Ernährung

Darmflora beeinflusst unsere Gene

Genaktivität der Darmzellen bei fettreicher Kost hängt auch von den Mikroben ab

DArmflora
Die Darmflora beeinflusst die Verdauung über verschiedenen Mechanismen - auch über die Genaktivität in den Darmzellen. © ChrisChrisW/ Getty images

Weitreichender Einfluss: Die Darmflora beeinflusst unsere Verdauung nicht nur direkt – sie verändert sogar die Gene und Zellen der Darmwand. Fehlen Darmbakterien, kurbeln die Darmzellen ihre eigene Fettverbrennung an und verbrauchen damit einen größeren Anteil der verdauten Fette selbst. Ist die Darmflora präsent, werden hingegen mehr Fette an den Körper weitergegeben. Das könnte erklären, warum einige Mäuse und Menschen bei gleicher Ernährung schlanker bleiben als andere.

Die Bakterien in unserem Darm sind wichtige Einflussfaktoren für unsere Gesundheit: Die Darmflora manipuliert unseren Appetit, erzeugt gesundheitsfördernde oder aber schädliche Stoffwechselprodukte und beeinflusst, wie leicht wir an Gewicht zu- oder abnehmen. Überträgt man beispielsweise Darmbakterien von einer übergewichtigen auf eine schlanke Maus, wird auch sie trotz gleichem Futter dick. Auch der gefürchtete Jojo-Effekt hängt eng mit der Darmflora zusammen.

Andere Gene aktiv

Doch der Einfluss der Darmbakterien reicht sogar bis auf die Ebene unserer Gene, wie nun Colin Lickwar von der Duke University und seine Kollegen herausgefunden haben. Für ihre Studie hatten sie Mäuse mit normaler Darmflora sowie mit keimfreiem Darm erst mit normaler, dann mit fettreicher Nahrung gefüttert. Anschließend analysierten sie anhand von Zellproben aus dem Dünndarm die Genaktivität und Proteinproduktion der Zellen in der Darmwand.

Es zeigte sich: Der plötzliche Einstrom fettreicher Kost veränderte bei beiden Mäusegruppen auch die Genaktivität der Darmzellen. Wie erwartet wurden in den Zellen die Gene aktiver, die für die Fettverdauung wichtig sind. Allerdings gab es dabei auffallende Unterschiede: Bei den Mäusen mit Darmflora sprangen andere Gene an als bei den keimfreien Tieren. „Wir waren überrascht, dass das Darmepithel jeweils mit einem ganz anderen Satz von Genen auf den Fetteinstrom reagiert – je nachdem, ob Mikroben im Darm präsent waren oder nicht“, sagt Lickwars Kollege John Rawls.

Mikroben hemmen Fettverbrennung in den Darmzellen

Nähere Analysen enthüllten auch, welche Gene dies betraf: Ohne den Einfluss der Darmmikroben waren in den Darmzellen verstärkt Gene für die Fettoxidation aktiv – die Zellen verbrannten demnach aktiv Fett. Mit Darmflora war die Fettoxidation in den Darmzellen hingegen gehemmt. Dies bestätigt frühere Studien, nach denen bestimmte Bakterien die Fettverbrennung in menschlichen Zellen hemmen können, wie das Team erklärt.

„Wir denken meist, dass der Darm einfach nur Nährstoffe absorbiert und an den restlichen Körper weiterleitet – aber auch die Darmzellen brauchen Nahrung“, sagt Rawls. „In den keimfreien Tieren konsumieren die Darmzellen von dem aufgenommenen Fett selbst mehr als bei den Tieren mit Darmflora.“ Noch ist allerdings nicht genau geklärt, welche Mikroben der Darmflora für diesen Effekt verantwortlich sind.

Einfluss sogar auf Zusammensetzung der Darmschleimhaut

Diese Ergebnisse demonstrieren, dass unsere Fettverdauung und vielleicht sogar die Zusammensetzung unserer Darmschleimhaut bis auf die Ebene der Gene durch ein Wechselspiel von Ernährung und Darmflora beeinflusst wird. Wie viel Fett von den Darmzellen aufgenommen und weitergeleitet wird, hängt demnach nicht nur vom Fettgehalt der Nahrung ab, sondern auch davon, ob und welche Mikroben im Darm präsent sind.

Und nicht nur das: Die veränderte Genaktivität könnte sogar beeinflussen, wie sich die Darmzellen entwickeln und welche Zelltypen in der Darmwand vorhanden sind. Denn unter den unterschiedlich stark produzierten Genprodukten sind auch Botenstoffe, die die Differenzierung von Vorläuferzellen in der Darmschleimhaut regulieren. „Eine ganze Reihe aktueller Studien zeigt, dass dies die Kapazität hat, nicht nur die individuellen Genprograme zu verändern, sondern auch die übergeordnete Architektur des Dünndarms“, sagt Lickwar.

Ähnliche Effekte auch beim Menschen

„Der Darm ist eine faszinierende Schnittstelle zwischen einem Tier und seiner Umwelt“, sagt Rawls. „Er erhält Informationen sowohl von der Nahrung wie von den Mikroben, die er beherbergt.“ Das Team geht davon aus, dass sich ihre Erkenntnisse auch auf den menschlichen Darm übertragen lassen, weil Verdauung und Darmschleimhaut bei Maus und Mensch sehr ähnlich sind.

Nach Ansicht der Forschenden könnte der genetische Einfluss der Darmbakterien auch erklären, warum die Darmflora einen so großen Einfluss auf Übergewicht hat: Möglicherweise spielt die veränderte Genaktivität der Darmzellen auch eine Rolle dafür, das manche Menschen selbst bei fettreicher Kost kaum zunehmen. (Cellular and Molecular Gastroenterology and Hepatology, 2022; doi: 10.1016/j.jcmgh.2022.04.013)

Quelle: Duke University

Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

In den Schlagzeilen

News des Tages

Skelett eines ungeborenee Kindes

So entstehen die Knochen des ungeborenen Kindes

Astronomen entdecken jüngsten Transit-Planet

Mehr Blackouts durch Wind- und Sonnenstrom?

Parkinson: Wenn mehr Dopamin mehr Zittern bedeutet

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Bücher zum Thema

Welt der Bakterien - Die unsichtbaren Beherrscher unseres Planeten

Kleine Wunderwerke - Die unsichtbare Macht der Mikroben von Idan Ben-Barak

Top-Clicks der Woche