Gebiet erfolgreich tätig waren und die moderne Archäometrie in Deutschland mitbegründeten.
Ausbildung und Tätigkeiten heute
Heute erfolgt die universitäre Ausbildung zum Archäometer meist als Bachelor im Nebenfach, seltener als eigenständiges Masterprofil. So können Interessierte entsprechende Lehrveranstaltungen in Kiel, Köln, Leipzig, Berlin, Bonn, Bochum, Würzburg, Tübingen, Stuttgart und München belegen, um nur einige zu nennen. Der Bedarf ist groß, da kaum noch ein archäologisches Projekt ohne Naturwissenschaften auskommt.
Dem steht gegenüber, dass die Archäometrie seit 2018 als anerkanntes „Kleines Fach“ in Deutschland nur mit sehr wenigen hauptamtlichen Professuren ausgestattet ist. Die für die Kartierung dieser Fächer zuständige Stelle listet ganze drei auf, wobei ein voll ausgestatteter Lehrstuhl derzeit nur an der Universität Tübingen vorhanden ist.
Praktiziert wird die Archäometrie aber nicht nur an den Universitäten. Auch an außeruniversitären Forschungseinrichtungen wie den Leibniz-Forschungsmuseen in Bochum und Mainz und an anderen Museen existieren renommierte Archäometrielabore, wie zum Beispiel das Rathgen-Forschungslabor an den Staatlichen Museen zu Berlin. Ebenso sind an Materialprüfungsanstalten wie in Bremen, Berlin und Stuttgart Forschungsabteilungen ausgewiesen, die sich mit unterschiedlichsten Spezialgebieten befassen und zum Teil insbesondere in der Baudenkmalpflege tätig sind.
In Thüringen findet sich auch am Landesdenkmalamt ein Labor mit explizitem archäometrischem Schwerpunkt. Eine Besonderheit in der Forschungslandschaft sind auch privatwirtschaftlich organisierte Labore, wie wir sie in Mannheim oder Bad Kreuznach finden und die neben Serviceleistungen eigene starke Forschungsprofile vorweisen können.