Der Einsatz von Fetalem Kälberserum für Nährmedien ist nicht erst seit heute umstritten. Auf der Suche nach einer Abkehr von FBS setzt die Wissenschaft heute auf chemische Lösungen sowie auf eine Nährlösung auf Basis von humanen Blutkonserven – das Humane Plättchenlysat (HPL).
Welche Alternativen gibt es?
Aufgrund der Vielzahl von Schwachpunkten beim Fetalen Kälberserum mehrten sich spätestens im vergangenen Jahrzehnt Bestrebungen, Alternativen zu tierischen Seren zu finden. Jan van der Valk von der Universität Utrecht setzt sich seit Jahrzehnten für tierfreie Nährmedien ein. Auf der Website https://fcs-free.org/ stellt der Wissenschaftler eine Datenbank mit zumeist chemisch definierten Medien zur Verfügung. Deren Nachteil: Für jeden Zelltyp und jede Anwendung muss ein eigenes Nährmedium zusammengestellt werden.
Tilo Weber verweist auf im eigenen Zellkulturlabor hergestellte Nährlösungen, deren Zusammensetzung auch frei zugänglich veröffentlicht wurde. Ebenso wurde dort im Rahmen einer bestehenden Kooperation eine Methode entwickelt, mit der Nährmedien innerhalb von 24 Stunden auf die besonderen Erfordernisse von verschiedenen Zelltypen bewertet werden können. Forschende erfahren also innerhalb eines Tages, welches Nährmedium für ihre Experimente das richtige ist.
Humanes Plättchenlysat als Brücke
Breiter einsetzbar als chemische Nährlösungen und im Gegensatz zum Fetalen Kälberserum besser für reproduzierbare Forschungsergebnisse geeignet, ist ein humanes „Recyclingprodukt“: Das Humane Plättchenlysat (HPL) auf Basis ungenutzter Blutkonserven gilt als effiziente, ethisch vertretbare und nachhaltige Alternative.
Das HPL wird aus nicht mehr zur Transfusion geeigneten Thrombozytenkonzentraten aus der Transfusionsmedizin produziert. Thrombozyten (Blutplättchen) bilden beim Wundheilungsprozess die Blutkruste, die die Wunde verschließt. Die somit einsetzende Wundheilung wird durch die von den Thrombozyten ausgeschütteten Wachstumsfaktoren initiiert.
Genau diese Wachstumsfaktoren werden während des Herstellungsprozesses von HPL extrahiert. Das Endprodukt ist ein Lysat, das reich ist an Wachstumsfaktoren und Botenstoffen, die die Zellproliferation stimulieren sowie die Gestalt und das Differenzierungspotenzial der Zellen erhalten. Das sorgt für einen geeigneten Nährboden, der das Zellwachstum fördert und eine Grundlage für aussichtsreiche Therapieansätze in der Humanmedizin bietet.
Ein Vorteil auch: Die dafür verwendeten Blutkonserven wurden nachweislich auf Viren getestet und zu Transfusionszwecken freigegeben. Dies verringert das Risiko, dass mit dem Nährmedienzusatz Viren oder Prionen in die Zellkultur übertragen werden.